Dr. Benjamin Krenberger, Detlef Burhoff
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Bei Trunkenheitsfahrten, die nicht nach den §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, 316 StGB strafbar sind, greift § 24a Abs. 1 StVG als Auffangtatbestand ein. |
2. |
Folge ist das gesetzliche Regelfahrverbot in § 25 Abs. 1 S. 2 StVG i.V.m. § 4 Abs. 3 BKatV. |
3. |
Die tatbestandsbezogene Indizwirkung kann wegen der besonderen Gefährlichkeit von Trunkenheitsfahrten nur in seltenen Ausnahmefällen widerlegt werden, etwa bei Fahrten über wenige Meter zur Nachtzeit ohne nennenswerte Verkehrsberührung. |
Rdn 3525
Literaturhinweise:
Deutscher, Das bußgeldrechtliche Fahrverbot bei Trunkenheits- und Drogenfahrten, VRR 2009, 248
Krumm, OWi-Fahrverbot im Strafprozess?, NZV 2012, 210
s. die Hinw. bei → Fahrverbot, Allgemeines, Rdn 1493
→ Fahrverbot, Rechtsgrundlagen, Rdn 1719.
Rdn 3526
1. Führt jemand alkoholisiert ein Kfz im Straßenverkehr, kommt in erster Linie eine Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) oder Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB) in Betracht. Hierfür muss entweder eine BAK von mindestens 1,1 ‰ (absolute Fahruntüchtigkeit) vorliegen oder bei einer geringeren Alkoholisierung eine alkoholbedingte Ausfallerscheinung (relative Fahruntüchtigkeit). Fehlt es daran, kommt § 24a Abs. 1 StVG als Auffangtatbestand zum Tragen (→ Trunkenheitsfahrt, Allgemeines, Rdn 3518 m.w.N.).
☆ Um gegen unliebsame Überraschungen gewappnet zu sein, muss der Verteidiger den Mandanten befragen und ggf. diesbezügliche Beweisanträge vorbereiten, falls sich aus der Bußgeldakte Anhaltspunkte für eine relative Fahruntüchtigkeit ergeben. Dann muss mit einem Übergang zum Strafverfahren nach § 81 Abs. 1 gerechnet werden (→ Übergang vom Bußgeld- zum Strafverfahren , Rdn 3651 ). Taucht diese Möglichkeit erstmalig in der HV – etwa nach der Vernehmung von Zeugen – auf, muss i.d.R. ein Antrag auf Unterbrechung gem. § 81 Abs. 2 S. 2 gestellt werden, um sich auf die neue Sachlage einrichten zu können. Es stellt sich dann immer auch die Frage, ob der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid nicht ggf. zurückgenommen werden soll.relative Fahruntüchtigkeit ergeben. Dann muss mit einem Übergang zum Strafverfahren nach § 81 Abs. 1 gerechnet werden (→ Übergang vom Bußgeld- zum Strafverfahren, Rdn 3651). Taucht diese Möglichkeit erstmalig in der HV – etwa nach der Vernehmung von Zeugen – auf, muss i.d.R. ein Antrag auf Unterbrechung gem. § 81 Abs. 2 S. 2 gestellt werden, um sich auf die neue Sachlage einrichten zu können. Es stellt sich dann immer auch die Frage, ob der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid nicht ggf. zurückgenommen werden soll.
Rdn 3527
Neben einer Geldbuße bis zu 3.000,00 EUR ist in den Fällen des § 24a StVG nach § 25 Abs. 1 S. 2 StVG i.d.R. auch ein Fahrverbot anzuordnen. Nach § 4 Abs. 3 BKatV i.V.m. Nr. 241–241.2 BKat ist ein Fahrverbot von 1 Monat beim Ersttäter vorgesehen und von 3 Monaten beim Wiederholungstäter mit einer oder mehreren verwertbaren Voreintragungen nach dieser Norm oder den eingangs genannten Strafvorschriften. Die Vorahndung muss schon im Tatzeitpunkt und nicht erst im Zeitpunkt der späteren bußgeldrechtlichen Ahndung im Fahreignungsregister eingetragen gewesen sein (OLG Bamberg, Beschl. v. 25.2.2016 – 2 Ss OWi 129/16, zfs 2016, 469; Beschl. v. 8.8.2017 – 3 Ss OWi 958/17, DAR 2018, 92). Die Voreintragungen müssen im Urteil mitgeteilt werden (KG, Beschl. v. 23.4.2021 – 3 Ws (B) 87/21 – 122 Ss 43/21, zfs 2021, 589). Eine zusätzliche Erhöhung der Regelbuße wegen der Vorbelastung scheidet aufgrund des Doppelverwertungsverbotes nach § 46 Abs. 3 StGB aus (KG, Beschl. v. 16.2.2022 – 3 Ws (B) 24/22 – 162 Ss 14/22).
☆ Auf dieses Fahrverbot als Nebenfolge kann auch erkannt werden, wenn die Trunkenheitsfahrt nach § 24a StVG tateinheitlich mit einer Straftat begangen wird und daher gem. § 21 Abs. 1 S. 1 nur das Strafgesetz angewendet wird (§ 21 Abs. 1 S. 2; dazu BGH NZV 2012, 250 m. Anm. Krumm NZV 2012, 210 = VRR 2011, 308 m. Anm. Deutscher [für die Drogenfahrt]; zur Subsidiarität vgl. OLG Düsseldorf NStZ-RR 2008, 51 = StRR 2008, 36). Angesichts der strafrechtlichen Möglichkeiten nach §§ 44, 69, 69a StGB kann dies aber nur bei nichtverkehrsbezogenen Straftaten von praktischer Bedeutung sein.tateinheitlich mit einer Straftat begangen wird und daher gem. § 21 Abs. 1 S. 1 nur das Strafgesetz angewendet wird (§ 21 Abs. 1 S. 2; dazu BGH NZV 2012, 250 m. Anm. Krumm NZV 2012, 210 = VRR 2011, 308 m. Anm. Deutscher [für die Drogenfahrt]; zur Subsidiarität vgl. OLG Düsseldorf NStZ-RR 2008, 51 = StRR 2008, 36). Angesichts der strafrechtlichen Möglichkeiten nach §§ 44, 69, 69a StGB kann dies aber nur bei nichtverkehrsbezogenen Straftaten von praktischer Bedeutung sein.
Rdn 3528
2. § 25 Abs. 1 S. 2 StVG normiert ein gesetzliches Regelfahrverbot. Das Vorliegen einer Trunkenheitsfahrt nach § 24a Abs. 1 StVG begründet die gesetzliche Indizwirkung auf der Tatbestandsebene, dass diesem Verhalten diejenige gesteigerte abstrakte Gefährdung anderer Personen und Sachen innewohnt, wie sie typisch für Fahrten unter Alkoh...