Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Sorgerechtsregelung für ein im Jahre 2002 geborenes Kind aus der Beziehung einer deutschen Staatsangehörigen mit einem französischen Staatsangehörigen. Die Eltern hatten sich alsbald nach der Geburt des Mädchens getrennt und stritten in der Folgezeit vehement über den Aufenthalt des Kindes.
Sachverhalt
In dem Verfahren ging es um die elterliche Sorge für ein im Jahre 2002 geborenes Mädchen. Die Kindesmutter war deutsche, der Vater französischer Staatsangehöriger. Die nicht miteinander verheirateten Eltern lebten zurzeit der Geburt in Frankreich, wo der Vater die Vaterschaft anerkannte. Die Eltern trennten sich alsbald nach der Geburt. In der Folgezeit stritten sie in Frankreich darum, ob das Kind beim Vater in Frankreich verbleiben und dort aufwachsen solle oder ob die Mutter, die nach der Trennung nach Deutschland in die Nähe ihrer Herkunftsfamilie zurückkehren wollte, das Kind mitnehmen dürfe. Die mit der Sache befassten französischen Gerichte entschieden diese Frage im Sinne der Mutter, zugleich ordneten sie die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge sowie ein umfassendes Umgangsrecht des Vaters mit dem Kind durch regelmäßige Besuche des Vaters am Aufenthaltsort des Kindes in Deutschland und einen großzügigen Ferienumgang in Frankreich an.
Im Jahre 2008 stand die Frage der Einschulung der Tochter an und löste erneut heftigen Streit der Eltern grundsätzlich zum Sorge- und Umgangsrecht aus. Es wurden erneut diverse die Tochter betreffende Verfahren von ihnen geführt.
Sodann hat die Mutter in einem Sorgerechtsverfahren beantragt, die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben und ihr das alleinige Sorgerecht zu übertragen.
Der Vater hatte sich zunächst auf einen Zurückweisungsantrag beschränkt und das gemeinsame Sorgerecht aufrechterhalten wollen. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat er sodann seinerseits beantragt, die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben und ihm das alleinige Sorgerecht zu übertragen.
Das AG hat sodann das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter übertragen und die weitergehenden Sorgerechtsanträge beider Eltern zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wandte sich der Kindesvater mit der Beschwerde. Mit seinem Rechtsmittel verfolgte er weiterhin das Ziel der Übertragung der elterlichen Sorge auf ihn mit dem Ziel, das Kind zu sich nach Frankreich holen zu können.
Das Rechtsmittel des Kindesvaters hatte Erfolg.
Entscheidung
Die Beschwerde führte zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahingehend, dass das Sorgerecht für das gemeinsame Kind unter Aufhebung der bislang bestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf den Vater übertragen wurde.
Es fehle im vorliegenden Fall an der Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge, da eine Fähigkeit und Bereitschaft der Eltern zur Kooperation in den das gemeinsame Kind betreffenden Belangen nicht gegeben sei. Eine solche Beziehung bestehe zwischen den Eltern - wenn es sie nach der Trennung überhaupt jemals gegeben habe - jedenfalls jetzt nicht mehr. Es sei auch nicht im Ansatz ein gemeinsames Erziehungskonzept zu erkennen. Vielmehr seien die Eltern offensichtlich heillos zerstritten und misstrauten einander zutiefst.
Die Hoffnung und Erwartung des Senats, durch die von ihm vermittelte Elternvereinbarung vom 6.6.2005 nachhaltig zu einer Befriedung der Eltern beigetragen und eine Grundlage für eine gedeihliche, den Wünschen und Vorstellungen beider Eltern sowie dem wohlverstandenen Interesse des Kindes gleichermaßen Rechnung tragende gemeinsame Ausübung des Sorgerechts gelegt zu haben, habe sich nicht erfüllt. Die dauernden Streitigkeiten und Auseinandersetzungen zwischen den Eltern dienten dem Kindeswohl nicht. Auch der Verfahrenspfleger habe eindringlich darauf hingewiesen, dass großer psychischer Schaden für das Kind drohe, wenn die gerichtlichen Auseinandersetzungen der Eltern nicht beendet würden. Eben dies sei nach Lage der Dinge jedoch nicht zu erwarten, wenn die Eltern auch weiterhin gemeinsam sorgeberechtigt blieben.
Bei dieser Sachlage könne die bislang bestehende gemeinsame elterliche Sorge keinen Bestand haben. Sie sei vielmehr aufzuheben und gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB einem Elternteil allein zu übertragen. Nach Abwägung aller Umstände kam das OLG zu dem Ergebnis, dass es dem Kindeswohl am besten entspreche, wenn dieser Elternteil der Vater sei.
Zur Erziehungsfähigkeit der Eltern sei positiv anzumerken, dass sich die Tochter trotz der Zerstrittenheit ihrer Eltern bislang sehr erfreulich entwickelt habe. Dies sei ein Verdienst beider Eltern, die ihre Tochter, jeder auf seine Weise, in ihrem jeweiligen Lebensumfeld, gut gefördert hätten.
Allerdings habe der Sachverständige bei beiden Eltern auch Defizite in ihrer Persönlichkeitsstruktur festgestellt.
Entscheidend eingeschränkt sei die Erziehungsfähigkeit der Mutter nach dem sicheren Eindruck des Senats primär durch ihre deutlich gering ausgeprägte Bindungstoleranz, also ihre Fähigkeit und Ber...