Alexander C. Blankenstein
3.2.1 Erhaltungsverpflichtung
Ist dem sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer nicht mit Begründung seines Sondernutzungsrechts auch die Verpflichtung zur Erhaltung auferlegt worden, kann entsprechendes im Nachhinein rechtssicher nur noch durch Vereinbarung herbeigeführt werden. Eine Beschlusskompetenz besteht insoweit jedenfalls nicht. Ein Beschluss, der dem Sondernutzungsberechtigten die Verpflichtung zur Erhaltung der seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Bereiche des gemeinschaftlichen Eigentums auferlegt, wäre nichtig.
3.2.1.1 Allgemeine Öffnungsklausel
Für den Fall, dass die Gemeinschaftsordnung eine allgemeine Öffnungsklausel enthält, führt eine entsprechende Verpflichtung zur schwebenden Unwirksamkeit des Beschlusses bis der Sondernutzungsberechtigte seine Zustimmung erteilt.
Erhaltung des Gartenteils
Zugunsten einer Wohnungseigentümerin ist an einem bestimmten Teil des gemeinschaftlichen Gartens ein Sondernutzungsrecht begründet. Nachträglich beschließen die Wohnungseigentümer auf Grundlage einer in der Gemeinschaftsordnung enthaltenen Öffnungsklausel, dass die Erhaltung, also Instandhaltung und Instandsetzung nebst Gartenpflege, der sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümerin obliegen soll. Die sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümerin stimmt diesem Beschluss nicht zu und erhebt Anfechtungsklage.
Da mit diesem Beschluss dem sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer neue Pflichten auferlegt werden, die sich weder aus dem Gesetz noch der bisherigen Gemeinschaftsordnung ergeben, ist er so lange schwebend unwirksam, bis er seine Zustimmung zu diesem Beschluss erteilt. Zustimmungserteilung wie auch Zustimmungsverweigerung sind insoweit an keinerlei Fristen gebunden. Insoweit sollte der Verwalter wie oben in Kap. 2.1.3.1 zur Begründung von Sondernutzungsrechten aufgrund allgemeiner Öffnungsklausel dargestellt, vorgehen.
3.2.1.2 Konkrete bzw. spezifische Öffnungsklausel
Andere Grundsätze gelten dann, wenn bereits die Öffnungsklausel selbst die Möglichkeit einer nachträglichen Verpflichtung von Sondernutzungsberechtigten ermöglicht.
Musterklausel: Öffnungsklausel zur beschlussweisen Begründung von Erhaltungspflichten eines Sondernutzungsberechtigten
"Sollten zugunsten einzelner Wohnungseigentümer in der Teilungserklärung oder in dieser Gemeinschaftsordnung Sondernutzungsrechte an Teilen bzw. Bereichen des gemeinschaftlichen Eigentums begründet sein, sind die Wohnungseigentümer auch nachträglich berechtigt, durch Beschluss mit einer Mehrheit von 2/3 der Wohnungseigentümer die Verpflichtung zur Erhaltung, also Instandhaltung und Instandsetzung der dem jeweiligen Sondernutzungsrecht unterliegenden Bereiche des Gemeinschaftseigentums, dem jeweils sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer aufzuerlegen."
In derartigen Fällen ergibt sich die Möglichkeit, entsprechende Erhaltungspflichten durch Beschluss herbeizuführen, bereits aus der Gemeinschaftsordnung. Jeder Wohnungseigentümer, der in Kenntnis dieser Regelung sein Sondereigentum mit entsprechendem Sondernutzungsrecht erwirbt, muss also damit rechnen, zu irgendeinem Zeitpunkt entsprechend verpflichtet zu werden. Mit Eintritt in die Gemeinschaft erklärt er sich mit dieser möglichen Verpflichtung einverstanden, so dass entsprechendes mit der erforderlichen Mehrheit auch gegen seinen Willen beschlossen werden kann.
3.2.2 Kostentragungsverpflichtung
Unproblematischer gestaltet sich die nachträgliche Belastung des sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümers mit Kosten betreffend der seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Bereiche des Gemeinschaftseigentums. Seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 kann eine dauerhafte Änderung des Kostenverteilungsschlüssels gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG nicht nur bezüglich der Betriebs- und Verwaltungskosten einfach-mehrheitlich beschlossen werden, sondern auch bezüglich der Kosten der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums. Die Beschränkung auf einen konkreten Einzelfall nach § 16 Abs. 4 WEG a. F. und das Erfordernis einer doppelten Qualifizierung im Rahmen der Beschlussfassung kennt das WEG nicht mehr.
TOP XX: Kostentragungspflicht für Bewässerungskosten des sondernutzungsberechtigten Eigentümers _________
Zugunsten des jeweiligen Wohnungseigentümers des mit der Nr. ___ im Aufteilungsplan mit Teilungserklärung der Wohnungseigentümergemeinschaft des Notars _______________ (Name und Kanzleisitz) vom _____ zu der Urkundenrollen-Nummer _______ bezeichneten Sondereigentums ist im Bereich der südlich ausgerichteten Grundstücksfläche ein Sondernutzungsrecht eingeräumt. Die Bewässerung dieser Gartenfläche erfolgt durch den Hausmeister jeweils mit der Bewässerung der übrigen gemeinschaftlichen Gartenfläche über den Wasserhahn im Außenbereich des Gebäudes, der über einen Zwischenzähler verfügt. Die dem Sondernutzungsrecht unterliegende Gartenfläche hat eine Größe von 100 m², die Größe der restlichen gemeinschaftl...