Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Rdn 326
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Berufung, Verschlechterungsverbot, Allgemeines, Teil A Rdn 291.
Rdn 327
1. Maßregeln der Besserung und Sicherung (§§ 61 ff. StGB) unterliegen ebenfalls grds. dem Verschlechterungsverbot (§ 331 Abs. 1: "Rechtsfolgen").
Rdn 328
2. § 331 Abs. 2 nimmt aber die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) oder in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) vom Verschlechterungsverbot ausdrücklich aus. Das hat zur Folge hat, dass in Berufungsverfahren, in denen alkohol- oder betäubungsmittelbezogene Straftaten abzuurteilen sind, allein die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch den Angeklagten nicht vor der erstmaligen Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB bewahrt.
☆ Der Angeklagte muss, um eine solche Rechtsfolge zu vermeiden, die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt deshalb ausdrücklich von seinem Rechtsmittelangriff ausnehmen (beachte aber → Berufung, Beschränkung, Rechtsfolgenausspruch , Teil A Rdn 269 ).ausdrücklich von seinem Rechtsmittelangriff ausnehmen (beachte aber → Berufung, Beschränkung, Rechtsfolgenausspruch, Teil A Rdn 269).
Rdn 329
3. Bei Anfechtung eines Urteils, in dem die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist angeordnet wurde, darf das Berufungsgericht die Dauer der Sperrfrist nicht verlängern (BayObLG NJW 1966, 896), und zwar auch nicht dann, wenn es eine in erster Instanz verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung aussetzt (OLG Oldenburg MDR 1976, 162).
☆ Der Berufungsführer muss jedoch damit rechnen (und der Verteidiger sollte den Angeklagten entsprechend aufklären und beraten), dass im Endergebnis der Fahrerlaubnisentzug (einschließlich Zeiten vorläufiger Entziehung) länger dauern kann, als die in dem angefochtenen Urteil ursprünglich festgesetzte Sperrfrist bemessen worden ist (OLG Hamm VRS 86, 220). Denn das Berufungsgericht kann eine dem Ersturteil entsprechende gleich lange Sperrfrist festsetzen , auch wenn die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen worden war (LR- Gössel , § 331 Rn 97; Meyer-Goßner/Schmitt , § 331 Rn 23 m.w.N.), und zudem beträgt die Sperrfrist stets mindestens noch drei weitere Monate (§ 69a Abs. 4 S. 2 StGB). Diese Mindestsperrfrist kann das Berufungsgericht nicht unterschreiten.gleich lange Sperrfrist festsetzen, auch wenn die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen worden war (LR-Gössel, § 331 Rn 97; Meyer-Goßner/Schmitt, § 331 Rn 23 m.w.N.), und zudem beträgt die Sperrfrist stets mindestens noch drei weitere Monate (§ 69a Abs. 4 S. 2 StGB). Diese Mindestsperrfrist kann das Berufungsgericht nicht unterschreiten.
Rdn 330
Ist gegen einen Angeklagten in erster Instanz lediglich eine isolierte Sperre (§ 69a Abs. 1 S. 3 StGB) verhängt worden und legt nur er gegen diese Entscheidung ein Rechtsmittel ein, steht der Entziehung der Fahrerlaubnis in der Berufungsinstanz das Verschlechterungsverbot entgegen (OLG Dresden OLG-NL 1998, 192; OLG Köln NJW 2010, 2817). In dieser Ausgangskonstellation darf das Berufungsgericht auch kein Fahrverbot anordnen, weil auf diese Weise dem Angeklagten die infolge der erstinstanzlich fehlerhaften Anordnung der isolierten Sperrfrist weiterbestehende Benutzungsmöglichkeit zeitweilig genommen werden würde (OLG Frankfurt/Main VRS 64, 12).
☆ Umgekehrt verstößt es nicht gegen das Verschlechterungsverbot , wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Fahrverbot ersetzt wird (OLG Düsseldorf NZV 1991, 237), da das Fahrverbot, auch wenn es Strafe und nicht Maßregel der Besserung und Sicherung ist, in jeder Hinsicht das mildere Reaktionsmittel darstellt, da es zu einem weniger weitreichenden Eingriff in die persönliche Handlungsfreiheit führt (LR- Gössel , § 331 Rn 93).nicht gegen das Verschlechterungsverbot, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Fahrverbot ersetzt wird (OLG Düsseldorf NZV 1991, 237), da das Fahrverbot, auch wenn es Strafe und nicht Maßregel der Besserung und Sicherung ist, in jeder Hinsicht das mildere Reaktionsmittel darstellt, da es zu einem weniger weitreichenden Eingriff in die persönliche Handlungsfreiheit führt (LR-Gössel, § 331 Rn 93).
Rdn 331
4. Eine Maßregel nach § 70 StGB (Berufsverbot) darf das Berufungsgericht nicht erstmals anordnen und auch nicht verschärfen. Ob eine andere Umschreibung des verbotenen Berufes eine Verschlechterung darstellt, ist nach Lage des Einzelfalls zu beurteilen.
Siehe auch: → Berufung, Verschlechterungsverbot, Allgemeines, Teil A Rdn 291; → Berufung, Verschlechterungsverbot, Gesamtstrafe, Teil A Rdn 304; → Berufung, Verschlechterungsverbot, Strafart/-höhe, Teil A Rdn 332.