Detlef Burhoff, Dr. iur. Thorsten Junker
Rdn 305
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Berufung, Verschlechterungsverbot, Allgemeines, Teil A Rdn 292.
Rdn 306
1. Die Bildung einer Gesamtstrafe (§ 53 StGB) ist erforderlich, wenn mehrere Handlungen mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals verletzen. Sie ist aus Einzelstrafen, die für jede Straftat festgesetzt werden, zu bilden (Gesamtfreiheitsstrafe, Gesamtgeldstrafe).
☆ Rechnerischer Anknüpfungspunkt der Gesamtstrafe ist die höchste Einzelstrafe ( Einsatzstrafe )."Einsatzstrafe").
Rdn 307
Das Mindestmaß der Gesamtstrafe ist die geringstmöglich erhöhte Einsatzsatzstrafe (§ 54 Abs. 1 S. 2 StGB). Höchstmaß ist die um mindestens eine Strafeinheit verminderte Summe der Einzelstrafen (§ 54 Abs. 2 S. 1 StGB).
Rdn 308
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Wegen dreimaliger Leistungserschleichung werden gegen L Geldstrafen von 10, 10 und 15 Tagessätzen verhängt. Das Mindestmaß der Gesamtgeldstrafe beträgt 16 Tagessätze, deren Höchstmaß 34 Tagessätze. |
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Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe |
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Beispiel: Wegen zweier Diebstähle gegen D eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten und eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen verhängt. Das Mindestmaß der Gesamtfreiheitsstrafe beträgt gem. § 39 StGB sieben Monate und eine Woche, deren Höchstmaß beträgt gem. §§ 54 Abs. 2 S. 1, 39 StGB acht Monate. |
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R wird wegen Raubes zur Einzelfreiheitsstrafe von 5 Jahren sechs Monaten, wegen bewaffneten Handeltreibens in nicht geringer Menge zur Einzelfreiheitsstrafe von 8 Jahren und 4 Monaten sowie wegen räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer zur Einzelfreiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt. Das Mindestmaß der Gesamtfreiheitsstrafe beträgt 8 Jahre und fünf Monate, deren Höchstmaß gem. § 54 Abs. 2 S. 1 StGB 15 Jahre. |
Rdn 309
2.a) Bei Bildung der Gesamtstrafe durch das Erstgericht gilt das VerschlVerb sowohl für die Gesamtstrafe selbst als auch für die ihr zugrunde liegenden Einzelstrafen (h.M., vgl. u.a. BayObLG NStZ-RR 2004, 22; Graf/Eschelbach, § 331 Rn 30; LR-Gössel, § 331 Rn 67; Meyer-Goßner/Schmitt, § 331 Rn 18 jew. m.w.N.).
☆ War dem AG bei der Bildung der Gesamtstrafe zugunsten des Angeklagten ein Fehler unterlaufen, ist das Berufungsgericht bei alleinigem Rechtsmittel des Angeklagten auch insoweit gebunden.zugunsten des Angeklagten ein Fehler unterlaufen, ist das Berufungsgericht bei alleinigem Rechtsmittel des Angeklagten auch insoweit gebunden.
Rdn 310
b) Hatte das Erstgericht ein unzutreffendes Konkurrenzverhältnis angenommen, ist dies vom Berufungsgericht richtigzustellen. Dabei darf es jedoch auch hier infolge der ganzheitlichen Betrachtung, die einen Gesamtvergleich des früheren und des neuen Rechtsfolgenausspruchs erfordert, das Strafübel insgesamt nicht erhöhen.
Rdn 311
Ist das AG von nur einer Tat ausgegangen und kommt das LG zu dem Ergebnis, dass zwei Taten vorliegen, setzt es jeweils Einzelstrafen fest; die daraus zu bildende Gesamtstrafe darf die vom AG verhängte (Einzel-)Strafe jedoch nicht überschreiten (Meyer-Goßner/Schmitt, § 331 Rn 18 m.w.N.). Nimmt das LG umgekehrt anstelle zweier tatmehrheitlich abgeurteilter Delikten nur eine Tat an, kann es auf eine Strafe bis zur Höhe der vom AG gebildeten Gesamtstrafe erkennen (BGH JR 1983, 210 m. Anm. Keller; VRS 66, 443).
Rdn 312
Ist im amtsgerichtlichen Urteil eine Gesamtstrafe aus Einzelstrafen für eine Einheitstat und für weitere Straftaten gebildet worden, werden dann im Berufungsurteil statt der Einheitstat zwei selbstständige Straftaten angenommen und fallen andererseits eine oder mehrere Einzelstrafen weg, so darf jede der neuen Einzelstrafen für die jetzt angenommenen selbstständigen Straftaten die Höhe der früheren Einheitsstrafe erreichen, wobei die neue Gesamtstrafe weder die frühere Gesamtstrafe übersteigen noch die Summe aus der früheren Einheitsstrafe und den bestehen gebliebenen Einzelstrafen erreicht werden darf (OLG Hamm StRR 2014, 362 [Ls.]; OLG München, Beschl. v. 15.6.2005 – 4St RR 92/05).
Rdn 313
c) Handelt es sich bei den Einzelstrafen sowohl um Freiheitsstrafen als auch um Geldstrafen, so ist entweder unter Erhöhung der Einsatzstrafe und Einbeziehung aller Einzelstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden, deren Höhe die vom AG verhängte Gesamtstrafe nicht überschreiten darf, oder aber – wenn die Strafkammer die Einzelgeldstrafen nicht mit einbeziehen will, neben der Gesamtfreiheitsstrafe außerdem eine Gesamtgeldstrafe zu bilden, wobei die Summe der Gesamtfreiheitsstrafe und der Anzahl der Tagessätze der Gesamtgeldstrafe die vom AG verhängte Gesamtfreiheitsstrafe nicht übersteigen darf (OLG Schleswig SchlHA 2000, 146). Dies gilt auch für den umgekehrten Fall, dass eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe aufgelöst und auf beide Strafarten nebeneinander erkannt wird (KG, Beschl. v. 18.11.1998 – 1 AR 1296/98; 3 Ws 626/98).
Rdn 314
Hatte das AG die Bildung einer Gesamtstrafe aus Geld- und Freiheitsstrafe (ausdrücklich oder konkludent) abgelehnt, kann das LG eine Gesamtfreiheitsstrafe nicht ohne Verstoß gegen § 33...