Detlef Burhoff, Dr. iur. Thorsten Junker
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Berufung ist anzunehmen, wenn sie zulässig und nicht offensichtlich unbegründet ist. |
2. |
Anders als bei § 349 Abs. 2 verlangt die im Rahmen des Annahmeverfahrens erforderliche Prüfung nämlich nicht nur die Auseinandersetzung mit den schriftlichen Urteilsgründen im Hinblick auf Rechtsfehler, sondern umfasst – unter Berücksichtigung des vollständigen Akteninhalts – den Verfahrensstoff insgesamt. |
3. |
Ein Problem des Annahmeverfahrens besteht darin, dass allein der Vorsitzende des Berufungsgerichts über die Annahme der Berufung befindet. |
4. |
Anzunehmen ist die Berufung im Hinblick auf § 244 Abs. 2 u.a. bei Ankündigung neuer Beweismittel. |
5. |
Bei Überleitung vom Bußgeld- in das Strafverfahren bleibt es auch nach Verurteilung nur zu einem Bußgeld bei der Berufung als Rechtsmittel. |
6. |
Bei (Nicht-)Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit ist die Berufung nach § 313 Abs. 3 S. 1 stets anzunehmen, wenn die Rechtsbeschwerde zulässig oder zuzulassen. |
Rdn 39
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Berufung, Annahmeberufung, Allgemeines, Teil A Rdn 21.
Rdn 40
1. Die Berufung ist anzunehmen, wenn sie zulässig (→ Berufung, Allgemeines, Teil A Rdn 5) und nicht offensichtlich unbegründet ist.
☆ Offensichtlich unbegründet ist die Berufung unter Bezugnahme auf § 349 Abs. 2, wenn aus den Urteilsgründen, dem Protokoll der HV und einer ggf. vorliegenden Begründung des Rechtsmittels für jeden Sachkundigen ohne eingehendere Prüfung erkennbar ist, dass die angefochtene Entscheidung keine sachlich-rechtlichen Mängel aufweist und keine Verfahrensfehler vorliegen. ist die Berufung unter Bezugnahme auf § 349 Abs. 2, wenn aus den Urteilsgründen, dem Protokoll der HV und einer ggf. vorliegenden Begründung des Rechtsmittels für jeden Sachkundigen ohne eingehendere Prüfung erkennbar ist, dass die angefochtene Entscheidung keine sachlich-rechtlichen Mängel aufweist und keine Verfahrensfehler vorliegen.
Rdn 41
2. Der § 349 Abs. 2 entlehnte Begriff der "(nicht) offensichtlichen Unbegründetheit" darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Eine mit dem Anderen kaum etwas zu tun hat (vgl. Graf/Eschelbach, § 313 Rn 11). Die im Rahmen des Annahmeverfahrens erforderliche Prüfung verlangt nämlich nicht nur – wie bei der Revision – die Auseinandersetzung mit den schriftlichen Urteilsgründen im Hinblick auf Rechtsfehler, sondern umfasst – unter Berücksichtigung des vollständigen Akteninhalts – den Verfahrensstoff insgesamt (Meyer-Goßner/Schmitt, § 313 Rn 10) vom Schuldspruch über die Beweiswürdigung bis hin zur Strafzumessung; → Revision, Entscheidung, Beschluss, Teil A Rdn 2142).
☆ Berufungen, die angenommen werden müssen, sollten unbedingt begründet werden, um zu verdeutlichen, worin die Fehler des Ersturteils zu sehen sind und um dem Vorsitzenden der Berufungskammer möglichst den Weg zu einer Nichtannahme abzuschneiden ( Burhoff , HV, Rn 564; Beck- Michalke , S. 597; s.a. das Muster → Berufung, Annahmeberufung, Allgemeines , Teil A Rdn 27 ).unbedingt begründet werden, um zu verdeutlichen, worin die Fehler des Ersturteils zu sehen sind und um dem Vorsitzenden der Berufungskammer möglichst den Weg zu einer Nichtannahme abzuschneiden (Burhoff, HV, Rn 564; Beck-Michalke, S. 597; s.a. das Muster → Berufung, Annahmeberufung, Allgemeines, Teil A Rdn 27).
Rdn 42
3. Ein Problem des Annahmeverfahrens besteht darin, dass – anders als im Revisionsverfahren – nicht das Kollegialgericht/die Berufungsstrafkammer, sondern allein dessen/deren Vorsitzender (§ 76 Abs. 1 S. 2 GVG), über die Annahme der Berufung befindet (KMR/Brunner, § 313 Rn 11), der die Einschätzung der ihm zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich sogar noch unbekannten Schöffen allenfalls bedingt antizipieren kann (Graf/Eschelbach, § 313 Rn 12).
Rdn 43
4. Anzunehmen ist die Berufung in Strafsachen bei
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Vorliegen von Verfahrensfehlern, die Revision begründen würden (Meyer-Goßner/Schmitt, § 313 Rn 9), |
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Ankündigung neuer Beweismittel im Hinblick auf § 244 Abs. 2 (BVerfG NJW 1996, 2785; NStZ 2002, 43) oder |
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Erforderlichkeit einer (ergänzenden) Beweisaufnahme (z.B. zu den persönlichen Verhältnissen). |
☆ Bestehen wie auch immer geartete Zweifel an der offensichtlichen Unbegründetheit, ist die Berufung anzunehmen!Zweifel an der offensichtlichen Unbegründetheit, ist die Berufung anzunehmen!
Rdn 44
5. Wird vom Bußgeldverfahren in das Strafverfahren übergeleitet (§ 81 Abs. 2 S. 2 OWiG), finden damit ausnahmslos die Vorschriften der StPO auch dann Anwendung, wenn der Betroffene unbeschadet der bewirkten Überleitung ins Strafverfahren "nur" wegen einer oder mehrerer Ordnungswidrigkeiten schuldig gesprochen und gegen ihn deshalb "lediglich" auf eine Geldbuße, gegebenenfalls unter gleichzeitiger Verhängung eines bußgeldrechtlichen Fahrverbots, erkannt wird (OLG Hamm BA 2009, 280; Burhoff/Gübner, OWi, Rn 3944). Ist damit das angefochtene Urteil im Strafverfahren ergangen, kann es nur mit den strafprozessualen Rechtsmitteln der Berufung oder der Revision angefochten werden. Eine gegen ein sol...