Teil A: Rechtsmittel / 31 Beschwerde, Beschwerdeeinschränkung, Bewährungsbeschluss [Rdn 439]

Das Wichtigste in Kürze:

1.	Die Beschwerde gegen einen Bewährungsbeschluss ist durch § 305a eingeschränkt. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist.
2.	Der bei Urteilsverkündung entgegen § 268a unterlassene Bewährungsbeschluss kann später nicht nachgeholt werden.
3.	Das Gericht hat die Auflagen und Weisungen so bestimmt zu formulieren, dass Verstöße einwandfrei festgestellt werden können und der Verurteilte unmissverständlich weiß, wann er einen Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung zu erwarten hat.
4.	Bewährungsweisungen nach § 56c StGB dienen der Stabilisierung und Resozialisierung des Verurteilten.

Rdn 440

Literaturhinweise:

Arnoldi, Bewährungswiderruf und Zeitablauf, StRR 2008, 84

Doleisch von Dolsperg, Strafaussetzung zur Bewährung – Probleme aus der Praxis, StraFo 2005, 45

Götting, Anmerkung zu BayObLG NStZ-RR2002, 297, JR 2003, 207

Grube, Die Strafaussetzung zur Bewährung, Jura 2010, 759

Hillenbrand, Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung – Voraussetzungen und Verfahren, ZAP F. 22 S. 799

ders., Die Anhörung des Verurteilten im Widerrufsverfahren, StRR 2015, 444

Krumm, "Gelegenheit macht …" oder: Zur Notwendigkeit eines Internetverbots, ZRP 2011, 152

ders., Verteidigung im Bewährungswiderrufsverfahren, NJW 203, 1557

Lutz, Handy-Verbot für organisierte Straftäter?, NStZ 2000, 127

Meyer/Stahlmecke, Die Strafaussetzung zur Bewährung, NJW 2022, 3765

Nicolai, Internetverbot als Weisung i.S.d. § 56c StGB – Rechtliche Voraussetzungen und generelle Nützlichkeitserwägungen, NStZ 2021, 136

Peglau, Prognose (§§ 56, 64 StGB) bei Aburteilung einer in laufender Bewährungszeit begangenen neuen Straftat und Widerrufsentscheidung nach § 56f I Nr. 1 StGB, GA 2004, 288

ders., Das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung, NJW 2007, 1558

Radtke, Wechselwirkung zwischen Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung und der Sanktionierung des Bewährungsbruchs in: Britz, Grundfragen staatlichen Strafens. Festschrift für Heinz Müller-Dietz zum 70. Geburtstag, 2001, S. 609 ff.

Schöch, Das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26.1.1998, NJW 1998, 1257

Wita, Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung vor Aburteilung der Anschlusstat, 2006

Wohlthat, Zeitliche Grenzen des Widerrufs der Strafaussetzung, 2007

Ziethen, Bewährung trotz Vollverbüßung in Untersuchungshaft, HRRS 2008, 502.

Rdn 441

1. Wird die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, trifft das Gericht in diesem Zusammenhang gesonderte Entscheidungen nach §§ 56a bis 56d, 59a StGB (§ 268a Abs. 1; Burhoff/Kotz/Hillenbrand, Nachsorge, Teil A Rn 1 ff. und Burhoff/Kotz/Artkämper/Jacobs, Nachsorge, Teil B Rn 253 ff.). Insbesondere setzt es die Dauer der Bewährungszeit fest, entscheidet über die Bestellung eines Bewährungshelfers und erteilt dem Verurteilten Auflagen und/oder Weisungen. Die Anfechtungsmöglichkeiten hiergegen sind nach § 305a Abs. 1 eingeschränkt: die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist (§ 305a Abs. 1 S. 2). Eine Überprüfung der Ermessensausübung des erstinstanzlichen Gerichts ist dem Beschwerdegericht dagegen verwehrt, es sei denn es liegt ein Fall des Ermessensmissbrauchs oder der Ermessensüberschreitung vor (Meyer-Goßner/Schmitt, § 305a Rn 1).

☆ Bevor gegen den Bewährungsbeschluss Beschwerde eingelegt wird, sollte der Verteidiger prüfen , ob das erstrebte Ziel nicht schneller und einfacher im Wege der nachträglichen Änderung der Bewährungsanordnungen (§ 56e StGB) erreicht werden kann.prüfen, ob das erstrebte Ziel nicht schneller und einfacher im Wege der nachträglichen Änderung der Bewährungsanordnungen (§ 56e StGB) erreicht werden kann.

Rdn 442

2. Der bei Urteilsverkündung entgegen § 268a unterlassene Bewährungsbeschluss kann später nicht nachgeholt werden (OLG Düsseldorf StV 2008, 512; LG Mönchengladbach NStZ-RR 2014, 284; MüKo-StPO/Moldenhauer, § 268a Rn 19; weitere Nachw. bei KK/Appl, § 453 Rn 3 auch zur Gegenauffassung). Eine analoge Anwendung des § 453 scheidet schon in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke aus (MüKo-StPO/Moldenhauer, § 268a Rn 22). Dies gilt auch für den erlassenen Strafbefehl (LG Freiburg StV 1993, 122; a.A. LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 21.2.2019 – 18 Qs 3/18, StraFo 2019, 203).

Rdn 443

Bei Kollegialgerichten scheidet eine Nachholung schon deshalb aus, weil über die Bewährungszeit und deren Ausgestaltung unter Einbeziehung der Schöffen entschieden werden muss. Da in einem durch Urteil abgeschlossenen Verfahren keine neue HV mehr anberaumt werden kann, außerhalb der HV Entscheidungen aber nur durch die Berufsrichter getroffen werden (MüKo-StPO/Moldenhauer, § 268a Rn 21; a.A. KMR-Voll, § 268a Rn 9), könnten Schöffen in die nachzuholende Entscheidung nicht mehr einbezogen werden. Daneben eröffnet sich aber auch in Bezug auf den Strafrichter, der im Nachgang zum Erkenntnisverfahren gem. § 462a Abs. 2 als ...