Christof K. Letzgus, Dr. Ronald Gebhardt
Nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. aa EStG unterliegt ein Veräußerungsgewinn aus im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an einer inländischen Kapitalgesellschaft, an der der (nicht unbeschränkt) Steuerpflichtige in den letzten fünf Jahren zu irgendeinem Zeitpunkt unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war, der beschränkten Steuerpflicht. Soweit die Anteile in einem ausländischen Betriebsvermögen gehalten werden, verhindert dies bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen die beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 2 EStG (sog. isolierende Betrachtungsweise) nicht.
Nach § 17 Abs. 5 Satz 1 EStG führt der Ausschluss oder die Beschränkung des inländischen Besteuerungsrechts hinsichtlich eines Veräußerungsgewinns aus einer derartigen Beteiligung zu einer fiktiven Veräußerung der Beteiligung zum gemeinen Wert, wenn diese "Entstrickung" durch die Verlegung des Sitzes oder der Geschäftsleitung der Kapitalgesellschaft in einen anderen Staat ausgelöst wird. Derartige Fälle sind insbesondere aufgrund einer Tie-Breaker-Regelung in einem anwendbaren DBA, wie z. B. Art. 4 Abs. 3 DBA-UK, denkbar.
Allerdings sieht § 17 Abs. 5 Satz 2 EStG nur für die Sitzverlegung – nicht für die Verlegung der Geschäftsleitung – dann eine Ausnahme vor, wenn diese in einen anderen EU-Staat erfolgt. Inwieweit die Beschränkung des § 17 Abs. 5 Satz 2 EStG auf Fälle der Sitzverlegung EU-rechtlich tragfähig ist und nicht gerade die Verlegung der tatsächlichen Geschäftsleitung als Ausdruck der Ausübung der Niederlassungsfreiheit schutzwürdig wäre, kann an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden, da der Brexit selbst hier u. E. keine Auswirkungen haben sollte.
Die Unterscheidung zwischen EU- und Nicht-EU-Staaten in Satz 2 dürfte nämlich – ähnlich wie im Outbound-Fall bei einem im Inland ansässigen Gesellschafter, der die Anteile i. S. v. § 17 EStG im Privatvermögen hält (s. dazu Abschnitt 2, Outbound) – auch bei einem im VK ansässigen Gesellschafter i. d. R. zu keiner Änderung der Beurteilung im Hinblick auf das inländische Besteuerungsrecht führen.
Im Regelfall wird das beschränkte Besteuerungsrecht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. aa EStG bei einem im VK ansässigen Gesellschafter nämlich bereits über Art. 13 Abs. 5 DBA-UK verdrängt, denn diese Vorschrift weist Großbritannien ein ausschließliches Besteuerungsrecht für diese Veräußerungsfälle zu. Daran ändert auch eine Sitzverlegung aus Deutschland nach Großbritannien nichts.
Gleiches gilt bei der Verlegung der tatsächlichen Geschäftsleitung aus Deutschland nach Großbritannien. In diesem Fall liegt abkommensrechtlich eine nur im VK ansässige Gesellschaft vor (Art. 4 Abs. 3 DBA-UK). Die Gesellschaft bleibt zwar nach nationalem Recht in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Das Besteuerungsrecht für einen Anteilsveräußerungsgewinn gem. Art. 13 Abs. 5 DBA-UK liegt jedoch ausschließlich im VK.
Davon abweichend sieht Art. 13 Abs. 2 DBA-UK für die Besteuerung eines Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, deren Aktivvermögen überwiegend aus inländischem Grundvermögen besteht ("Grundstücksgesellschaft"), ein – konkurrierendes – Besteuerungsrecht im (inländischen) Belegenheitsstaat vor, das gem. Art. 23 DBA-UK betreffend die Vermeidung der Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat (Großbritannien) auch nicht beschränkt wird. Dieses inländische Besteuerungsrecht besteht unabhängig davon, in welchem Land die Grundstücksgesellschaft ansässig ist, deren Anteile durch den im VK ansässigen Steuerpflichtigen veräußert werden.