Normenkette

§ 21 Abs. 4 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 43 WEG, § 1004 BGB

 

Kommentar

Wird eine Wohnanlage vom Bauträger-Verkäufer von vornherein abweichend von dem ursprünglichen Plan/Aufteilungsplan errichtet (hier: Einbau einer Wendeltreppe mit Deckendurchbruch in gemeinschaftliche Speicherräume mit Sondernutzung zugunsten des darunter liegenden Wohnungseigentums, nachträglicher Einbau weiterer Außenfenster für den Speicherraum), so liegt keine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG vor.

Der betreffende Wohnungserwerber ist in einem solchen Fall zur Beseitigung der geänderten Bauausführung auch dann nicht verpflichtet, wenn er sie vor Erwerb des Wohnungseigentums (durch entsprechende Sonderwunsch-Abrede mit dem Bauträger-Verkäufer) veranlasst hat.

Ein Wohnungseigentümer kann - soweit es einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht - die erstmalige Herstellung eines einwandfreien Zustandes allenfalls von der Gesamtheit der Wohnungseigentümer verlangen, nicht jedoch von einem einzelnen Wohnungseigentümer (hier: dem die Änderungen veranlassenden Erwerber [und Übergabe der fertiggestellten Wohnung]).

Die Vorschriften des WEG sind im Übrigen auch auf werdende Wohnungseigentümer anwendbar (durch Vormerkung gesicherter Erwerb des Wohnungseigentümers).

Ein sich durch Planabweichungen gestört fühlender Miteigentümer hatte den betreffenden Eigentümer, der von Anfang an in der Bauerstellungsphase planabweichende Bauausführung wünschte und ausführen ließ, gemäß § 1004 BGB auf Beseitigung in Anspruch genommen. Das Gericht hat hier jedoch eine Beeinträchtigung (bzw. bauliche Veränderung) des gemeinschaftlichen Eigentums (durch den Wendeltreppen- und Fenstereinbau) verneint. Mit seinem Sondereigentum kann ein Wohnungseigentümer nach Meinung des Gerichts im übrigen - auch was die bauliche Gestaltung anbelangt - nach Belieben verfahren.

Das Gemeinschaftseigentum wurde allerdings so errichtet, wie es derzeit ist; es befindet sich also in seinem ursprünglichen, d. h. unveränderten Zustand. Soweit dieser Zustand als solcher als nicht ordnungsgemäß und deshalb als "störend" anzusehen sein sollte, etwa weil die Bauausführung nicht mit der Bauplanung übereinstimmt, kann darin keine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne des § 1004 BGB gesehen werden. Eine solche Beeinträchtigung kommt nach Auffassung des Gerichts bei Einwirkungen auf das Eigentum in seinem tatsächlich gegebenen Zustand in Betracht, nicht aber auch dann, wenn der vorhandene Zustand einer Sache nicht den - möglicherweise berechtigten - Erwartungen des "gestörten" Eigentümers entspricht. Im vorliegenden Fall sind allerdings keine baulichen Veränderungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG vorgenommen worden, insbesondere wurde nicht das gemeinschaftliche Eigentum umgestaltet.

Der beanstandete Zustand des Gebäudes war von Anfang an vorhanden. In Wahrheit verlangt hier der Antragsteller nicht die Beseitigung einer baulichen Veränderung, sondern die erstmalige Herstellung eines - aus seiner Sicht - einwandfreien Zustands. Dies ist jedoch Sache aller Eigentümer; verpflichtet ist nicht ein einzelner Wohnungseigentümer, sondern allenfalls sind dies die Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit. Im vorliegenden Fall erscheint es jedoch durchaus offen, ob der Zustand ohne Deckendurchbruch und Wendeltreppe als ein im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG ordnungsgemäßer anzusehen ist.

Der Beseitigungs- und Wiederherstellungsantrag lässt sich auch nicht auf das zwischen Wohnungseigentümern bestehende gesetzliche Schuldverhältnis stützen. Änderungen des Bauträgerverkäufers während der Bauausführung verpflichten nicht den Antragsgegner, auch nicht im Fall veranlasster diesbezüglicher Sonderwünsche. Gleiches gilt für nachträglich abweichend vom ursprünglichen Plan eingebaute zusätzliche Fenster, für die der Bauträgerverkäufer die Verantwortung trägt. Auf die Frage, ob der Einbau dieser Fenster für die übrigen Eigentümer einen Nachteil im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG bedeutet, kommt es nicht mehr an.

 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 05.03.1992, BReg 3 Z 195/91( BayObLG, Beschluss v. 27. 3. 1986, Az.: BReg 2 Z 109/85)

Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Diese Entscheidung befasst sich mit in der Praxis sehr häufigen Veränderungen, die durch Sonderwünsche von Erwerbern bauträgerverkäuferseits noch während der Bauausführung vorgenommen werden, und zwar aufteilungsplanwidrig und das Gemeinschaftseigentum tangierend. Überraschend ist hier die Meinung des Gerichts, auf solche Fälle noch nicht die Grundsätze des § 22 Abs. 1 WEG zur Anwendung zu bringen. Begründet wird dies damit, dass das Beseitigungsbegehren wegen vorgenommener baulicher Veränderungen zumindest ein endgültig erstelltes Bauvorhaben (einen "status quo") voraussetze, also nicht schon dann Erfolg haben könne, wenn Änderungen bereits im Zuge des Baus erfolgen.

Ein Aufteilungsplan sei i. ü. nicht maßgebend für die bauliche Gestaltung und Bausubstanz. Er setze nur die Grenzen h...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge