Für Waren, die auf direktem Weg aus Drittländern in NI eingeführt werden, wird der – anschließend wieder weitgehend ausgehebelte – Grundsatz festgelegt, dass für sie die im VK geltenden Zölle gelten (Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 des Protokolls). Allerdings gilt dies nicht für Waren, die anschließend selbst oder nach Veredelung als Teil einer anderen Ware in die Union verbracht werden könnten (ibid.). Art. 5 Abs. 2 des Protokolls legt hierzu den Grundsatz fest, dass eine Ware, die von außerhalb der Union nach Nordirland verbracht wird, anschließend in die Union verbracht werden könnte, es sei denn, es ist nachgewiesen, dass diese Ware

  1. in NI nicht gewerblich veredelt wird[10] und
  2. die vom Gemeinsamen Ausschuss festgelegten Kriterien erfüllt.

Der Begriff "nichtgewerbliche Veredelung" ist vom Gemeinsamen Ausschuss in Art. 2 des Beschlusses über die Bestimmung von Waren, bei denen keine Gefahr besteht (im Folgenden: Beschluss), wie folgt definiert worden:[11]

Es wird davon ausgegangen, dass eine Ware nicht gewerblich veredelt wird, wenn

  • die Person, die eine Anmeldung zur Überführung der betreffenden Ware in den zollrechtlich freien Verkehr abgibt oder in deren Namen eine solche Anmeldung abgegeben wird (im Folgenden "Einführer"), in ihrem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr einen jährlichen Gesamtumsatz von weniger als 500.000 GBP erzielt hat oder
  • die Veredelung in NI und nur zu den folgenden Zwecken erfolgt:

    • zum Verkauf von Lebensmitteln an Endverbraucher im VK;
    • zu Bauzwecken, wenn die veredelten Waren dauerhaft Teil eines vom Einführer in NI errichteten Bauwerks werden;
    • für die direkte Erbringung von Gesundheits- oder Pflegedienstleistungen an Empfänger in NI durch den Einführer;
    • für nicht gewinnorientierte Tätigkeiten in NI, bei denen kein anschließender Verkauf der veredelten Waren durch den Einführer stattfindet, oder
    • für die Endverwendung von Futtermitteln durch den Einführer in Betrieben in NI.

Die weiteren Kriterien für das Ausschließen der Gefahr, dass die Waren anschließend in das Gebiet der Union verbracht werden, sind (Art. 3 des Beschlusses):

  • Der nach dem Gemeinsamen Zolltarif der Union zu entrichtende Zoll übersteigt nicht den nach dem Zolltarif des VK zu entrichtenden Zoll oder
  • dem Einführer wurde die Verbringung dieser Ware nach NI zwecks Verkaufs an Endverbraucher in NI oder zwecks Endverwendung durch solche Verbraucher genehmigt (dies gilt auch, wenn vor dem Verkauf an die Endverbraucher oder vor der Endverwendung durch sie eine nichtgewerbliche Veredelung der Ware erfolgt ist) und die Differenz zwischen dem nach dem Gemeinsamen Zolltarif der Union und dem nach dem Zolltarif des VK anfallenden Zoll beträgt weniger als 3 % des Zollwertes der Ware;[12] dies gilt nicht für Waren, die Handelsschutzmaßnahmen der Union unterliegen.

Soweit eine Genehmigung erforderlich ist (also wenn der in der EU anwendbare Zoll nicht höher ist als derjenige in GB), müssen Antragsteller nach Art. 6 des Beschlusses folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie sind in NI niedergelassen oder haben einen festen Geschäftssitz[13] in NI,

    • an dem personelle und technische Ressourcen ständig vorhanden sind und
    • von dem aus Waren an Endverbraucher verkauft oder zur Endverwendung durch sie bereitgestellt werden und
    • an dem Zoll-, Handels- und Transportaufzeichnungen und -informationen verfügbar oder in NI zugänglich sind, und
    • falls sie nicht in NI niedergelassen sind,[14] werden ihre zollbezogenen Vorgänge im VK durchgeführt und sie haben einen indirekten Zollvertreter in NI,
  • sie verpflichten sich, Waren nur zwecks Verkaufs an Endverbraucher oder zwecks Endverwendung durch sie nach NI zu verbringen (dies gilt auch, wenn vor dem Verkauf an die Endverbraucher oder vor der Endverwendung durch sie eine nichtgewerbliche Veredelung der Ware erfolgt ist), und
  • sie verpflichten sich bei einem Verkauf an Endverbraucher in NI, dass der Verkauf durch eine oder mehrere Verkaufsstellen in NI erfolgt, an denen physische Direktverkäufe an Endkunden getätigt werden.

Ist der im VK geltende Zoll niedriger als derjenige der EU, müssen nach Art. 7 des Beschlusses folgende weitere Bedingungen erfüllt sein:

  • Der Antragsteller erklärt, dass er Waren, die nach NI verbracht werden, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr anmelden wird;
  • der Antragsteller hat keine schwerwiegenden oder wiederholten Verstöße gegen die zoll- oder steuerrechtlichen Vorschriften und keine schweren Straftaten im Rahmen seiner Wirtschaftstätigkeit begangen;[15]
  • der Antragsteller weist bei Waren, die zwecks Verkaufs an Endverbraucher oder zwecks Endverwendung nach NI verbracht werden, nach, dass er durch ein System zur Verwaltung der Handels- und ggf. der Transportaufzeichnungen, welche angemessene Kontrollen und die Erbringung von Nachweisen der Einhaltung seiner Verpflichtungen ermöglichen, ein hohes Maß an Kontrolle über seine Tätigkeit und den Warenstrom besitzt.[16]

In NI können bei der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr nicht etwaige im Rahmen der WTO vereinbarte...

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