Leitsatz
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war die Streitwertbemessung in Ehesachen, insbesondere die Frage, inwieweit der Wert selbst genutzten Immobilienvermögens der Parteien streitwerterhöhend zu berücksichtigen ist.
Sachverhalt
Das AG hatte in seine Berechnung in Übereinstimmung mit dem ausdrücklichen Wortlaut des hier noch einschlägigen § 12 Abs. 2 S. 2 GKG a.F. zunächst die Einkommensverhältnisse der Parteien in der Weise einbezogen, dass es das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider i.H.v. 12.600,00 EUR eingesetzt hat. Hiervon hat es wegen der den Parteien für zwei unterhaltsberechtigte Kinder entstehenden Verpflichtungen pro Monat und Kind jeweils einen Pauschalbetrag von 250,00 EUR in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des OLG Dresden und der ganz herrschenden Auffassung in Schrifttum und Judikatur abgesetzt. Von dem Wert des unbelasteten Wohngrundstücks der Parteien i.H.v. 100.000,00 EUR hat es zunächst einen Ehegattenfreibetrag von 15.000,00 EUR und einen Kinderfreibetrag von 5.000,00 EUR abgezogen und den danach verbleibenden Restbetrag von 80.000,00 EUR mit 3 %, somit 2.400,00 EUR, in die Berechnung des Gegenstandswerts eingestellt. Auf diesem Wege gelangte das FamG zu einem Gesamtstreitwert für die Ehesache von 13.500,00 EUR.
Gegen den insoweit ergangenen Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Ehefrau Beschwerde eingelegt mit dem Ziel der Erhöhung des Streitwertes.
Sein Rechtsbehelf blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG hielt den von dem erstinstanzlichen Gericht festgesetzten Gegenstandswert für das Ehescheidungsverfahren i.H.v. insgesamt 13.500,00 EUR im Ergebnis für zu hoch. Unter Hinweis auf das nicht geltende Verbot der Schlechterstellung für Streitwertbeschwerden hat es die erstinstanzliche Entscheidung insgesamt überprüft und letztendlich einen niedrigeren Streitwert als das erstinstanzliche Gericht festgesetzt.
Dies unter Hinweis darauf, dass die Einbeziehung der Vermögensverhältnisse der Parteien bei der Bemessung des Streitwertes in Ehesachen sowohl methodisch als auch in den Einzelheiten des jeweiligen Rechenweges umstritten sei (vgl. etwa die Darstellung bei Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl. 1996, Rn. 1091 ff.).
Wenn - wie in dem zu entscheidenden Fall - das zu berücksichtigende Vermögen in einer Wohnimmobilie bestehe, solle nach einer hierzu verbreiteten Auffassung das in einem Zeitraum von drei Monaten ersparte Nutzungsentgelt für ein vergleichbares Mietobjekt in die Berechnung einfließen. Demgegenüber werde auch vertreten, es sei - wie bei anderen Vermögensobjekten auch - auf den Verkehrswert der Immobilie abzustellen, von dem allerdings nach Abzug von Freibeträgen nur ein prozentualer Anteil in Ansatz zu bringen sei. Die dabei in Erwägung gezogenen Freibeträge lägen pro Ehegatte zwischen 15.000,00 EUR und 60.000,00 EUR.
Die auf den verbleibenden Restbetrag anzuwendenden Prozentsätze würden unterschiedlich zwischen 2 % und 10 % angesetzt, wobei für ein selbst genutztes Einfamilienhaus der Parteien ein höherer Satz als 5 % nirgends vertreten werde. Jedenfalls kam das OLG zu dem Ergebnis, dass nach allen Berechnungsmethoden das AG den Gegenstandswert nicht zu niedrig, sondern im Ergebnis nicht unbeträchtlich zu hoch angesetzt habe.
Das OLG sprach sich für eine vermittelnde Lösung aus, wonach die vermögenssteuerlichen Freibeträge nur mit Abschlägen berücksichtigt werden. So habe das OLG Dresden in einem Beschluss vom 01.09.1999 (22 UF 309/99) pro Ehegatte einen Freibetrag von 60.000,00 DM und zusätzlich für jedes berücksichtigungsfähige Kind einen solchen von 20.000,00 DM abgezogen und das Restvermögen mit einem Betrag von 5 % in den Streitwert eingestellt. Nach diesen Maßstäben, die das OLG für sachgerecht hielt, hätten im vorliegenden Fall in den Streitwert unter dem Aspekt der Vermögensverhältnisse der Beteiligten zusätzlich 1.000,00 EUR statt der vom AG tatsächlich veranschlagten 2.400,00 EUR in den Streitwert einbezogen werden müssen. Insgesamt hätte dann der rechnerisch ermittelte Gesamtstreitwert des Ehescheidungsverfahrens bei 12.100,00 EUR gelegten.
Da das Verfahren keine tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufgewiesen habe und sein Umfang und die Intensität der darin eingeflossenen Sachbearbeitung weit unter dem Durchschnitt vergleichbarer Angelegenheiten gelegen hätte, sei ein Abschlag von zumindest 20 % von dem rechnerisch ermittelten Streitwert angemessen. Der danach verbleibende Wert von 9.680,00 EUR liege unter dem mit der Beschwerde angefochtenen Betrag, der angefochtene Beschluss sei daher abzuändern und der zutreffende niedrigere Gesamtwert festzusetzen.
Link zur Entscheidung
OLG Dresden, Beschluss vom 29.07.2005, 20 WF 0099/05