Leitsatz
a) Der Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs. 2 BBodSchG setzt grundsätzlich keine behördliche Inanspruchnahme des Anspruchstellers voraus.
b) Der Anspruch aus § 24 Abs. 2 BBodSchG unterliegt nicht der kurzen Verjährung nach § 548 BGB.
(amtliche Leitsätze des Gerichts)
Normenkette
BBodSchG §§ 9, 24; BGB § 548
Kommentar
Zwischen den Parteien bestand in der Zeit vom 15.6.1958 bis 1.12.1988 ein Mietvertrag über ein Grundstück zum Betrieb einer Tankstelle. Die Tankstelleneinrichtung wurde vom Mieter gestellt; sie war nicht Gegenstand des Mietvertrags.
Im August 2003 – also 15 Jahre nach Beendigung des Pachtvertrags – teilte die Umweltbehörde dem Grundstückseigentümer (und ehemaligem Vermieter) mit, auf dem Grundstück sei im Rahmen einer "orientierenden Untersuchung" eine Kontamination mit Kraftstoff und eine Benzolbelastung des Grundwassers festgestellt worden. Die Behörde hat dem Eigentümer mitgeteilt, sie beabsichtige, ihn zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zu verpflichten. Daraufhin hat der Eigentümer einen Sachverständigen mit der Untersuchung des Bodens und der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Durch das Gutachten wurde die Vermutung der Behörde bestätigt.
Der Grundstückseigentümer hat die durch das Gutachten entstandenen Kosten von ca. 3.500 EUR bezahlt und den ehemaligen Mieter auf Erstattung dieser Kosten in Anspruch genommen. Der ehemalige Mieter hat Widerklage erhoben und Feststellung beantragt, dass dem Grundstückseigentümer "keine Ansprüche aus dem Mietvertrag ..., insbesondere nach §§ 24 Abs. 2 BBodSchG, 22 WHG zustehen".
Die Klage des Vermieters hatte Erfolg; die Widerklage wurde abgewiesen.
1. Nach § 9 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz – BBodSchG) vom 17.3.1998 kann die Behörde vom Grundstückseigentümer oder vom Mieter des Grundstücks die Untersuchung des Bodens durch einen Sachverständigen verlangen, wenn Anhaltspunkte für eine schädliche Bodenveränderung oder Altlasten vorliegen. Wird der Grundstückseigentümer in Anspruch genommen, so hat er die Kosten des Gutachtens zu tragen (§ 24 Abs. 1 BBodSchG). Jedoch ist in § 24 Abs. 2 BBodSchG bestimmt, dass dem Grundstückseigentümer ein Ausgleichsanspruch gegen den Mieter des Grundstücks zusteht, wenn die Verunreinigung durch eine vertragswidrige Nutzung des Grundstücks verursacht worden ist.
Dies wird vom BGH bejaht: Der Mieter sei verpflichtet gewesen, das Grundstück mit einer mangelfreien Tankstelleneinrichtung zu versehen und die Tankstelle so zu betreiben, dass für den Vermieter kein Schaden entsteht. Diese Verpflichtung habe der Mieter verletzt, weshalb er für die Kosten des Gutachtens aufzukommen habe.
2. In der Literatur ist streitig, ob § 24 Abs. 2 BBodSchG auch dann gilt, wenn der Grundstückseigentümer nicht aufgrund einer behördlichen Verfügung, sondern aus eigenem Antrieb tätig wird (verneinend: Knoche, NVwZ 1999, 1198, 1199; bejahend: Moeser/Wilrich, NZM 2002, 552). Der BGH hat diese Frage offengelassen. Jedenfalls reicht es aus, wenn die Behörde in Aussicht stellt, dass sie eine Verpflichtungsverfügung erlassen wolle (Leitsatz a).
3. In § 24 Abs. 2 S. 3 BBodSchG ist geregelt, dass der Ausgleichsanspruch in drei Jahren verjährt. Die Verjährung beginnt in Fällen der vorliegenden Art nach Vorliegen des Gutachtens. Die kurze Verjährung des § 548 BGB gilt nicht. Allerdings ist diese Verjährungsregelung erst durch Gesetz vom 9.12.2004 (BGBl I, 3214) mit Wirkung vom 15.12.2004 geschaffen worden. Vorliegend wurde das Gutachten bereits im Jahr 2003 erstattet. In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde überwiegend die Ansicht vertreten, dass für Maßnahmen vor dem 15.12.2004 die Regelung des § 548 BGB gilt (LG Hamburg, ZMR 2001, 196; LG Frankenthal, NJW-RR 2002, 1090).
Der BGH teilt diese Ansicht nicht: Die kurze Verjährungsfrist des § 548 BGB gilt nur für solche Ansprüche, die den Mieter verpflichten, die am Mietobjekt verursachten Schäden auszugleichen. Die Vorschrift des § 24 Abs. 2 BBodSchG regelt jedoch nicht den Schadensersatzanspruch des Vermieters bei Schädigung durch den Mieter, sondern den Ausgleichsanspruch zwischen mehreren "Verpflichteten" im Sinne des BBodSchG (Leitsatz b).
1. Nach dem Widerklageantrag sollte festgestellt werden, dass dem Vermieter "keine Ansprüche aus dem Mietvertrag ..., insbesondere nach §§ 24 Abs. 2 BBodSchG, 22 WHG zustehen". Da der Vermieter einen Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten hatte, war die Widerklage abzuweisen. Die Frage, ob der Vermieter den Mieter nach dem Mietvertrag auf Beseitigung der Bodenverunreinigung in Anspruch nehmen kann, war nicht Gegenstand der Entscheidung.
2. Wird ein Grundstück mit einer Tankstelleneinrichtung vermietet oder verpachtet, so gelten folgende Grundsätze (vgl. BGH, Urteil v. 10.7.2002, XII ZR 107/99):
a) Nach Beendigung der Mietzeit ist der Mieter verpflichtet, das Mietobjekt in dem Zustand zurückzugeben, in dem es sich im Zeitpunkt der Überlassung befunden ...