Rz. 61
Die Scheidung (Divorcio) ist nach Art. 85 CC einer der Gründe, durch die die Ehe ohne Rücksicht auf die Form und den Zeitpunkt ihrer Eingehung aufgelöst wird – neben Tod oder Todeserklärung eines Ehegatten. Wie das Recht der Separación wurde auch das der Divorcio durch das Reformgesetz Nr. 15/2005 grundlegend geändert. Auf das Vorliegen besonderer Scheidungsgründe, wie sie in Art. 86 CC a.F. abschließend aufgezählt waren, und auch auf das zusätzliche Erfordernis des Endes des tatsächlichen Zusammenlebens kommt es nicht (mehr) an; Art. 87 CC wurde aufgehoben. Art. 86 CC nimmt auf die Regelung zur Trennung (Art. 81 CC) Bezug: Die Scheidung wird auf Antrag eines Ehegatten allein, auf Antrag beider Ehegatten oder eines von ihnen mit Zustimmung des anderen gerichtlich angeordnet, "wenn die in Art. 81 dieses Gesetzbuchs geforderten Voraussetzungen und Umstände zusammen vorliegen".
Rz. 62
Entscheidend ist auch für die Scheidung der Ehe damit allein ein bestimmter Fristablauf und der Antrag beider Eheleute bzw. die Zustimmung des Antragsgegners zur Scheidung; das Vorliegen (und der Nachweis) eines bestimmten materiellen Scheidungsgrundes wird nicht gefordert. Nach Art. 86 i.V.m. Art. 81 CC kann die Scheidung gerichtlich beantragt werden, sobald drei Monate seit der Eheschließung verstrichen sind (Art. 81 Nr. 1 CC); zu verstehen ist dies als ein reiner Zeitablauf – also nicht eine dreimonatige Trennungszeit. Nach altem Recht (bis 2005) waren je nach den verschiedenen Scheidungsgründen unterschiedlich lange Trennungszeiten abzuwarten, bevor ein Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht werden konnte.
Rz. 63
Wie bislang unterscheidet man grundsätzlich zwei Scheidungsformen: die einvernehmliche (oder Konventionalscheidung, auf Antrag beider Ehegatten oder eines mit Zustimmung des anderen) und die streitige Ehescheidung (auf "Antrag eines Ehegatten allein").
Rz. 64
In jedem Fall muss der entsprechenden Scheidungsklage – wie auch beim Antrag auf Trennung – der Vorschlag eines Regelungsabkommens (Convenio regulador) betreffend die Folgen der Scheidung gem. Art. 90 CC beigefügt werden. Damit muss nach spanischem Recht nicht etwa ein gesonderter Antrag hinsichtlich der (Trennungs- oder) Scheidungsfolgen gestellt bzw. ein eigenständiges Verfahren betrieben werden. Dieses Regelungsabkommen muss nach Art. 90 CC zumindest die folgenden Punkte enthalten:
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die Bestimmung der Obhut und deren Ausübung über die Kinder, die der elterlichen Gewalt beider Ehegatten unterliegen, und erforderlichenfalls die Regelung des Umgangs und Aufenthaltsrechts der Kinder bei dem Elternteil, der nicht mit ihnen regelmäßig zusammenlebt (Art. 90 Abs. 1 lit. a CC); des Weiteren, sofern erforderlich, eine dem Kindeswohl dienende Regelung des Besuchs- und Umgangsrechts der Kinder (Enkel) durch ihre Großeltern (Art. 90 Abs. 1 lit. b CC); |
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die Zuweisung des Gebrauchs der Familienwohnung und des Hausrats (Art. 90 Abs. 1 lit. c CC); |
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die Beteiligung an den ehelichen Lasten und dem Unterhalt sowie die Grundlagen ihrer Anpassung und erforderlichenfalls ihre Sicherung (Art. 90 Abs. 1 lit. d CC); |
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die Abwicklung des ehelichen Güterstands, wenn sie vorgenommen wird (Art. 90 Abs. 1 lit. e CC); |
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die Angabe der Unterhaltsrente, die ggf. von einem der Ehegatten nach Art. 97 CC zu zahlen ist (Art. 90 Abs. 1 lit. f CC). |
Rz. 65
Eine besondere Form verlangt das Gesetz für das Regelungsabkommen nicht; doch ist Schriftform im Hinblick auf die Vorlage bei Gericht praktisch unumgänglich. Eine beglaubigte Fassung oder eine ähnliche öffentliche Form ist dagegen nicht erforderlich.
Rz. 66
Die Abkommen der Ehegatten, die zur Regelung der Folgen von Nichtigkeit, Trennung oder Scheidung – so der ausdrückliche Wortlaut des Art. 90 Abs. 2 CC – getroffen worden sind, bedürfen der richterlichen Genehmigung. Diese erfolgt, wenn die Abkommen nicht schädlich für die Kinder oder nicht in schwerem Maße nachteilig für einen der Ehegatten sind (Art. 90 Abs. 2 S. 1 CC). Lehnt das Gericht das Regelungsabkommen ab, haben die Ehegatten einen neuen Vorschlag zur Genehmigung des Richters zu unterbreiten. Nach erfolgter richterlicher Genehmigung kann die Vollstreckung des Vereinbarten betrieben werden (Art. 90 Abs. 2 S. 4 CC). Haben die Ehegatten kein Regelungsabkommen unterbreitet oder kommt es sonst nicht zu einem genehmigten Übereinkommen, so trifft das Gericht gem. Art. 103 CC nach Anhörung beider Ehegatten eine das eheliche Übereinkommen ersetzende Entscheidung über die in den Nr. 1–5 der Norm im Einzelnen bezeichneten Maßnahmen.
Rz. 67
Wie für die Ehetrennung (siehe oben Rdn 58) wurde 2015 gleichfalls für die Ehescheidung die Möglichkeit der außergerichtlichen Scheidung, der sog. Privatscheidung eingeführt, auch hier für Ehepaare ohne minderjährige Kinder (Art. 82 CC i.d.F. des Gesetzes 15/2015 über die Neureglung der Freiwilligen Gerichtbarkeit). Unter den gleichen Voraussetzungen wie für die Ehetrennung, d.h. nach Ablauf von drei Monaten seit der Eheschließung, kann...