Zusammenfassung
Teamrecruiting ist eine relativ neue Form, sich um Kandidaten und Mitarbeiter zu bemühen. Je nach Reifegrad des Teams, werden die künftigen Kollegen nicht nur mit in den Auswahlprozess einbezogen, sondern übernehmen weitgehend den gesamten Recruitingprozess mit suchen, auswählen und einarbeiten mit Unterstützung von HR. Teamrecruiting unterscheidet sich daher von traditionellen Recruiting-Ansätzen vor allem dadurch, dass nicht nur HR und die Führungskraft, sondern auch das suchende Team in den Recruiting-Prozess eingebunden wird und somit die Verantwortung für die Neueinstellung mitträgt. Die Art der Einbindung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Unterschieden wird zum einen, in welchem Prozessschritt des Recruitings die Einbeziehung erfolgt und zum anderen, mit wie viel Entscheidungsbefugnis das Recruitingteam ausgestattet wird.
1 Mögliche Prozessschritte zur Einbindung des Teams
1.1 Anforderungsanalyse
Die Anforderungsanalyse bildet die Basis eines jeden Recruiting Vorhabens. Bei dem traditionellen Vorgehen wird ein Anforderungsprofil von Führungskraft und HR erstellt. Die fachlichen Anforderungen als auch die Kompetenzen, die noch benötigt werden, um in der neuen Position erfolgreich zu sein, können oftmals durch die Führungskraft nicht allein festgelegt werden. Durch ihre Führungstätigkeit entfernen sie sich zunehmend vom operativen Tagesgeschäft. Die Einbindung des Teams kann daher helfen, den Blick der Führungskraft auf die Kompetenzen zu schärfen, die über die fachlichen Skills hinaus wichtig sind und das Team voran bringen. Ein auf diese Art entstandenes Anforderungsprofil charakterisiert i.d.R. sehr treffend die zu besetzende Stelle und bietet so einen idealen Startpunkt für die Suche nach einem neuen Teamkollegen.
1.2 Auswahlprozess
Auch im Auswahlprozess kann das Team unterstützen. Weit verbreitet ist die Einbindung der Kollegen zur Prüfung des Teamfit oder Social Fit. In diesen Fällen findet im Anschluss an das Vorstellungsgespräch eine weitere Gesprächsrunde mit dem suchenden Team statt. Während im ersten Gespräch oftmals der Fokus auf die fachlichen Skills gerichtet ist, werden im Teamfit-Interview die Werte und Soft Skills des Kandidaten mit denen des Teams und des Unternehmens abgeglichen. Die Einbindung der Mitarbeiter an dieser Stelle liegt nahe, denn es ist das suchende Team, das zukünftig eng mit dem Kandidaten zusammenarbeiten wird. Die Rückmeldung des Teams kann sich von "der Kandidat passt in das Team" bis hin zu einer differenzierten Einschätzung auf Basis des erstellten Anforderungsprofils erstrecken. Es ist notwendig, das neue Recruitingteam hinsichtlich der grundlegenden Kenntnisse in Fragetechniken zu schulen und ein Bewusstsein für Beobachtungs- und Beurteilungsfehler zu schaffen. Somit ist das geschulte Recruitingteam in der Lage, auch über das Teamfit-Interview hinaus in den Auswahlprozess eingebunden zu werden. Beispielsweise können erfahrene Teammitglieder Erstgespräche übernehmen und im Anschluss die geeignetsten Kandidaten für das zweite Vorstellungsgespräch mit der Führungskraft empfehlen.
1.3 Onboarding
In einem Teamrecruiting-Prozess begegnen sich neuer Mitarbeiter und zukünftiges Team bereits im Vorstellungsgespräch. Schon zu diesem Zeitpunkt erfolgt die gedankliche Integration des Kandidaten in das Team, sowohl in den Köpfen des Teams als auch beim Kandidaten. Das Onboarding und damit die Bindung des Kandidaten an das Unternehmen kann so zu einem frühen Zeitpunkt beginnen und wird durch das frühe Kennenlernen der Teamkollegen intensiviert. Die Qualität des Onboardings verbessert sich, weil das zukünftige Team in den Auswahlprozess integriert wurde und so die getroffene Einstellungsentscheidung mitträgt. Das Recruitingteam kann darüber hinaus die Einarbeitung des neuen Mitarbeiters begleiten und zeitgleich Feedbackgespräche zur Passung der getroffenen Einstellung mit dem neuen Mitarbeiter und allen anderen Beteiligten führen, um so die eigene Recruiting-Kompetenz im Team zu reflektieren und weiterzuentwickeln.
2 Verantwortlichkeiten klären
Durch die Etablierung eines Recruitingteams kann Verantwortung für das Recruiting von der Führungskraft auf die Mitarbeiter des wachsenden Teams übertragen werden. Abhängig vom Reifegrad des Teams, stellt es doch für Führungskraft und Team einen Prozess dar, in dem die Führungskraft lernt, loszulassen und ihrem Team zu vertrauen, und für das Team zu lernen, Verantwortung zu übernehmen. Ein schrittweises Vorgehen hat sich hier bewährt. Beginnend mit der Aussprache einer Empfehlung können sich Recruitingteam und Führungskraft in Richtung Mitbestimmungsrecht oder gar ein Vetorecht des Teams bewegen. Wichtig ist, zu Beginn des Recruiting-Prozesses die Verantwortlichkeiten zu klären und den Rahmen der Mitbestimmung abzustecken.
3 Vorteile entdecken
Durch die Einbindung des Teams in den Recruiting-Prozess ergeben sich verschiedene Vorteile:
- Das Recruiting wird auf mehrere Schultern verteilt, der Terminkalender der Führungskraft ist nicht mehr das Nadelöhr für die Terminfindung bei Vorstellungsgesprächen.
- Das Team weiß, welche Kompetenzen für die zu besetzende Stelle wirklich nötigt sind. Es...