Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§§ 823ff. BGB
Kommentar
1. Wird die Fußwegreinigung in einer Wohnungseigentumsanlage auf einen Dritten übertragen, so kann dieser unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten auch Wohnungseigentümern gegenüber haftbar sein.
Ein Eigentümer war aufgrund behaupteter nicht ordnungsgemäßer Reinigung des gemeinschaftlichen Hauszuweges auf fauligem Laub gestürzt und hatte sich eine Knieverletzung zugezogen; er forderte Schmerzensgeld unter Anrechnung eines 30 %igen Mitverschuldensanteils von der beklagten Reinigungsperson.
Der BGH bejahte dem Grunde nach eine Haftung der Reinigungsperson aus Gründen verletzter Verkehrssicherungspflicht. In diese ursprünglich den Eigentümern selbst obliegende Verkehrssicherungspflicht ist die beauftragte Person mit der Folge eingetreten, dass sie insoweit selbstverkehrssicherungspflichtig wurde (Delegierung von Verkehrssicherungspflichten), wobei sich die Pflicht der ursprünglich allein verantwortlichen Eigentümer dann auf Kontroll- und Überwachungspflichten reduziert.
Die pflichtige Reinigungsperson ist hier auch nicht nur gegenüber Dritten (Passanten, Besuchern, Mietern), sondern auch gegenüberEigentümern selbst verantwortlich und ggf. für Schäden einstandspflichtig. Gleiches gilt z. B. auch für Bauunternehmer oder Architekten - was die übernommene Verantwortung für die Sicherheit einer Baustelle betrifft -, die wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten auch gegenüber einem Bauherrn selbst schadenersatzpflichtig sein können. Ein in die Verkehrssicherungspflicht Eintretender übernimmt faktisch die Aufgabe der Verkehrssicherung und hat in dem betreffenden Gefahrenbereich Schutzvorkehrungen zu treffen; hierauf können sich auch Wohnungseigentümer verlassen. Der Beauftragte ist dann für den Gefahrenbereich nach allgemeinen Grundsätzen des Rechts der unerlaubten Handlung verantwortlich. Die Verkehrssicherungspflicht beim Beauftragten hat sich insoweit rechtlich verselbstständigt; sie bestimmt sich allein danach, was objektiv erforderlich ist, um mit der Gefahrenquelle in Berührung kommende Personen vor Schaden zu bewahren. Diese verselbstständigte Verkehrssicherungspflicht mit entsprechender Haftungsfolge gilt auch gegenüber Wohnungseigentümern.
2. Zu weiterer Tatsachenaufklärung hinsichtlich einer schuldhaften Pflichtverletzung der Reinigungsperson und auch zur Frage eigenen Mitverschuldens des Eigentümers (Verhalten zum Unfallzeitpunkt, möglicherweise nicht hinreichende Überwachung der Reinigungsperson und versäumte Mitteilung an die Verwaltung) wurde der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückgewiesen.
Link zur Entscheidung
( BGH, Urteil vom 17.01.1989, VI ZR 186/88)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer