Gerade die Beurteilung des oftmals nur im Wege der Auslegung festzustellenden Inhalts solcher Regelungen stellt den Verwalter vor besondere Herausforderungen. Dabei steht es den Wohnungseigentümern mangels Beschlusskompetenz auch nicht zu, durch mehrheitliche Entscheidung die Auslegung zweideutiger Vereinbarungen verbindlich festzulegen.[1] Dem Verwalter ist in Zweifelsfällen dringend anzuraten, den Wohnungseigentümern die Inanspruchnahme fachanwaltlichen Rats zu empfehlen oder (notfalls) durch gerichtliche Entscheidung eines Präzedenzfalls eine verbindliche Klärung herbeizuführen. Der BGH bejaht sogar ein Recht eines Wohnungseigentümers auf eine Anweisung, wie bei umstrittener Rechtslage künftig zu verfahren sei.[2]
Die GdWE ist berechtigt, durch Mehrheitsbeschluss zu entscheiden, welche Auffassung für die künftige Verwaltungspraxis maßgeblich sein soll. Der Verwalter muss dabei zunächst die für die konkrete Verwaltung erheblichen Rechtsfragen erkennen, die höchstrichterlich noch nicht geklärt sind, damit er die erforderliche Weisung durch Eigentümerbeschluss herbeiführen kann. Dieser Weisungsbeschluss kann durch eine Beschlussmängelklage angefochten werden, die dann bei Verbindung mit einer Zwischenfeststellungsklage zu einer rechtskräftigen und damit endgültigen Klärung der Streitfrage führt. Solange eine Weisung fehlt, verletzt der Verwalter seine Pflichten nur dann, wenn er zu der Rechtsfrage eine unvertretbare Position einnimmt oder eine (neue) höchstrichterliche Rechtsprechung unbeachtet lässt, nicht aber dann, wenn später eine abweichende Beurteilung durch die Rechtsprechung erfolgt.[3]
Die Hürden für den einzelnen Wohnungseigentümer oder die Minderheit sind höher: Ein auf § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gestützter Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Anpassung der Kostenverteilung für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten ist nur dann gegeben, wenn zugleich die in § 10 Abs. 2 WEG genannten Voraussetzungen vorliegen.
Von gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen der Wohnungseigentümer in einer Gemeinschaftsordnung müssen eindeutig gefasst sein[4], anderenfalls ändern sie die gesetzlichen Regelungen nicht wirksam ab.[5]
Unterscheidet die Gemeinschaftsordnung zwischen Instandhaltung und Instandsetzung – nach WEMoG einheitlich "Erhaltung" – und lässt sich eine eindeutige Kostenzuordnung auch für Instandsetzungsmaßnahmen nicht feststellen, tragen alle Eigentümer die Kosten.[6] Unklare oder lückenhafte Vereinbarungen sind jedoch der Auslegung zugänglich.[7] Auslegungsmaßstab ist dabei unter Außerachtlassung subjektiver Wertungsumstände der Wortlaut der Bestimmung, und zwar so, wie sich dessen Sinn und Zweck für einen unbefangenen Dritten darstellt.[8]
OLG Köln, Beschluss v. 16.11.2001, 16 Wx 221/01, ZMR 2002, 779 = OLGReport Köln 2002 S. 91: Regelungen in der Gemeinschaftsordnung, die die Kosten, Lasten und Nutzungen des Gemeinschaftseigentums abweichend von § 16 Abs 2 WEG verteilen, müssen eindeutig und klar sein. Verbleiben Zweifel, ist nach der gesetzlichen Regelung zu verfahren;
LG Hamburg, Urteil v. 19.6.2013, 318 S 101/12, ZMR 2013, 829 = ZWE 2014 S. 29: Die Übertragung der Instandsetzungslast durch Teilungserklärung/Vereinbarung muss klar und eindeutig sein; sonst bleibt es bei der gesetzlichen Zuständigkeit.
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