Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Gem. § 329 Abs. 7 kann der Angeklagte im Fall der Verwerfung seiner Berufung nach § 329 Wiedereinsetzung beantragen. |
2. |
Ggf. kommt eine Wiedereinsetzung von Amts wegen in Betracht. Wann diese zu gewähren ist (§ 45 Abs. 2 S. 3), wird nicht einheitlich beantwortet. |
3. |
Für Wiedereinsetzungsantrag und -begründung gelten: Der Angeklagte muss Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der HV beantragen. Er muss Wiedereinsetzungsgründe darlegen und glaubhaft machen. |
Rdn 93
Literaturhinweise:
s. die Hinw. Bei → Berufung, Ausbleiben des Angeklagten, Allgemeines, Teil A Rdn 58, und bei → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Allgemeines, Teil A Rdn 1478.
Rdn 94
1. Gem. § 329 Abs. 7 kann der Angeklagte im Fall der Verwerfung seiner Berufung nach § 329 Wiedereinsetzung beantragen (→ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Allgemeines, Teil B Rdn 1521; → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Antrag, Teil B Rdn 1527 ff.; → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Verfahren, Teil B Rdn 1542; → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Voraussetzungen, Teil B Rdn 1555).
☆ Das Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient allerdings nicht dazu, dem Verteidiger Gelegenheit zur Nachbesserung und Anpassung seines Vortrags an die Rechtslage zu geben, sondern ist im Interesse der Rechtssicherheit auf die Fälle beschränkt, in denen eine Frist aufgrund von tatsächlichen Hinderungsgründen (unverschuldet) versäumt worden ist. Fehler und Versäumnisse des Verteidigers bei der Rechtsanwendung muss sich der Angeklagte zurechnen lassen (u.a. KG JurBüro 2015, 43).dient allerdings nicht dazu, dem Verteidiger Gelegenheit zur Nachbesserung und Anpassung seines Vortrags an die Rechtslage zu geben, sondern ist im Interesse der Rechtssicherheit auf die Fälle beschränkt, in denen eine Frist aufgrund von tatsächlichen Hinderungsgründen (unverschuldet) versäumt worden ist. Fehler und Versäumnisse des Verteidigers bei der Rechtsanwendung muss sich der Angeklagte zurechnen lassen (u.a. KG JurBüro 2015, 43).
Rdn 95
In Verspätungsfällen (→ Berufung, Ausbleiben des Angeklagten, Verspätung, Teil A Rdn 192), in denen der Angeklagte erst nach Ergehen des Verwerfungsurteils bei Gericht erscheint, kann auch sofortige Wiedereinsetzung beantragt und gewährt werden (Burhoff, HV, Rn 856 ff.).
Rdn 96
In Erkrankungsfällen (→ Berufung, Ausbleiben des Angeklagten, Endgültiges, Erkrankung, Teil A Rdn 154 ff.), muss er innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 deren Art angeben sowie den Umfang der von der Erkrankung ausgehenden körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen darlegen. Ein Attest, das sich ohne weitere Ausführungen in der Feststellung der Verhandlungsunfähigkeit erschöpft, genügt nicht (OLG Braunschweig NStZ 2014, 289).
☆ Ob eine solche Vorgehensweise allerdings sinnvoll ist, muss der Verteidiger sorgfältig erwägen , da sich oft in der Kürze der zur Verfügung stehen Zeit die zur Begründung der Wiedereinsetzung erforderlichen Tatsachen nicht werden herausarbeiten lassen und/oder Mittel zur Glaubhaftmachung nicht greifbar sind.sinnvoll ist, muss der Verteidiger sorgfältig erwägen, da sich oft in der Kürze der zur Verfügung stehen Zeit die zur Begründung der Wiedereinsetzung erforderlichen Tatsachen nicht werden herausarbeiten lassen und/oder Mittel zur Glaubhaftmachung nicht greifbar sind.
Rdn 97
2. Ggf. kommt eine Wiedereinsetzung von Amts wegen in Betracht. Wann die zu gewähren ist (§ 45 Abs. 2 S. 3), wird nicht einheitlich beantwortet: Zum Teil wird davon ausgegangen, dass bei der Erstreckung der Wiedereinsetzungsmöglichkeit nach § 329 Abs. 7 auf Fälle unwirksamer Ladung im Wege der Analogie zur Beseitigung eines zu Unrecht erlassenen Verwerfungsurteils lediglich die Rechtsfolge der gesetzlichen Regelung über die Wiedereinsetzung herangezogen wird, ohne dass es auf ihre in den §§ 44, 45 bestimmten tatbestandlichen und formellen Voraussetzungen ankäme (OLG Hamburg StV 2001, 339; OLG Hamm NStZ 2014, 421 m. Anm. Kotz StRR 2014, 227; VRS 107, 109; auch OLG Düsseldorf NJW 1980, 1704; KK/Schneider-Glockzin, § 45 Rn 17; BeckOK/Cirener, § 45 Rn 14). Teilweise geht die Lit. aber demgegenüber davon aus, dass auch in diesen Fällen in Ansehung der Dispositionsbefugnis des Rechtsmittelführers Wiedereinsetzung nur auf Antrag erfolgen können soll (BeckOK/Eschelbach, § 329 Rn 54; KK/Gmel/Peterson, § 235 Rn 6; LR-Graalmann-Scheerer, § 45 Rn 32; Meyer-Goßner/Schmitt, § 45 Rn 12).
☆ In entsprechender Anwendung der §§ 329 Abs. 7, 44, 45 ist auch dem nichtsäumigen Angeklagten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungs-HV zu gewähren, wenn ein Ladungsmangel vorliegt, dieser kausal für sein Nichterscheinen ist und er fristgerecht einen Wiedereinsetzungsantrag mit den gem. erforderlichen Tatsachenangaben stellt (OLG Hamm, Beschl. v. 6.10.2009 – 3 Ss 425/09).nichtsäumigen Angeklagten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungs-HV zu gewähren, wenn ein Ladungsmangel vorliegt, dieser ...