Rz. 54
Darlegungslast bedeutet im Prozess die Verpflichtung, dass jede Partei sämtliche Tatbestandsmerkmale einer für sie günstigen Rechtsnorm behaupten muss.
Schlüssig- und Erheblichkeit des Sachvortrags
Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klaganspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten, die den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, ist nicht erforderlich, soweit diese Einzelheiten für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (BGH, Beschluss v. 27.04.2022, XII ZR 37/21, GE 2022, 734; BGH, Beschluss v. 18.12.2019, XII ZR 67/19, GE 2020, 465; BGH, Beschluss v. 18.12.2019, XII ZR 67/19, GE 2020, 465). Betrifft ein im Ansatzpunkt erfolgversprechender Parteivortrag fachspezifische Fragen und ist besondere Sachkunde gefragt, dürfen an den die Klage begründenden Sachvortrag der Partei nur maßvolle Anforderungen gestellt werden; die Partei darf sich insoweit auf ihre – hier: privatgutachtlich unterlegte – Vermutung stützen, zumal sie zur Ermittlung von ihr unbekannten Umständen im Zivilprozess grundsätzlich nicht verpflichtet ist (BGH, Beschluss. v. 22.3.2023, V ZR 128/22, NZM 2023, 510).
Zu den vorzutragenden Tatsachen gehören auch die negativen Tatsachen, die Voraussetzungen eines Anspruchs sind. Für den Vermieter, der Rechte aus dem Mietverhältnis herleitet, bedeutet dies, er muss im Prozess zunächst den Mietvertragsabschluss mit dem beklagten Mieter im Einzelnen behaupten. Ist der Mietvertrag ursprünglich mit einem anderen Vermieter abgeschlossen worden, so muss der jetzt klagende Vermieter im Einzelnen vortragen, aufgrund welcher Tatsachen er an die Stelle des ursprünglichen Vermieters getreten ist. Hat der frühere Vermieter das vermietete Grundstück veräußert, so muss der jetzt klagende Vermieter die lückenlose Erwerberkette seit dem früheren Vermieter ("Eigentümer") im Einzelnen vortragen. Dazu reicht es nicht aus, wenn er das Datum des Kaufvertrags vorträgt. Da er vielmehr erst mit Erwerb des Eigentums in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis eintritt (§ 566), muss er das Datum seiner Eintragung in das Grundbuch vortragen. Ist das ursprüngliche Mietshaus in Eigentumswohnungen aufgeteilt worden, so muss der jetzt klagende Eigentümer der Eigentumswohnung sowohl die Aufteilung als auch seine Eintragung als neuer Wohnungseigentümer in das Grundbuch darlegen. Hat nach der Aufteilung des Wohnhauses in Eigentumswohnungen der Eigentümer der Wohnung mehrfach gewechselt, so muss der zuletzt klagende Wohnungseigentümer auch die lückenlose Erwerberkette, ausgehend von dem damaligen Vermieter bis zu ihm unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich erfolgten Aufteilung in Wohnungseigentum, darlegen.
Rz. 55
Verklagt der jetzige Vermieter einen anderen Mieter als denjenigen, der sich aus dem Mietvertrag ergibt, so muss er ebenfalls darlegen, dass dieser an die Stelle des früheren Mieters getreten ist. Handelt es sich um eine Nachtragsvereinbarung zum ursprünglichen Mietvertrag, so muss der den jetzigen neuen Mieter verklagende Vermieter das Datum, die Form und den Inhalt dieser Nachtragsvereinbarung im Einzelnen darlegen. Ist keine Nachtragsvereinbarung geschlossen worden, so muss der jetzige Vermieter den Eintritt des verklagten Mieters kraft Gesetzes (§§ 563, 563a usw.) im Einzelnen nachvollziehbar darlegen und beweisen.
Rz. 56
Ist keine Nachtragsvereinbarung geschlossen worden, so muss der jetzige Vermieter den Eintritt des verklagten Mieters kraft Gesetzes (§§ 563, 563a usw.) im Einzelnen nachvollziehbar darlegen. Wenn der Vermieter aus dem von dem früheren Ehemann abgeschlossenen Mietvertrag dessen Ehefrau verklagt, die weder als Mieter aufgeführt ist noch den Mietvertrag als Mieter unterschrieben hat, so muss der Vermieter darlegen, dass die jetzt verklagte Ehefrau deswegen in den Mietvertrag eingetreten ist, weil sie mit dem verstorbenen Ehemann einen gemeinsamen Haushalt geführt hatte (§ 563 Abs. 1). Wenn der Mietvertrag von beiden Ehegatten gemeinschaftlich abgeschlossen worden ist, kann die überlebende Ehefrau allein verklagt werden, da dieser Mietvertrag beim Tode eines Ehegatten mit dem überlebenden Ehegatten fortgesetzt wird (§ 563a Abs. 1). Macht der Vermieter geltend, dass er das Mietverhältnis mit dem Eingetretenen gemäß § 563 Abs. 4 gekündigt hat, muss er die Kündigung, deren Zugang sowie das Vorliegen des Kündigungsgrundes darlegen und beweisen (Schmidt-Futterer/Streyl, § 563 Rn.75).
Berufen sich in dem Mietvertrag nicht aufgeführte Personen darauf, dass sie mit dem Tod des Mieters in den Mietvertrag eingetreten sind, müssen sie darlegen und beweisen, dass sie zum privilegierten Personenkreis gehören und einen gemeinsamen Haushalt geführt haben (AG München, Urteil v. 1.3.2019, 461 C 24378/17, ZMR 2020, 41; AG Düsseldorf, Urteil v. 17.4.2013, 23 C...