Alexander Steinmetz, Rocío García Alcázar
Rz. 45
Das Recht der Vor- und Nacherbschaft (sustitución fideicomisaria) ist in den Art. 25 ff. CDCIB umfassend geregelt. Zu unterscheiden ist die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft innerhalb und außerhalb der Familie. Werden Personen, die außerhalb der Familie stehen, zu Vor- und Nacherben eingesetzt, kann der Erblasser (fideicomitente) grundsätzlich nur zwei Berufungen anordnen (Art. 25 Abs. 1 CDCIB). Die Beschränkung auf höchstens zwei Berufungen soll nur dann eingreifen, wenn es um zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers nicht lebende Nacherben geht.
Rz. 46
Die Stellung von Vor- und Nacherben sind nicht deckungsgleich mit denen des deutschen Rechts. Während teilweise vertreten wird, der "Nacherbe" (fideicomisario/heredero sucesivo) erwerbe vom Vorerben (fiduciario), wird demgegenüber auch angenommen, dass der Nacherbe (fideicomisario) den Nachlass als Rechtsnachfolger des Erblassers (fideicomitente) mit Wirkung ex tunc auf den Tod des Erblassers und gerade nicht von dem Vorerben erwirbt. Der Besitz fällt dem Nacherben jedenfalls nicht ipso iure mit dem Eintritt des Nacherbfalls zu, sondern er muss Herausgabe verlangen. Dem Vorerben wird die Annahme der mit der Nacherbschaft belasteten Vorerbschaft durch die sog. cuarta trebeliánica schmackhaft gemacht, weshalb sie ihm nicht zusteht, wenn er die Vorerbschaft ausschlägt. Dem Vorerben (oder dessen Erben) ist hierdurch das Recht eingeräumt, ein Viertel des nach Abzug von Verbindlichkeiten und Noterbrechten verbleibenden Nettonachlasses dem Nacherben gegenüber zu beanspruchen (Art. 29 CDCIB). Daneben besteht ein Zurückbehaltungsrecht gemäß Art. 36 CDCIB. Hat sich der Wert des Nachlasses erhöht, so ist der Zeitpunkt des Übergangs der Erbmasse auf den Nacherben für die Bemessung der cuarta trebeliánica maßgeblich. Ist der Vorerbe zugleich Noterbe, muss er sich gemäß Art. 40 Abs. 2 CDCIB entscheiden, ob er die cuarta falcidia oder die cuarta trebeliánica geltend macht. Dem durch donación universal eingesetzten Vertragsvorerben steht das Recht auf die cuarta falcidia (Art. 9 Abs. 1 CDCIB) oder die cuarta trebeliánica (Art. 9 bzw. Art. 12 CDCIB) unter den Voraussetzungen der Art. 12 ErbVG, Art. 29 CDCIB zu, wobei sich die Herausgabepflicht an den Nacherben grundsätzlich nicht auf die geschenkten Sachen erstreckt.
Rz. 47
Grundsätzlich ist der Vorerbe nur mit gerichtlicher Genehmigung befugt, Nachlassgegenstände zu veräußern (Art. 34 CDCIB). Verfügungen, die der Vorerbe entgegen der gesetzlichen Regelung vornimmt, sind nichtig. Der Erblasser kann der Nacherbschaft allerdings auch nur die Güter unterstellen, welche beim Eintritt des Nacherbfalls noch im Nachlass vorhanden sind (sog. fideicomiso de residuo). In diesem Fall kann der Vorerbe drei Viertel der Nachlassgüter veräußern oder belasten und ist ausschließlich verpflichtet, dem Nacherben ein Viertel herauszugeben. Allerdings kann der Erblasser ihn auch hiervon befreien (Art. 37 Abs. 1 CDCIB) bzw. es tritt eine gesetzliche Befreiung in den Fällen des Art. 37 Abs. 5 CDCIB ein. Nur bei ausdrücklicher Anordnung soll ein fideicomiso de residuo allerdings die Befugnis des Vorerben umfassen, über Güter aus dem Nachlass des Erblassers von Todes wegen zu verfügen.
In Ermangelung eigener substantieller Regelungen zur Vor- und Nacherbschaft für Formentera und Ibiza gilt gem. Art. 70 CDCIB das Recht des Código Civil, wobei nach Art. 78 Abs. 2 CDCIB, Art. 60 Abs. 2 ErbVG die Rechtstradition der Inseln zu beachten ist.