Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Berufung auf nachbarschützendes Baurecht
Normenkette
§ 15 Abs. 3 WEG, § 27 Abs. 1 FGG
Kommentar
1. Zwischen den beiden Eigentümern einer Zwei-Wohnungs-Gemeinschaft kam es über die Frage der nachträglichen Errichtung einer Garage auf einer Stellplatzfläche zum Streit. Erwerbsvertraglich war vereinbart, dass der Käufer einer Wohnung berechtigt sei, eine Garage zu errichten und in sein Sondereigentum einzubeziehen, wenn er von der zuständigen Baubehörde die Genehmigung erhalten habe und zwar nach Lage und Ausmaß einer der Erwerbsurkunde beigefügten Planskizze; zugleich war vereinbart, dass die Bestimmung der Behörde für den Garagenbau maßgebend sei, sollte sie hinsichtlich der Lage eine Änderung vorschreiben. I. ü. bedürfe die Garagenerrichtung der Zustimmung des Verkäufers (solange er Miteigentümer sei), die wiederum nur aus wichtigem Grunde verweigert werden dürfe. Nachdem öffentlich-rechtliches Vorgehen gegen die geplante Garage erfolglos blieb, führte der Miteigentümer wohnungseigentumsgerichtlich ein Verfahren gegen seinen anderen Miteigentümer, die baubehördlich genehmigte Errichtung der Garage an dort bestimmtem Platz zu verbieten. Dabei berief er sich auf behauptete Störquellen und auch nachbarrechtliche Schutzbestimmungen. Insoweit kam es unter Aufhebung der landgerichtlichen und Bestätigung der amtsgerichtlichen Entscheidung zu nachfolgenden Feststellungen des Senats.
2. Ist einem Wohnungseigentümer vertraglich das Recht eingeräumt, auf dem gemeinschaftlichen Grundstück ein Bauwerk zu errichten und Sondereigentum daran zu begründen, so können die übrigen Wohnungseigentümer im Rahmen des Gemeinschaftsverhältnisses auch die Einhaltung der nachbarschützenden Vorschriften des Bauordnungsrechts verlangen. Zwar sei ein Miteigentümer eines Grundstücks bauordnungsrechtlich nicht als Nachbar anzusehen und könne auch seine Rechte insoweit nicht im Verwaltungsstreitverfahren geltend machen. Zum Ausgleich dafür könne er sich allerdings im Rahmen des Gemeinschaftsverhältnisses unter Eigentümern auch auf diese Vorschriften analog berufen (im vorliegenden Falle konnten Verstöße gegen das Nachbarrecht, z. B. Brandschutz, Gesundheitsgefährdung durch Lärm und Geräusche, Gefährdung des Wurzelwerks einer Lärche usw. nicht festgestellt werden).
3. Der Begriff des "wichtigen Grundes"(hier nach Vereinbarung als möglicher Zustimmungs-Verweigerungsgrund) ist ein unbestimmter Rechtsbegriff; ob die vom Tatrichter festgestellten Tatumstände in ihrer Gesamtheit die Merkmale dieses unbestimmten Rechtsbegriffs erfüllen, ist eine Rechtsfrage und damit vom Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbar. Allein die Gefahr, dass sich ein Eigentümer nach Errichtung der Garage an vorgesehenem Platz nicht mehr an die Begrenzung seines Pkw-Stellplatzes hält und dadurch Streitigkeiten zwischen den Beteiligten entstehen werden, stellt insoweit entgegen der Meinung des LG keinen wichtigen Grund im Sinne der hier getroffenen Vereinbarung dar. Ein wichtiger Grund für die Zustimmungsverweigerung und Untersagung des Garagenbaues läge allein dann vor, wenn dem widersprechenden Eigentümer der Bau an der vorgesehenen Stelle unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen der Beteiligten nicht zugemutet werden könnte. Im vorliegenden Einzelfall wurde ein wichtiger Verweigerungsgrund verneint, was in den Gründen der Entscheidung näher dargestellt wurde.
4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswertansatz für das Rechtsbeschwerdeverfahren von DM 5.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 16.12.1993, 2Z BR 82/93= NJW-RR 13/1994, 781).
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer