Leitsatz
Das AG hatte den Gesamtstreitwert für eine Ehesache auf 13.500,00 EUR festgesetzt. Hierbei hatte es nach § 12 Abs. 2 S. 2 GKG a.F. in die Streitwertbemessung zunächst die Einkommensverhältnisse der Parteien in der Weise einbezogen, dass es das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute angesetzt hat. Hiervon hat es wegen der den Parteien für zwei unterhaltsberechtigte Kinder entstehenden Verpflichtungen pro Monat und Kind jeweils einen Pauschalbetrag von 250,00 EUR, insgesamt mithin 1.500,00 EUR abgezogen. Die Vermögensverhältnisse der Parteien waren vom AG bei der Streitwertbemessung in der Weise berücksichtigt worden, dass das Gericht vom Wert des unbelasteten Wohngrundstücks der Parteien von 100.000,00 EUR einen Ehegattenfreibetrag von 15.000,00 EUR und einen Kinderfreibetrag von 5.000,00 EUR abgezogen und den danach verbleibenden Restbetrag mit 3 %, somit 2.400,00 EUR, in die Berechnung des Gegenstandswerts eingestellt hat. Gegen die Bemessung des Gesamtstreitwerts von 13.500,00 EUR legte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin Beschwerde ein und rügte vornehmlich die seines Erachtens unrichtige da zu niedrige Berücksichtigung des selbst genutzten Immobilienvermögens bei der Streitwertbemessung.
Seine Beschwerde führte nicht zu der von ihm gewünschten Erhöhung des Gesamtstreitwerts, sondern zu dessen Reduzierung auf insgesamt 9.680,00 EUR.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, das AG habe den Gegenstandswert des Scheidungsverfahrens mit dem angefochtenen Beschluss nicht zu niedrig, sondern im Ergebnis zu hoch angesetzt. Da für Streitwertbeschwerden das Verbot der Schlechterstellung nicht gelte (allg. Meinung, vgl. zuletzt Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl. 2004, § 25 GKG a.F. Rz. 73 m.w.N.) sei das OLG nicht auf die Zurückweisung der Beschwerde beschränkt, sondern habe die erstinstanzliche Entscheidung insgesamt zu überprüfen und den zutreffenden (niedrigeren) Streitwert festzusetzen.
Kern der Beanstandung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin sei die Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse der Parteien bei der Streitwertbemessung.
Die Einbeziehung der Vermögensverhältnisse sei sowohl methodisch als auch in den Einzelheiten des jeweiligen Rechenwegs umstritten (vgl. etwa die Darstellung bei Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl. 1996, Rz. 1091 ff.). Wenn - wie hier - das zu berücksichtigende Vermögen in einer Wohnimmobilie bestehe, solle nach verbreiteter Auffassung das in einem Zeitraum von drei Monaten ersparte Nutzungsentgelt für ein vergleichbares Mietobjekt in die Berechnung einfließen. Demgegenüber werde vertreten, es sei - wie bei anderen Vermögensobjekten auch - auf den Verkehrswert der Immobilie abzustellen, von dem allerdings nach Abzug von Freibeträgen nur ein niedrigerer prozentualer Anteil in Ansatz zu bringen sei. Die dabei in Erwägung gezogenen Freibeträge lägen je Ehegatten zwischen 15.000,00 EUR (s. Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl. 2003, § 606 ZPO Rz. 33) und - in Anlehnung an die zuletzt geltenden vermögenssteuerlichen Freibeträge - rund 60.000,00 EUR. Die auf den verbleibenden Restbetrag anzuwendenden Prozentsätze würden zwischen 2 % und maximal 10 % angesetzt, wobei für ein selbst genutztes Einfamilienhaus der Parteien ein höherer Satz als 5 % nirgends vertreten werde. Nach allen Berechnungsmethoden habe das AG im vorliegenden Fall den Gegenstandswert nicht zu niedrig bemessen, er sei im Ergebnis nicht unbeträchtlich zu hoch.
Das OLG befürwortete hinsichtlich der Einbeziehung der Vermögensverhältnisse der Parteien eine im Ansatz am Verkehrswert des Vermögens orientierte Lösung. Dabei werde - entgegen der mit der Beschwerde vertretenen Auffassung - eine Lösung, die auf die Zubilligung von Freibeträgen für Parteien gänzlich verzichte, nicht ernsthaft vertreten. Das OLG hielt eine vermittelnde Lösung für vorzugswürdig, welche die vermögenssteuerlichen Freibeträge nur mit Abschlägen berücksichtige. So habe das OLG Dresden in einem Beschluss vom 1.9.1999 (22 UF 309/99) pro Ehegatte einen Freibetrag von 60.000,00 DM, also rund 30.000,00 EUR, und zusätzlich für jedes berücksichtigungsfähige Kind einen Freibetrag von 20.000,00 DM, also rund 10.000,00 EUR, abgezogen und das Restvermögen mit einem Betrag von 5 % in den Streitwert eingestellt. Nach diesen auch noch heute sachgerecht erscheinenden Maßstäben hätten in den Streitwert unter dem Aspekt der Vermögensverhältnisse der Beteiligten zusätzlich 1.000,00 EUR (100.000 EUR./.2 × 30.000 EUR./. 2 × 10.000 EUR = 20.000 EUR × 5 %) einbezogen werden müssen. Insgesamt läge der rechnerisch ermittelte Gesamtstreitwert des Eheverfahrens damit bei 12.100,00 EUR.
Auch Umfang und Bedeutung der Sache sei in die Streitwertbestimmung einzustellen. Im vorliegenden Fall umfasse die Antragsschrift des Beschwerdeführers gerade zwei Seiten, die Antragserwiderung sei noch kürzer. Beide Schriftsätze beschränkten sich, da zwischen den Parteien in allen Punkte Einvernehmen be...