Alexander Steinmetz, Rocío García Alcázar
a) Allgemeines
Rz. 123
Die Vorteile der balearischen Erbschaftsteuer gegenüber der Schenkungsteuer als Steuer, welche unentgeltliche Zuwendung unter Lebenden besteuert, liegen auf der Hand: Der Erbschaftsteuertarif liegt bei nächsten Angehörigen (Steuerklasse II) bei einem Pro-Kopf-Erwerb von bis zu 700.000 EUR bei nur 1 % auf die bereinigte Bemessungsgrundlage. Weiterhin kommen die Erwerber bei einem Erwerb von Todes wegen sogar noch in den Genuss des großzügigen Steuerverzichts nach Art. 36 und Art. 36bis BGAS (siehe Rdn 119 ff.).
Rz. 124
Grundsätzlich ist die steuerliche Situation des Erwerbers bei einer unentgeltlichen Zuwendung unter Lebenden deutlich ungünstiger. Die Steuersätze sind gemäß Art. 51 BGAS variabel und können je nach Höhe des Erwerbs bis zu 34 % erreichen. Eine Erhöhung des vorläufigen Steuerbetrages kann sich auch hier in Abhängigkeit von Vorvermögen und entfernterem oder fehlendem Verwandtschaftsverhältnis nach Art. 52 BGAS ergeben. Durch den in Art. 54 BGAS vorgesehenen Steuerverzicht wird erreicht, dass von Erwerbern der Steuerklassen I und II letztlich noch eine Steuer in Höhe von 7 % der bereinigten Bemessungsgrundlage zu zahlen ist. Daneben fällt auch bei unentgeltlichen Veräußerungen unter Lebenden allerdings auch Einkommensteuer zu Lasten des Übertragenden an (siehe Rdn 133 ff.).
Rz. 125
Ausgangspunkt der Besteuerung lebzeitiger Übertragungen im Rahmen bestimmter Erbverträge mit der Erbschaftsteuer ist Art. 3 Abs. 1 lit. a) des spanischen Erbschaftsteuergesetzes (Ley 29/1987). Art. 11 lit. b) der zentralstaatlichen Verordnung zur Erbschafts- und Schenkungsteuer (VO ErbSt, Decreto Legislativo 79/1990) sieht vor, dass der Erwerb durch Erbvertrag einen erbrechtlichen Erwerbsgrund darstellt.
Rz. 126
Ob eine steuerprivilegiert zu behandelnde lebzeitige Übertragung im Rahmen eines Erbvertrags vorliegt, beurteilt sich unter Berücksichtigung von Art. 13 der spanischen AO (Ley General Tributaria) nicht nach der Bezeichnung, welche die Parteien der Vertragsurkunde geben, sondern nach der wirklichen rechtlichen Natur der Vereinbarung.
b) Donación universal
Rz. 127
Wie bei einer Schenkung werden auch im Wege der donación universal (Universalschenkung; siehe Rdn 54 ff.) dem Beschenkten (und zukünftigen Erben) Güter unter Lebenden zugewendet. Treten allerdings die weiteren Voraussetzungen der Universalschenkung hinzu, ändert sich der Rechtscharakter einer Schenkung. Die unentgeltliche Zuwendung, die unter Lebenden gewährt wird, wird als Zuwendung von Todes wegen qualifiziert und der entsprechenden erbschaftsteuerlichen Besteuerung unterworden. Art. 57 BGAS besagt, dass der Universalschenkung der Charakter eines unter Art. 11 lit. b) VO ErbSt zu subsumierenden Erbvertrages zukommt und dass die Universalschenkung deshalb in den Genuss aller erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen kommt, die auf sie Anwendung finden. Der Erwerb inter vivos durch Universalschenkung wird also nach den Regeln des Erbschaftsteuerrechts besteuert. Der Erwerber kommt im Hinblick auf die empfangene Schenkung somit jedenfalls bei entsprechenden familiären Beziehungen zwischen Schenker/Erblasser und Beschenktem/Erbe in den Genuss einer gegenüber der Schenkung deutlich privilegierten Besteuerung gemäß Art. 33 Abs. 2 BGAS, gegebenenfalls kommt sogar der Steuerverzicht nach Art. 36 oder Art. 36bis BGAS in Betracht.
Rz. 128
Besonderheiten ergeben sich insoweit, dass die zu zahlende Erbschaftsteuer in Ansehung der lebzeitigen Zuwendung durch den Erwerber nicht erst mit dem Tod des Schenkers fällig wird, sondern am Tag der Beurkundung des Erbvertrages (Art. 24 Abs. 1 span. ErbStG).
Rz. 129
Wird von der im Erbrecht für Ibiza und Formentera bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, einzelne Güter durch Erbvertrag lebzeitig und ohne Einsetzung eines Universalerben Gebrauch zu übertragen gemacht, kann sich die privilegierte erbschaftsteuerliche Behandlung aus Art. 59 BGAS ergeben.
c) Definición oder finiquito
Rz. 130
Wie bei der Universalschenkung (donación universal) auch erhält der Verzichtende bei der mallorquinischen definición oder dem entsprechenden Rechtsinstitut Formenteras und Ibizas, dem finiquito, vom Erblasser eine Zuwendung unter Lebenden. Der eigentliche Erwerb auf Seiten des Verzichtenden ...