Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Das Revisionsgericht kann gem. § 349 in bestimmten Fällen durch Beschluss entscheiden. In der Praxis ist die Beschlussentscheidung die Regel. |
2. |
Gem. § 349 Abs. 1 kann das Revisionsgericht die Revision außerhalb der HV durch Beschluss als unzulässig verwerfen, wenn es die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder über die Anbringung der Revisionsanträge als nicht erfüllt ansieht. |
3. |
Gem. § 349 Abs. 2 kann das Revisionsgericht die Revision auch dann durch Beschluss verwerfen, wenn es diese einstimmig als offensichtlich unbegründet erachtet. Voraussetzung ist jedoch ein entsprechender Antrag der StA. |
4. |
Als dritte Variante kommt gem. § 349 Abs. 4 die Entscheidung durch Beschluss in Betracht, wenn das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet erachtet. |
Rdn 2146
Literaturhinweise:
Rosenau, Die offensichtliche Ungesetzlichkeit der "ou"-Verwerfung nach § 349 Abs. 2 StPO in der Spruchpraxis des BGH, ZIS 2012, 195
Schlothauer, Rechtsgestaltung durch höchstrichterliche Rechtsprechung: Beschlussverwerfung gem. § 349 Abs. 2 StPO
in: Opferschutz, Richterrecht, Strafprozessreform, Schriftenreihe der Strafverteidigervereinigungen, 28. Strafverteidigertag, Karlsruhe 2005, S. 229
ders., Rechtsgestaltung durch höchstrichterliche Rechtsprechung – Beschlussverwerfung gem. § 349 Abs. 2 StPO, StV 2004, 340
Senge, Rechtsgestaltung durch höchstrichterliche Rechtsprechung: Beschlussverwerfung gem. § 349 Abs. 2 StPO, in: Opferschutz, Richterrecht, Strafprozessreform, Schriftenreihe der Strafverteidigervereinigungen, 28. Strafverteidigertag, Karlsruhe 2005, S. 229
s.a. die Hinw. bei → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2009, und bei → Revision, Entscheidung, Allgemeines, Teil A Rdn 2136.
Rdn 2147
1. Das Revisionsgericht kann gem. § 349 in bestimmten Fällen durch Beschluss entscheiden. Nach der gesetzlichen Systematik stellt die Beschlussentscheidung die Ausnahme dar. In der Praxis allerdings ist es genau umgekehrt: Die Entscheidung durch Beschluss gemäß § 349 ist die Regel, die Entscheidung durch Urteil nach vorangegangener Revisionshauptverhandlung die seltene Ausnahme. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Rdn 2148
2.a) Gem. § 349 Abs. 1 kann das Revisionsgericht die Revision außerhalb der HV durch Beschluss als unzulässig verwerfen, wenn es die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder über die Anbringung der Revisionsanträge als nicht erfüllt ansieht. Es prüft die Zulässigkeit der Revision insgesamt (BGHSt 11, 152, 155; 16, 115, 118), während das Tatgericht nur einzelne Zulässigkeitsvoraussetzungen überprüfen darf (→ Revision, Entscheidung, Allgemeines, Teil A Rdn 2135). Das Revisionsgericht überprüft zudem, ob das Tatgericht das Fehlen von Zulässigkeitsvoraussetzungen übersehen hat.
Rdn 2149
Die Verwerfung der Revision gem. § 349 Abs. 1 durch das Revisionsgericht wegen Unzulässigkeit kommt vor allem in Betracht folgenden Beispielsfällen, wenn
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das Rechtsmittel der Revision nicht statthaft ist (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Statthaftigkeit, Teil A Rdn 1719), |
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dem Revisionsführer die Revisionsberechtigung fehlt (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Befugnis, Teil A Rdn 1322), |
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der Revisionsführer nicht beschwert ist (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Beschwer, Teil A Rdn 1382), |
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vom Revisionsführer wirksam auf Rechtsmittel verzichtet worden ist (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Verzicht, Allgemeines, Teil A Rdn 1735, m.w.N.; → Revision, Rechtsmittelverzicht, Teil A Rdn 2196), |
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die strengen Rügevoraussetzungen des § 344 nicht eingehalten sind (Einzelh. → Revision, Begründung, Allgemeines, Teil A Rdn 2048 und → Revision, Verfahrensrüge, Allgemeines, Teil A Rdn 2312, m.w.N.), |
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der Tatrichter die Revision fälschlich als zulässig erachtet und keine Entscheidung nach § 346 Abs. 1 getroffen hat; hier hat das Revisionsgericht selbst gemäß § 349 Abs. 1 zu entscheiden, weil eine Rückgabe an den Tatrichter ausgeschlossen ist (Meyer-Goßner/Schmitt, § 349 Rn 1), |
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der Nebenkläger mit seiner Revision ein nach § 400 unzulässiges Ziel verfolgt. |
Rdn 2150
b) Die Revision kann immer nur einheitlich als unzulässig verworfen werden, also nur dann, wenn sich ein Zulässigkeitsmangel oder mehrere unterschiedliche Zulässigkeitsmängel auf die gesamte Revision erstrecken und nicht nur einzelne Rügen betreffen.
☆ Die Verwerfung der Revision als unzulässig kann gem. § 196 Abs. 1 GVG mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Eines entsprechenden Antrags des GBA oder GStA bedarf es nicht.einfacher Mehrheit beschlossen werden. Eines entsprechenden Antrags des GBA oder GStA bedarf es nicht.
Rdn 2151
c) Ein Verwerfungsbeschluss des Revisionsgerichts, mit dem die Revision als unzulässig zurückgewiesen wird, ist gem. § 304 Abs. 4 unanfechtbar (zur Verfassungsbeschwerde → Verfassungsbeschwerde, Allgemeines, Teil C Rdn 729, m.w.N.).
Rdn 2152
3.a) Gem. § 349 Abs. 2 kann das Revisionsgericht die Revision auch dann durch Beschluss verwerfen, wenn es diese einstimmig als offensichtlich unbegründet erac...