Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Gem. § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 302 kann die Rechtsbeschwerde ganz oder teilweise zurückgenommen werden. |
2. |
Für die Rücknahme der Rechtsbeschwerde durch den Verteidiger oder einen Rechtsanwalt gilt § 302 Abs. 2 i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG. Demnach bedarf es zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung. |
Rdn 1148
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 1045, und bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Allgemeines, Teil A Rdn 1656.
Rdn 1149
1.a) Gem. § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 302 kann die Rechtsbeschwerde ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Eine Teilrücknahme ist nichts anderes als eine nachträgliche Rechtsmittelbeschränkung, die in gleicher Weise und in gleichem Umfang zulässig ist wie eine gem. § 344 Abs. 1 i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG von vornherein erklärte Beschränkung der Rechtsbeschwerde (→ Rechtsbeschwerde, Beschränkung, Teil A Rdn 1079).
Rdn 1150
b) Rücknahmeberechtigt ist jeder, der auf der Seite eines Beteiligten steht, der Rechtsmittel eingelegt hat. Die Rücknahmeerklärung des Betroffenen erstreckt sich stets auch auf die vom Verteidiger eingelegte Rechtsbeschwerde (BGH StraFo 2005, 161; NStZ-RR 2007, 210; BayObLG VRS 68, 469). Umgekehrt kann auch der Verteidiger, wenn er zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt ist, eine vom Betroffenen selbst eingelegte Rechtsbeschwerde wirksam zurücknehmen (OLG Hamm VRR 2010, 233). Da sich die von mehreren Personen eingelegte Rechtsbeschwerde gleichwohl als einheitliches Rechtsmittel darstellt, kann z.B. auch ein Verteidiger die von mehreren Verteidigern eingelegte Rechtsbeschwerde insgesamt zurücknehmen (BGH NStZ 1996, 202; OLG Hamm VRR 2010, 233).
Rdn 1151
c) Die Rücknahme muss eindeutig, aber nicht unbedingt ausdrücklich erfolgen. Wie beim Rechtsmittelverzicht (ergänzend → Rechtsbeschwerde, Rechtsmittelverzicht, Teil A Rdn 1141, m.w.N.) muss sich der Wille zur Rücknahme des Rechtsmittels eindeutig feststellen lassen. Eine eindeutige Rücknahmeerklärung, die einem "gesunden" Willen entspringt, ist unwiderruflich und unanfechtbar (zum Strafrecht BGHSt 5, 337, 341; 10, 245, 247; 37, 15, 17; NStZ 1983, 280; zur Rechtsmittelrücknahme → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Allgemeines, Teil A Rdn 1656 ff.; zur Berufung Burhoff, HV, Rn 783 ff.).
☆ Die Form für die Zurücknahme ist die Gleiche, die für die Einlegung der Rechtsbeschwerde vorgeschrieben ist (→ Rechtsbeschwerde, Form , Teil A Rdn 1110 ; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Erklärung , Teil A Rdn 1667 ). Die Rücknahme des Rechtsmittels muss also schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden (§ 79 Abs. 3 S. 1 i.V.m. 341 StPO; auch BGHSt 18, 257, 260).Form für die Zurücknahme ist die Gleiche, die für die Einlegung der Rechtsbeschwerde vorgeschrieben ist (→ Rechtsbeschwerde, Form, Teil A Rdn 1110; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Erklärung, Teil A Rdn 1667). Die Rücknahme des Rechtsmittels muss also schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden (§ 79 Abs. 3 S. 1 i.V.m. 341 StPO; auch BGHSt 18, 257, 260).
Rdn 1152
d) Nach erfolgter Zurücknahme ist eine Entscheidung über die Rechtsbeschwerde überflüssig. Es ergeht lediglich eine selbstständige Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 3 (Meyer-Goßner/Schmitt, § 302 Rn 11). Die Rücknahme führt zudem zum Verlust des Rechtsmittels und zur Rechtskraft der Entscheidung, sodass innerhalb einer noch offenen Rechtsmittelfrist keine erneute Rechtsbeschwerde mehr eingelegt werden kann (BGHSt 27, 271).
Rdn 1153
2. Für die Rücknahme der Rechtsbeschwerde durch den Verteidiger oder einen Rechtsanwalt gilt § 302 Abs. 2 i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG. Demnach bedarf es zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung durch den Betroffenen (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Allgemeines, Teil A Rdn 1656; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Vollmacht, Allgemeines, Teil A Rdn 1735; Burhoff, HV, Rn 783 ff. [Berufung]), und zwar auch für die Teilrücknahme/Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch (s.a. OLG Düsseldorf NStZ 2010, 655). Eine bestimmte Form ist für diese ausdrückliche Ermächtigung nicht vorgeschrieben. Sie kann auch mündlich erteilt werden (BGH NStZ 1995, 356]; u.a. BGH NStZ-RR 2011, 233 [Ci/Zi]; BGH, Beschl. v. 20.2.2017 – 1 StR 552/1; OLG Brandenburg NStZ-RR 1998, 309). Die Ermächtigung liegt grds. nicht allein in der allgemein erteilten Prozessvollmacht (BGH NStZ 2000, 665; NStZ-RR 2006, 147), die eine allgemeine Ermächtigung zur Rücknahme von Rechtsmitteln enthält, es sei denn, das Mandat wurde erst zur Durchführung des Berufungsverfahrens erteilt (s.u.a. BGH StraFo 2004, 57; OLG Hamburg StraFo 1998, 49). Vielmehr ist die ausdrückliche Ermächtigung zur Rücknahme von Rechtsmitteln erforderlich (BGH NStZ 2000, 665; 1998, 531; NStZ-RR 2005, 261; NStZ-RR 2006, 147; 2005, 261; KG NJW 2009, 1686 = StraFo 2009, 157). Fehlt es an dieser ausdrücklichen Ermächtigung oder hat der Betroffene selbst – ggf. auch zusätzlich zum Verteidiger – Rechtsbeschwerde eingelegt, d...