Alexander C. Blankenstein
2.1 Bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft
Besteht bereits eine Wohnungseigentümergemeinschaft, ergibt sich im Innenverhältnis dieser Gemeinschaft der Anspruch auf Fertigstellung des stecken gebliebenen Baus durch die Erwerber unmittelbar aus dem WEG. Gemäß § 9a Abs. 1 Satz 2 WEG entsteht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bereits mit dem Anlegen der Grundbücher. Erwerber gelten nach § 8 Abs. 3 WEG gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erst als Eigentümer, wenn zu ihren Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist und ihnen der Besitz an den Räumen des Sondereigentums übergeben worden ist. Vor diesem Zeitpunkt bestehen noch keine Rechtsbeziehungen der Erwerber zur Gemeinschaft.
Fertigstellungspflicht, wenn der Bau zu mehr als der Hälfte erstellt ist
Nach der h. M. in der Rechtsprechung und Literatur ergibt sich eine Fertigstellungsverpflichtung der Erwerber aus der analogen Anwendung von § 22 WEG. Bei analoger Anwendung von § 22 WEG besteht jedoch nur dann eine wechselseitige Fertigstellungspflicht der Erwerber, wenn der Bau bereits zu mehr als der Hälfte erstellt ist.
Ist der Bau erst zu weniger als der Hälfte seines Werts fertiggestellt, ist diese Situation in rechtlicher Hinsicht mit dem Fehlen einer Wiederaufbaupflicht gemäß § 22 WEG zu vergleichen. Jeder Wohnungseigentümer kann in diesem Fall gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 WEG die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, sofern die Gemeinschaftsordnung dies vorsieht. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung, bedarf es einer nachträglichen Einigung sämtlicher Wohnungseigentümer über die Aufhebung der Gemeinschaft.
Mitwirkungspflicht
Grundsätzlich sind die Wohnungseigentümer aufgrund ihrer wechselseitigen Treuepflicht zur Mitwirkung an einer Aufhebungsvereinbarung verpflichtet, da der Fortbestand einer nicht fertig gestellten Wohnanlage und der Gemeinschaft in einem solchen Fall auf Dauer sinnlos ist.
Teilweise wird jedoch die Auffassung vertreten, dass sich eine Pflicht der Erwerber zur Fertigstellung des Baus unmittelbar aus §§ 18 Abs. 2, 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG ergibt, wonach jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hat, wozu auch die erstmalige Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands gehört. Leitet man die Fertigstellungsverpflichtung aus §§ 18 Abs. 2, 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG ab, spielt der Fertigstellungsgrad keine Rolle.
Fertigstellungspflicht betrifft nur das Gemeinschaftseigentum
Anzumerken ist, dass unabhängig von diesem Theorienstreit die Fertigstellungspflicht nur das gemeinschaftliche Eigentum betrifft, nicht jedoch das Sondereigentum. Der einzelne Wohnungseigentümer kann gegenüber den übrigen Eigentümern allenfalls nur dann zur Fertigstellung seines Sondereigentums verpflichtet sein, wenn den anderen Eigentümern ohne die Herstellung des Sondereigentums dieses einen Eigentümers ein über das in § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehender Nachteil erwächst.
2.2 Eigentümergemeinschaft existiert noch nicht
Existiert die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer noch nicht, bestehen zwischen den Käufern auch noch keine Rechtsbeziehungen. Da noch keine Fertigstellungspflicht besteht, kommt grundsätzlich nur die Aufhebung der Gemeinschaft gemäß § 753 BGB in Betracht.
Keine gesicherte Rechtsposition
Den Erwerbern steht es natürlich frei, sich – idealerweise unter Einbeziehung und Beteiligung an den Fertigstellungskosten durch die Kreditgeber des Bauträgers – über eine eigene Fertigstellung zu einigen. Kommt es mit den Kreditgebern des Bauträgers nicht zu einer solchen Einigung, ist die eigene Fertigstellung nicht zu empfehlen, da die Erwerber mangels Eintragung einer Auflassungsvormerkung keine gesicherte Rechtsposition haben. Mangels Auflassungsvormerkung hat der Erwerber gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht einmal einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums, wenn dieser die Erfüllung des Vertrags ablehnt, sondern nur einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrags.