Leitsatz

Stimmrechtsausschlüsse haben Einfluss auf die Beschlussfähigkeit

 

Normenkette

§ 25 Abs. 3, 5 WEG, § 28 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

1. Bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit einer Eigentümerversammlung, die zum Zeitpunkt der jeweiligen Beschlussfassung (nicht nur bei Versammlungsbeginn) gegeben sein muss, sind die Anteile von Eigentümern, die zwar erschienen, aber nicht stimmberechtigt sind, nicht mitzuzählen.

2. Ein Verwalter, der zugleich Wohnungseigentümer ist, muss bei der Abstimmung über seine Entlastung nach § 25 Abs. 5 WEG als nicht stimmberechtigt angesehen werden. Gleiches gilt bei einer Beschlussfassung über die Festsetzung einer Vergütung für eine von ihm übernommene Geschäftsbesorgung, da es sich insoweit um ein Rechtsgeschäft mit ihm selbst handelt.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 18.12.1986, BReg 2 Z 81/85)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Dass nicht stimmberechtigte Eigentümer (z. B. im Falle von Stimmrechtsausschlüssen) die Frage der Beschluss(un)fähigkeit tangieren, hat das Gericht sehr kurz und knapp unter Hinweis auf BayObLG, WEM 81, 30; KG in RPfl. 1974, 438; Bärmann-Pick-Merle, 5. Aufl., Rz. 35 und Weitnauer, Rz. 2 zu § 25 vermerkt. Abweichende Meinungen wurden leider nicht angesprochen. Die wohl nunmehr verfestigte, herrschende Rechtsmeinung erzeugt sicher für die Praxis einige Probleme und führt auch zu Verzögerungen ordnungsmäßiger Verwaltung. Ist zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt im Laufe einer Versammlung, z. B. durch Stimmrechtsausschlüsse, eine Beschlussunfähigkeit festzustellen, müsste ggf. zu diesem einen Tagesordnungspunkt eine neuerliche Versammlung (sog. Wiederholungsversammlung) einberufen werden (gemäß § 25 Abs. 4 WEG). Für einen solchen Formalismus haben Wohnungseigentümer mit Recht häufig wenig Verständnis.

Geklärt ist auch noch nicht die Frage, ob ein Versammlungsleiter bzw. die Gemeinschaft im Falle der Beschlussunfähigkeit zu einem bestimmten Punkt berechtigt wären, die Versammlung gänzlich abzubrechen oder ob sie dann sofort zum nächsten Tagesordnungspunkt (bei wieder gegebener Beschlussfähigkeit) übergehen könnten. Hier bietet sich vielleicht an, über Geschäftsordnungsantrag die Tagesordnung zu ändern und die noch nachfolgend zur Beschlussfassung anstehenden Tagesordnungspunkte vorzuziehen.

M. E. wäre es allerdings nach wie vor sachdienlicher, in solchen Beschlussunfähigkeits-Fällen nicht zu Beginn einer Versammlung, sondern erst im Laufe einer beschlussfähigen Erstversammlung zu einzelnen Tagesordnungspunkten einen rechtlich gangbaren Weg zu suchen, vielleicht nur zu einem einzigen Tagesordnungspunkt eine Wiederholungsversammlung zu vermeiden. Wird ein Beschluss bei nicht gegebener Beschlussfähigkeit zu einem einzelnen Tagesordnungspunkt angefochten, muss bekanntlich im Rahmen der richterlichen Amtsermittlungspflicht auch dieser Formmangel mitberücksichtigt werden, was dann zur Aufhebung solcher Beschlüsse führt, obwohl dies kaum dem Willen der erschienenen Eigentümer entsprechen dürfte.

Es zeigt sich hier erneut, wie empfehlenswert es wäre, das Beschlussfähigkeitserfordernis gänzlich durch Vereinbarung zu beseitigen.

Ist in einer Gemeinschaft - was empfehlenswert ist - die Eventualeinberufung in zulässiger Weise vereinbart oder bestandskräftig beschlossen, könnten die Rechtsfolgen m. E. auch für die hier anstehende Problematik Anwendung finden. Ist im Ladungsschreiben zur Erstversammlung der notwendige Hinweis nach § 25 Abs. 4 WEG enthalten, müsste der Versammlungsleiter auch zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt die Beschlussunfähigkeit der Erstversammlung feststellen, einen gewissen Zeitraum abwarten und dann zu diesem Tagesordnungspunkt die Wiederholungsversammlung eröffnen. Auf diese Weise könnte dann doch in der Wiederholungsversammlung (zu einem Punkt) trotz ursprünglicher Beschlussunfähigkeit (aufgrund Stimmrechtsausschluss) wirksam Beschluss gefasst werden.

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