Leitsatz

Die Eltern der im Oktober 2003 geborenen Tochter L. waren seit dem Jahre 2002 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft miteinander verbunden. Zurzeit der Geburt ihrer Tochter lebten die Eltern in B. Dort besuchte die Tochter ab einem Alter von 12 Monaten eine Kinderkrippe.

Nachdem die Tochter häufiger krank geworden war, wurde sie Ende 2005 in einer Kinderkrippe bei den Großeltern väterlicherseits in L. angemeldet und lebte seither im Haushalt der Großeltern. Im Januar 2007 zog auch die Mutter dorthin. Der Vater zog in der Folgezeit ebenfalls in das Haus seiner Eltern. Die Eltern heirateten im August 2008.

Anfang Mai 2009 trennte sich die Antragstellerin von dem Antragsgegner und zog ohne die Tochter nach B. Dort lebte sie in der Folgezeit mit einem neuen Lebensgefährten zusammen. Die gemeinsame Tochter A. wurde im Oktober 2010 geboren. Bis zur Geburt des Kindes arbeitete die Antragstellerin in der Cafeteria eines Baumarktes.

Der Vater lebte weiterhin in L. und war dort in eine eigene, 50 m vom ehelichen Haus entfernte Wohnung umgezogen. In dieser Wohnung lebte er gemeinsam mit der Tochter. Er betrieb im selben Haus ein Restaurant und in 8 km Entfernung ein Café.

Das AG hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter L. auf die Mutter übertragen. Gegen diese Entscheidung wandte sich der Vater mit der Beschwerde. Sein Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Auch nach Auffassung des OLG war das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Antragstellerin allein zu übertragen, da dies dem Wohl des Kindes am besten entspreche.

Das OLG führte im Folgenden die Kriterien auf, deren Berücksichtigung bei der Frage, ob die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil dem Wohle des Kindes am besten entspricht, zu beachten seien.

Nach der nach diesen Kriterien vorgenommenen Prüfung gelangte das OLG im Einklang mit der Empfehlung der Sachverständigen zu dem Ergebnis, dass es dem Kindeswohl am besten entspreche, wenn das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein auf die Mutter übertragen werde.

Allerdings spreche der Kontinuitätsgrundsatz für die Beibehaltung des Aufenthalts des Kindes bei dem Vater, da es seit mehr als vier Jahren in L. lebe. Ob und ggf. welche Absprachen es im Zusammenhang mit der Trennung in Bezug auf das Kind gegeben habe, sei für die hier zu treffende Entscheidung nicht ausschlaggebend. Der Kontinuitätsgrundsatz gewinne im Übrigen auch dann an Bedeutung, wenn die tatsächlichen Verhältnisse nicht mit den ursprünglichen Vorstellungen der Eltern übereinstimmten. Insoweit seien allein die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend.

Nach dem Förderungsgrundsatz ergebe sich ein leichter Vorrang der Mutter. Die Möglichkeiten, das Kind selbst zu betreuen und auf seine Erziehung Einfluss zu nehmen, seien bei ihr etwas günstiger. Sie sei bis zur Geburt der zweiten Tochter A. im Oktober 2010 berufstätig gewesen. Derzeit gehe sie mit Rücksicht auf die gerade erfolgte Geburt der zweiten Tochter keiner Erwerbstätigkeit nach. Sie könne sich daher in noch stärkerem Umfang der Kinderbetreuung widmen, während der Vater durch den Betrieb zweier Gaststätten beruflich stark eingespannt sei.

Beide Eltern seien grundsätzlich gleichermaßen erziehungsgeeignet. Defizite insoweit seien nicht erkennbar. Die Sachverständige habe anlässlich ihrer Anhörung vor dem Senat deutlich erklärt, dass sie es in ihrer Praxis nicht häufig erlebe, dass - wie hier - beide Elternteile in der Lage seien, das Kind zu erziehen und auch beide am Kind interessiert seien.

Von ausreichender Bindungstoleranz sei aufseiten beider Elternteile auszugehen.

Durch neu eingegangene Partnerschaften der Eltern seien die Belange der Tochter nicht nennenswert beeinträchtigt.

Eine leichte Einschränkung der Erziehungseignung des Vaters ergebe sich insoweit, als er den Eindruck habe entstehen lassen, nicht er, sondern seine Mutter sei hauptsächlich mit der Betreuung und Erziehung der Tochter befasst. Diesen Eindruck habe nicht nur die Antragstellerin gewonnen. Auch das Jugendamt sei ohne weiteres davon ausgegangen, dass die Großmutter väterlicherseits Hauptbezugsperson für das Kind sei.

Inwieweit sich die Großmutter väterlicherseits bei der Entlastung des Vaters von der Erziehungsarbeit kindgerecht verhalte, bedürfe keiner abschließenden Feststellungen. Angesichts der Beobachtungen der Verfahrensbeiständin könne jedenfalls davon ausgegangen werden, dass die Großmutter wie auch die Urgroßmutter aufgrund der Auseinandersetzung um den Aufenthalt des Kindes emotional stark belastet seien. Inwieweit sich die Belastungen sich auf das Kind auswirkten, bedürfe ebenfalls keiner abschließenden Feststellungen.

Das OLG kam in seiner Entscheidung auch zu dem Ergebnis, die psychischen Belastungen des Kindes würden von der Mutter im Vergleich zum Vater eher gesehen und nicht als unerheblich abgetan. Von der Sachverständigen festgestellte vegetative Beschwerden der Tochter aufgrund von Belastungen w...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?