Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 25 Abs. 2 WEG
Kommentar
Ein Grundbuchamt hatte in einer "Zwei-Kopf-Gemeinschaft" die Eintragung der Gemeinschaftsordnung in das Grundbuch abgelehnt, da es die vom gesetzlichen Kopfprinzip abweichende Stimmrechtsregelung nach Miteigentumsanteilen mit zwei unterschiedlich großen Quoten als überraschende und unwirksame Klausel betrachtete. Das BayObLG hat diese Zwischenverfügung des AG (Grundbuchamtes) und die bestätigende Entscheidung des LG aufgehoben und zu Recht die herrschende wohnungseigentumsrechtliche Meinung bestätigt, dass - auch in einer Anlage mit nur zwei Wohnungseigentümern und unterschiedlich großen Miteigentumsanteilen - das Stimmrecht in der Gemeinschaftsordnung abweichend vom gesetzlich abdingbar vorgeschlagenen Kopfprinzip ( § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG) nach der Größe der Anteile bestimmt werden kann.
Bestätigt wurde grundsätzlich, dass ein Grundbuchamt eine Eintragung einer Gemeinschaftsordnung ablehnen könne, wenn auch nur eine Bestimmung der Gemeinschaftsordnung unwirksam sei. Das Grundbuchamt habe zu prüfen, ob eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung gegen zwingende gesetzliche Vorschriften (vor allem §§ 134, 138 BGB) verstoße, denn in einem solchen Fall würde die Eintragung in das Grundbuch durch Verlautbarung einer unwirksamen Bestimmung über das Gemeinschaftsverhältnis dieses unrichtig machen. Das Grundbuchamt könne auch nicht einen einheitlichen Eintragungsantrag teilweise erledigen bzw. teilweise zurückweisen.
Das Gericht bestätigte dann das in der Praxis übliche Stimmrechts-Wertprinzip, das seine innere Rechtfertigung vor allem darin finde, daß Eigentümer mit größeren Miteigentumsanteilen gemäß § 16 Abs. 2 WEG in der Regel auch größere Anteile der Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen hätten. Der Gefahr einer möglichen Majorisierung (wie im vorliegenden Fall einer Gemeinschaft mit nur zwei Eigentümern), d. h. einer eigennützigen, sachlich nicht gerechtfertigten oder gesetzwidrigen Ausnützung des Mehrheitsstimmrechts durch den beherrschenden Wohnungseigentümer könne auf andere Weise begegnet werden, insbesondere durch die Anrufung des Wohnungseigentumsgerichts.
Das Wertprinzip sei auch grundsätzlich nicht zu missbilligen, wenn man dies vergleicht mit § 745 Abs. 1 Satz 2 BGB aus dem Recht der schlichten Bruchteilsgemeinschaft, in der Stimmenmehrheiten nach der Größe der Anteile zu berechnen seien. Das BayObLG hat hier nochmals herausgestellt, dass die Wohnungseigentümer-Gemeinschaft eine besonders ausgestaltete Rechtsgemeinschaft im Sinne der §§ 741f. BGB sei.
Völlig zu Recht hat m.E. das BayObLG dann noch ausgeführt, dass jeweils im Einzelfall zu prüfen sei, ob ein in Ausnutzung mit beherrschenden Stimmenmehrheiten gefasster Beschluss für ungültig zu erklären sei. Ein Beschluss könne nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn der beherrschende Wohnungseigentümer in sachwidriger Weise eigene Zwecke auf Kosten der Gemeinschaft verfolge. Selbst ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB könne in der Ausnützung der Stimmenmehrheit ein nach § 242 BGB unzulässiger Rechtsmissbrauch zu Lasten der Minderheit liegen, der ebenfalls zur Ungültigkeit eines Beschlusses nach erfolgter Anfechtung führe. Gleiches gelte für Beschlüsse, die gegen Grundsätze des ordnungsgemäßen Gebrauchs oder der ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums verstießen.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 28.01.1986, BReg 2 Z 4/86= BayObLG Z 1986 Nr. 2)
Gruppe 5: Rechte und Pflichten des Miteigentümers