Leitsatz

In einem Sorgerechtsverfahren nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe der Eltern hatte die Mutter beantragt, ihr die alleinige elterliche Sorge für das jüngere im Jahre 2000 geborene Kind der Parteien zu übertragen. Nach Eingang der Stellungnahme des Jugendamtes hat das FamG Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt und zugleich das persönliche Erscheinen der Eltern angeordnet. Im Termin erschien der ordnungsgemäß geladene Antragsgegner nicht. Gleichwohl hat das FamG am Schluss der Sitzung die elterliche Sorge für das jüngere gemeinsame Kind der Parteien auf die Kindesmutter übertragen.

Hiergegen legte der Antragsgegner Beschwerde ein, die erfolgreich war.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Beschwerde für begründet, da die angegriffene Entscheidung auf einem wesentlichen Verfahrensmangel beruhe.

Nach § 50a Abs. 1 FGG höre das Gericht in einem Verfahren, das die Personensorge für ein Kind betreffe, die Eltern in der Regel persönlich an. Von der Anhörung dürfe nur aus schwerwiegenden Gründen abgesehen werden. Ein schwerwiegender Grund könne nicht in dem einmaligen Nichterscheinen eines Elternteils zu einem anberaumten Gerichtstermin gesehen werden. Eine andere Wertung trage der Bedeutung einer persönlichen Anhörung der Eltern in sorgerechtlichen Verfahren nicht die gebotene Rechnung. Sorgerechtliche Entscheidungen seien besonders eingriffsintensiv, da durch sie die persönlichen Verhältnisse und Beziehungen der Verfahrensbeteiligten wesentlich mitgestaltet würden.

Vor diesem Hintergrund gebiete es auch der verfassungsrechtlich gebotene Grundrechtsschutz, die Eltern in sorgerechtlichen Angelegenheiten persönlich anzuhören und hiervon nicht wegen einmaligen unentschuldigten Ausbleibens abzusehen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 30.08.2006, 1 UF 196/06

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