Rüdiger Fritsch, Dr. Olaf Riecke
Das Gesetz enthält jetzt hinsichtlich der Kosten für bauliche Maßnahmen im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer eine Neuregelung in § 21 WEG. Wird sofort und nur über die von keinem Wohnungseigentümer "verlangte" (§§ 20 Abs. 2, 21 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. WEG) – über reine Erhaltungsmaßnahmen hinausgehende – bauliche Veränderung positiv mit einfacher Mehrheit abgestimmt, so tragen nach § 21 Abs. 3 WEG anteilig nur die zustimmenden Wohnungseigentümer auch die Kosten (intern nach MEA).
Zwei Ausnahmen regelt § 21 Abs. 2 WEG:
- Erreichen der doppelt-qualifizierten Mehrheit bei nicht unverhältnismäßigen Kosten oder
- Amortisation in angemessenem Zeitraum.
Ansonsten gilt: Gegen den Beschluss stimmende Wohnungseigentümer, sich der Stimme Enthaltende und Abwesende sind nach dem Gesetz von der Kostenlast befreit.
Gem. § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG sind die Wohnungseigentümer allerdings befugt, zu beschlossenen baulichen Maßnahmen jetzt auch generell und nicht nur im Einzelfall eine abweichende Regelung der Kostenverteilung der jeweiligen Maßnahme mit einfacher Mehrheit zu beschließen.
4.6.1 Doppelt qualifizierter Mehrheitsbeschluss
Das Erreichen der doppelt-qualifizierten Mehrheit des § 21 Abs. 2 Nr. 1 WEG bei nicht unverhältnismäßigen Kosten führt kraft Gesetzes zur Kostentragung aller Wohnungseigentümer.
Kopfprinzip oder abweichende Vereinbarung
Die Anzahl der Stimmen für eine bauliche Veränderung ist gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG zwar nach dem gesetzlichen Kopfprinzip zu berechnen, aber nach ganz h. M. nur sofern die Wohnungseigentümer nichts Abweichendes/Anderes vereinbart haben.
"Mehr als" oder "mindestens" die Hälfte aller Miteigentumsanteile?
Zum Teil wird gefordert, dass "mehr als" die Hälfte aller Miteigentumsanteile dafür gestimmt haben müssen. Der Regelung liege der Gedanke zugrunde, dass eine bauliche Veränderung, die von einem so großen Teil der Wohnungseigentümer befürwortet wird, typischerweise sinnvoll und angemessen ist und deshalb von allen Wohnungseigentümern bezahlt werden sollte.
Die Gegenansicht lässt es genügen, wenn die dem Beschluss zustimmenden Wohnungseigentümer "mindestens" die Hälfte sämtlicher Miteigentumsanteile i. S. v. § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG repräsentieren. Dies soll Missbräuche jedenfalls auch erschweren.
Die Gesetzesbegründung ("so großer Teil der Wohnungseigentümer") ist fragwürdig, da das Gesetz nur auf die abgegebenen Stimmen abhebt, was den Demokratiegedanken entkräftet und angesichts der Beschlussfähigkeit (nahezu) jeder Versammlung im Extremfall sogar zur Entscheidungsmacht eines einzelnen Eigentümers führen kann.
Schon die Historie der bisherigen doppelt-qualifizierten Mehrheiten (§§ 16 Abs. 4 und § 22 Abs. 2 WEG a. F.) zeigt, dass "mehr als" sich immer nur auf einen (!) Parameter bezog. Der Gesetzgeber hatte nämlich schon 2007 die Kleinanlage im Blick. Bei "mehr als 50 % der MEA" hätte dies auch heute nur Bedeutung z. B. für die 4-Einheiten-Anlage, wenn die überstimmte Minderheit von 1 Kopf = 25 % genau 50 % der MEA hält.
Als eine vermeidbare gesetzgeberische Fehlleistung ist die Formulierung in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG n. F. jedenfalls schon zu sehen: es fehlt ein zweites "mehr als" oder ein klares "mindestens". Wörtlich genommen müssten exakt 50 % der MEA so abstimmen, was gar nicht angeht.
Wohnungseigentümer mit mehreren Einheiten
Praxisrelevanz ist zu bejahen bei Wohnungseigentümern, denen mehrere Einheiten gehören (Mehrfacheigentümer), speziell bei einem Mehrheitseigentümer und dort wiederum ganz besonders, wenn dieser über mindestens 50 % der Miteigentumsanteile verfügt. Dann hängt das Erreichen des Quorums stets allein von ihm ab, freilich mit der Folge, dass bei seiner Ja-Stimme alle, also auch er mit sämtlichen seiner Einheiten, die Kosten tragen müssen.
Sonderfall: Beim vereinbarten Stimmrecht nach Einheiten könnte der Mehrheitseigentümer seine Stimmen auch unterschiedlich abgeben!
Derartige Verhältnisse bestehen immer in der Gründungsphase von Wohnungseigentum bei Teilung durch einen Bauträger, in der freilich kostspielige bauliche Maßnahmen im Normalfall nicht anfallen.
Unverhältnismäßige Kosten
§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 letzter Halbsatz WEG lautet: "es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden". Dies bedeutet, dass diese Einschränkung ohne Anfechtungsklage vom Sondereigentümer immer noch geltend gemacht werden kann, nachdem der Beschluss über die (bloße) bauliche Veränderung selbst bestandskräftig ist.
Die Beschlusskompetenz unterliegt keinen weiteren Schranken.
4.6.2 Generelle Regelungskompetenz
Es ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG jetzt nicht nur eine Regelung im konkreten Einzelfall getroffen werden kan...