Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Auch im wohnungseigentumsgerichtlichen Verfahren Unterscheidung zwischen einfacher und streitgenössischer Nebenintervention (Streitverkündung)
Normenkette
§ 43 Abs. 1 WEG, § 61 ZPO, § 67 ZPO, § 69 ZPO
Kommentar
1. Der Lauf der Rechtsmittelfrist für den Nebenintervenienten beginnt auch in Wohnungseigentumssachen nicht mit der Zustellung der Entscheidung an den Nebenintervenienten (bei einfacher Streitgenossenschaft), sondern mit der an den unterstützten Beteiligten (anders nur bei sog. streitgenössischer Nebenintervention).
Eine streitgenössische Nebenintervention liegt nicht vor, wenn ein Wohnungseigentümer wegen eines Wasserschadens den Eigentümer der darüberliegenden Wohnung auf Schadenersatz in Anspruch nimmt und dessen Mieter den Streit verkündet.
2. Zugrunde lag dem Verfahren ein geplatzter Heizkörper in der Wohnung über der Antragstellerwohnung, was zu Wasserschäden in der Wohnung des Antragstellers geführt hatte.
Auch im WEG-Verfahren sind die Vorschriften der ZPO weitgehend analog anwendbar, deshalb z. B. auch die §§ 66ff. ZPO über die Streitverkündung und die Nebenintervention. So konnte zu Recht auch einem Dritten (Nichtwohnungseigentümer), insbesondere dem Mieter eines Wohnungseigentümers wie hier - bei Schadenersatzforderungen - der Streit verkündet werden. Der Mieter war im Streit dem Antragsteller beigetreten.
Der Nebenintervenient gilt dann als Streitgenosse des Hauptbeteiligten, wenn nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts die Rechtskraft der in dem Hauptverfahren erlassenen Entscheidung auf das Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zu dem Gegner von Wirksamkeit ist (vgl. § 69 ZPO). In einem solchen Fall gilt § 61 ZPO analog. Der Nebenintervenient kann selbstständig Rechtsmittel einlegen; die Frist hierfür läuft unabhängig von der für den unterstützten Beteiligten geltenden Rechtsmittelfrist.
Liegen dagegen die Voraussetzungen des § 69 ZPO nicht vor, gilt § 67 ZPO analog. Dann kann der Nebenintervenient zwar auch Rechtsmittel einlegen. Maßgebend für die Zulässigkeit sind hier aber die für den unterstützten Beteiligten laufenden Rechtsmittelfristen. Auch kann hier der Nebenintervenient in diesem Fall in Bezug auf den unterstützten Beteiligten keine widersprüchlichen Anträge stellen.
Eine streitgenössische Nebenintervention setzt bei einem auf Zahlung eines Geldbetrages gerichteten Anspruch voraus, dass sich also die Rechtskraft der Entscheidung auch auf den Nebenintervenienten erstreckt und eine einheitliche Sachentscheidung notwendig ist. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, sodass hier nicht von einer streitgenössischen Nebenintervention auszugehen war. Der Mieter im vorliegenden Fall war nicht Beteiligter im Sinne der Bestimmung des § 43 Abs. 4 WEG; er unterstützte lediglich einen der Beteiligten. Daran ändert auch eine etwaige Gesamtschuld des Mieters hinsichtlich Schadenersatzansprüchen nach § 823 Abs. 1 BGB nichts.
Eine solche Gesamtschuld hat in Bezug auf den Mieter und die Antragsgegnerin nicht die Bedeutung, dass die Rechskraft der Entscheidung sich auch auf den Nebenintervenienten erstreckt bzw. das streitige Rechtsverhältnis nur einheitlich entschieden werden kann. Eine streitgenössische Nebenintervention kann auch nicht allein deshalb angenommen werden, weil der Nebenintervenient vom AG rechtsfehlerhaft als Streitgenosse angesehen und deshalb als Partei und nicht als Zeuge vernommen wurde, wie dies bei einem nicht streitgenössischen Nebenintervenienten hätte geschehen müssen.
Im vorliegenden Fall handelte es sich also um eine einfache Nebenintervention analog § 67 ZPO; dieser Nebenintervenient hätte bei seiner Rechtsmitteleinlegung die für den Antragsteller geltende Frist beachten müssen; dies ist hier nicht geschehen, weshalb die Erstbeschwerde durch den Nebenintervenienten zu Recht durch das LG als unzulässig abgewiesen wurde.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 09.07.1987, BReg 2 Z 73/87= BayObLG Z 1987 Nr. 41)
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