Leitsatz

Verwalter als Empfangs-Vertreter von Eigentümer-Willenserklärungen (Rügen)

 

Normenkette

§ 16 Abs. 2 WEG, § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG, § 28 WEG

 

Kommentar

1. Ein durch die nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechende Heizkostenabrechnung benachteiligter Eigentümer kann einen Anspruch auf Schadenersatz gegen die übrigen Wohnungseigentümer haben, wenn diese schuldhaft die Durchführung der unter dem Gesichtspunkt einer ordnungsgemäßen Verwaltung gebotenen und zumutbaren Maßnahmen zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Wärmeerfassung unterlassen haben.

2. Hat ein Eigentümer trotz bisher bestandskräftig genehmigter Abrechnungen wiederholt technische Mängel hinsichtlich der neuen Wärmemessgeräte bzw. Fehler bei der Ablesung gerügt und sachverständige Überprüfung gefordert und ist er hier stets trotz des Vorbehalts, in Höhe eines 47-fachen Betrages eines plausiblen Wärmeverbrauchs (!) belastet worden zu sein, ohne dass man sich um sachverständige Überprüfung naheliegender technischer Fehler bemüht hat, auf taube Ohren gestoßen, kann eine Schadenersatzpflicht der Gemeinschaft gegeben sein.

3. Nach § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG ist der Verwalter auch Empfangsvertreter solcher rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen (Rügen) für die Wohnungseigentümer; er besitzt hier im Rahmen seiner Eigentümer-Vertretung gesetzliche Vertretungsmacht (BGHZ 78, 166/171). Mit Zugang einer solchen Forderungs-Willenserklärung eines einzelnen Eigentümers beim Verwalter wird diese gegenüber den Wohnungseigentümern gem. § 164 Abs. 1 und Abs. 3 BGB, § 130 BGBwirksam. Ein möglicher Schadenersatzanspruch des antragstellenden Eigentümers würde hier somit auch nicht daran scheitern, dass er sein Verlangen auf Überprüfung der Angelegenheit nur der Verwaltung gegenüber zum Ausdruck gebracht hat.

4. Ist zu unterstellen, dass hier tatsächlich verbrauchte Wärme nicht ordnungsgemäß erfasst wurde und unterstellt man die Bestandskraft früherer Abrechnungsbeschlüsse, wäre keine Korrektur in der Vergangenheit mehr möglich; auch etwaige Bereicherungsansprüche könnten hier keinen Erfolg mehr haben. In Betracht kämen jedoch Schadenersatzansprüche durch einen aufgrund nicht ordnungsgemäßer Verwaltung über entsprechende Abrechnung benachteiligten Wohnungseigentümer aus dem Gemeinschaftsverhältnis. Voraussetzung hierfür wäre, dass die übrigen Eigentümer schuldhaft die Durchführung der unter dem Gesichtspunkt einer ordnungsgemäßen Verwaltung gebotenen und zumutbaren Maßnahmen zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Wärmeerfassung unterlassen hätten.

5. Diesen Fragen ist das LG im Rahmen bestehender Aufklärungspflicht nicht näher nachgegangen, so dass die Sache an das LG zurückverwiesen werden musste.

Geschäftswert: DM 2.780.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 22.04.1999, 2Z BR 41/99)

zu Gruppe 5:  Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Aus Eigentümersicht verdient diese Entscheidung doch Beachtung und überrascht mich ein wenig, da wohl bisher überwiegend davon ausgegangen wurde, dass ein Eigentümer Verwalterentlastungs- und evtl. auch Abrechnungsgenehmigungsbeschlüsse (ggf. punktuell) anfechten müsse, wenn aus seiner Sicht Abrechnungen oder Teilabrechnungen aus einem beschlussgenehmigten Abrechnungspaket nicht plausibel oder gar fehlerhaft seien, also seine Einzelabrechnung fehlerhaft sei und zu anderer Einzelabrechnungs-Verteilung bei Fehlerbestätigung zwinge. Gleichzeitig könnte und müsste hier nach bisheriger h.M. entsprechender Sanierungs-Verpflichtungsantrag gestellt werden, sollte eine Gemeinschaft behauptete technische Mängel (als eventuelle Ursache fehlerhafter Kostenverteilung) nicht beheben wollen. Nunmehr ist es beweisbar geschädigten Eigentümern offensichtlich auch möglich, trotz bestandskräftiger Abrechnungen im Schadenersatz-Regresswege - auch rückwirkend - etwaige Überzahlungen wieder zurückzufordern.

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