Leitsatz

Versäumte namentliche Feststellung der mit "Ja" stimmenden Eigentümer

 

Normenkette

(§§ 24, 25, 43 WEG)

 

Kommentar

1. Ist im Protokoll über die Abstimmung in der Wohnungseigentümerversammlung nicht festgehalten, wer sich an dieser Abstimmung beteiligte, sondern nur, wer gegen einen Beschlussantrag oder mit Enthaltung gestimmt hat, und lässt sich im Streitfall die Anwesenheit der Beteiligten zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht mehr aufklären, sodass hierdurch Zweifel an den Mehrheitsverhältnissen verbleiben, ist im Falle der Beschlussanfechtung davon auszugehen, dass der Verwalter/Versammlungsleiter zu Unrecht die Mehrheit für einen Antrag festgestellt hat.

2. Vorliegend ging es um die Art und Weise, wie in einer bestimmten und bereits begonnenen Versammlung ein Beschlussergebnis festzustellen ist, letztlich also um einen Geschäftsordnungsbeschluss, mit dem kein weiteres Wirksamkeitserfordernis aufgestellt, sondern ersichtlich nur der Zweck verfolgt wurde, das Ergebnis nachvollziehbar und leicht verifizierbar zu machen. Dazu gehört im vorliegenden Fall auch, die Namen der Abstimmenden im Protokoll festzuhalten, da ansonsten der Beschluss keinen Sinn gäbe. Eine namentliche Abstimmung hatte hier ohnehin zu erfolgen, weil ansonsten die jeweils vertretenen Miteigentumsanteile nicht festgestellt werden konnten. Auch von der Verwaltung wurde der Beschluss vom Ansatz her so verstanden, wie er gewollt war, da zu den einzelnen Tagesordnungspunkten jeweils bei den Nein-Stimmen und Enthaltungen die Namen der Wohnungseigentümer angegeben wurden. Hieran hat sich die Verwaltung nicht gehalten, da die Ja-Stimmen nicht festgehalten wurden.

3. Die Pflichtwidrigkeit der die Versammlung leitenden Verwaltung führte dazu, dass im Streitfall mit den zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen die Frage, ob für einen Beschluss die erforderliche Mehrheit erreicht wurde, neuerlich aufgeklärt werden muss mit der weiteren Folge, dass verbleibende Zweifel zu Lasten derjenigen Beteiligten gehen, die sich auf die Wirksamkeit des Beschlusses berufen. Für den Fall einer nicht mehr sicheren Aufklärbarkeit und eines darauf beruhenden Unterliegens der Antragsgegnerseite wird zudem in Erwägung zu ziehen sein, die Verwaltung mit Verfahrenskosten zu belasten (vgl. hierzu auch BGH, NZM 1998, 78).

 

Link zur Entscheidung

( OLG Köln, Beschluss vom 21.11.2001, 16 Wx 185/01, NZM 10/2002, 458)

Anmerkung

Eine namentliche Abstimmung hat m.E. nur dann zu erfolgen, wenn dies tatsächlich über Geschäftsordnungsbeschluss so von der Eigentümermehrheit in der Versammlung im konkreten Fall gewünscht wird. Gilt das Abstimmungs-Wertprinzip, wird in Zweifelsfällen (evtl. vorher "Probeabstimmung"!) mit Stimmkarten abzustimmen sein; auch hier kann eine Gemeinschaft einen spontanen Geschäftsordnungsbeschluss fassen, ob insoweit namentlich-offen oder geheim abzustimmen ist.

Bestätigt wird in vorstehender Senatsentscheidung auch nochmals der Grundsatz, dass grds. auch die Ja-Stimmen von einem Versammlungsleiter erfasst werden müssen, um zu korrekter, konstitutiver Feststellung eines Beschlussergebnisses zu gelangen. Allein im sog. Substraktionsverfahren nur die Nein- und Enthaltungsstimmen abzufragen, bedeutet noch nicht logisch zwingend einen Rückschluss auf eine evtl. verbleibende Eigentümer-Mehrheit, d.h. ein positives Ergebnis von mehr Ja- als Nein-Stimmen (ebenso zuletzt OLG Düsseldorf aus 2001 gegen OLG Stuttgart von 1990). Zu denken ist hierbei nämlich auch daran, dass einige Eigentümer – bewusst oder unbewusst – überhaupt kein Votum im Sinne einer Willenserklärung abgeben, andere sich sogar u.U. (evtl. sogar bewusst) aus dem Saal entfernt haben könnten.

Die Stimmenauszählung sollte von Versammlungsleitern sehr ernst genommen werden, zumal hier vom Kölner Senat angedeutet wurde, im Falle erfolgreicher Beschlussanfechtung den Versammlungsleiter mit den Kosten eines solchen Verfahrens belasten zu wollen.

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