Leitsatz

Wird mit einer Klage neben der Abberufung des Verwalters auch die Bestellung eines namentlich bezeichneten neuen Verwalters erstrebt, sind bei der Festsetzung des Gegenstandswerts beide Anträge zu berücksichtigen. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist aber nur das die Abberufung überschießende Interesse an der Bestellung eines neuen Verwalters zu ermitteln. Wird das jeweilige Interesse anhand der Vergütungsansprüche des Verwalters geschätzt, sind daher die Laufzeiten des Alt- und Neuvertrages derart zu berücksichtigen, dass bei sich überschneidenden Zeiträumen nur der jeweils höhere Honoraranspruch angesetzt wird.

 

Normenkette

§ 49a Abs. 1 GKG

 

Das Problem

Der Bundesgerichtshof verwirft die Revision der Wohnungseigentümerin K als unzulässig. Der Bundesgerichtshof setzt den Gegenstandswert des Revisionsverfahrens durch Beschluss auf 7.440,89 EUR fest. Im Streit sind 3 Anträge:

  • Mit dem Klageantrag zu 1) greift Wohnungseigentümerin K einen Beschluss über die Reparatur der Wintergartenkonstruktion an. Für die Reparatur sind 4.000 EUR angesetzt.
  • Mit dem Klageantrag zu 2) will K eine Schadensersatzpflicht der beklagten Wohnungseigentümer feststellen lassen.
  • Mit dem Klageantrag zu 3) klagt K auf Abberufung des Verwalters und Bestellung eines namentlich bezeichneten neuen Verwalters für 2 Jahre zu einer monatlichen Verwaltervergütung von 18 EUR zuzüglich Umsatzsteuer je "Einheit".

Mit einer Gegenvorstellung will K die Herabsetzung auf 2.440,30 EUR erreichen.

 

Die Entscheidung

Auf die Gegenvorstellung ändert der Bundesgerichtshof seinen Streitwertbeschluss ab und setzt den Gegenstandswert auf 3.832,65 EUR fest. Dieser errechne sich wie folgt:

Klageantrag EUR
Zu 1) 968,80
zu 2) 300,00
zu 3) (1.171,55 + 1.392,30) 2.563,85
Summe 3.832,65

Klageantrag zu 3)

  1. Das Gesamtinteresse der Parteien könne im Fall der Abberufung anhand des in der restlichen Vertragslaufzeit anfallenden Verwalterhonorars geschätzt werden (Hinweis auf BGH v. 10.2.2012, V ZR 105/11, NJW 2012 S. 1884 Rn. 18). Bei der Bestellung eines neuen Verwalters könne die Schätzung hingegen an die auf die gesamte Vertragslaufzeit entfallende Verwaltervergütung anknüpfen. Das Interesse des klagenden Wohnungseigentümers sei schließlich nach seinem Anteil an der jeweils zugrunde zu legenden Verwaltervergütung zu bestimmen (Hinweis auf BGH v. 10.2.2012, V ZR 105/11, NJW 2012 S. 1884 Rn. 20).
  2. Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts seien beide Zielrichtungen des Klageantrags zu 3) (Abberufung des Verwalters und Bestellung eines neuen) zu berücksichtigen. Zwar werde die Auffassung vertreten, dass bei der Festsetzung des Gegenstandswertes im Fall einer Verbindung der Anträge nur von der noch zu zahlenden Verwaltervergütung für die Restlaufzeit des Verwaltervertrags auszugehen sei (Hinweis auf OLG München v. 25.8.2009, 32 W 2033/09, NJW-RR 2009 S. 1615 S. 1616). Diese Ansicht werde aber einer Konstellation nicht gerecht, in der – wie im Fall – eine bestimmte Person zu einem bestimmten Honorar und für eine bestimmte Laufzeit neu zum Verwalter bestellt werden solle. Das klägerische Interesse bestehe in einem solchen Fall nicht lediglich in der Abberufung des Verwalters, der notwendigerweise die Bestellung eines neuen Verwalters nachfolge. Vielmehr komme dem Antrag auf Bestellung der konkret benannten Person zu bestimmten Konditionen zum neuen Verwalter eigenständiges Gewicht zu. Dabei sei eine wirtschaftliche Betrachtung anzustellen und lediglich das die Abberufung überschießende Interesse an der Bestellung eines neuen Verwalters zu ermitteln. Bei einer Verbindung beider Anträge seien daher, wenn das jeweilige Interesse anhand der Vergütungsansprüche des Verwalters geschätzt werde, die Laufzeiten des Alt- und Neuvertrages derart zu berücksichtigen, dass bei sich überschneidenden Zeiträumen nur der jeweils höhere Honoraranspruch anzusetzen sei.
  3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ergebe sich für den Klageantrag zu 3) ein Gesamtbetrag von 2.563,85 EUR:

    • Für den Antrag auf Abberufung des Verwalters belaufe sich das Gesamtinteresse auf die Restlaufzeit des Verwaltervertrags von 11 Monaten, also auf 4.686,18 EUR. Da 50 % des Gesamtinteresses das 5-Fache des auf K entfallenden Anteils von 234,31 EUR – die Umlegung erfolge gleichmäßig auf die 20 Wohneinheiten – überstiegen, sei nach § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG ein Betrag von 1.171,55 EUR anzusetzen.
    • Bezüglich des Antrags auf Bestellung eines neuen Verwalters für einen Zeitraum von 2 Jahren sei die Restlaufzeit von 11 Monaten des bestehenden Verwaltervertrags dahingehend zu berücksichtigen, dass sie von der Gesamtlaufzeit des erstrebten neuen Verwaltervertrags in Abzug zu bringen sei. Ausgehend von den verbleibenden 13 Monaten belaufe sich das Gesamtinteresse der Parteien bei 20 Einheiten auf 5.569,20 EUR. K's Interesse bestehe in dem auf sie entfallenden Anteil von 278,46 EUR. Der 5-fache Wert des auf K entfallenden Anteils ergebe 1.392,30 EUR.

Klageantrag zu 1)

Ausgehend von den mit 4.000 EUR bezifferten Kosten, die da...

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