Detlef Burhoff, Dr. iur. Thorsten Junker
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Es ist zu unterscheiden, zwischen der Form und dem Inhalt der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. |
2 |
.Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet gem. § 79 Abs. 5 S. 1 OWiG grds. durch Beschluss. |
3. |
In der Praxis von hoher Bedeutung ist die Regelung des § 349 Abs. 2 und 3, der im Rechtsbeschwerdeverfahren über § 79 Abs. 3 OWiG entsprechend anwendbar ist. |
4. |
Das Rechtsbeschwerdegericht kann durch Beschluss oder Urteil entscheiden. Es kann in der Sache selbst entscheiden oder das tatrichterliche Urteil aufheben und die Sache zurückverweisen. |
Rdn 1103
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 1053.
Rdn 1104
1. Es ist zu unterscheiden, zwischen der Form (vgl. Rdn 1105) und dem Inhalt (vgl. Rdn 1106 ff.) der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
Rdn 1105
2. Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet gem. § 79 Abs. 5 S. 1 OWiG grds. durch Beschluss. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss nach § 72 OWiG, ist ausschließlich eine Beschlussentscheidung des Beschwerdegerichts möglich. Wird hingegen ein amtsrichterliches Urteil angefochten, kann das Beschwerdegericht gem. § 79 Abs. 5 S. 2 OWiG nach seinem Ermessen auch nach Durchführung einer HV durch Urteil entscheiden. Für eine solche HV gelten die Vorschriften der §§ 350, 351 entsprechend (→ Revision, Hauptverhandlung, Teil A Rdn 2091, und → Revision, Pflichtverteidiger, Teil A Rdn 2187).
Rdn 1106
3. In der Praxis von hoher Bedeutung ist die Regelung des § 349 Abs. 2 und 3, der im Rechtsbeschwerdeverfahren über § 79 Abs. 3 OWiG entsprechend anwendbar ist (KK-OWiG/Senge, § 79 Rn 150a; Rebmann/Roth/Herrmann, § 79 Rn 38). Nach dieser Vorschrift gestaltet sich der Verfahrensablauf nach der Einlegung der Rechtsbeschwerde wie folgt:
Rdn 1107
Verfahrensablauf Verwerfung nach § 349 Abs. 2
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Die GStA, beantragt unter Anführung einer Begründung, die Rechtsbeschwerde durch Beschluss zu verwerfen. |
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Diese Begründung ist dem Beschwerdeführer zur Gegenäußerung mitzuteilen, die innerhalb von 2 Wochen erfolgen muss. |
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Nach Ablauf dieser 2-wöchigen Stellungnahmefrist entscheidet der Bußgeldsenat, ob die Rechtsbeschwerde gemäß dem Antrag der GStA durch Beschluss als "offensichtlich unbegründet" verworfen wird. |
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Ein solcher Beschluss setzt Einstimmigkeit voraus. Diese ist ohne Weiteres in den Fällen gegeben, in denen nach § 80a OWiG in der Besetzung mit einem Richter entschieden wird (s. hierzu → Rechtsbeschwerde, Zuständigkeit, Teil A Rdn 1282). Zudem bedarf der Beschluss keiner Begründung. Die OLG werden deshalb durch dieses Instrument der Beschlussverwerfung erheblich entlastet (vgl. ausführlich KK-OWiG/Senge, § 79 Rn 150; Rebmann/Roth/Herrmann, § 79 Rn 38). |
Rdn 1108
4.a) Die Rechtsbeschwerde ist begründet, sofern ein Verfahrenshindernis oder ein durchgreifender Fehler auf dem Gebiet des Verfahrensrechts oder des sachlichen Rechts vorliegt. Die amtsgerichtliche Entscheidung ist dann gem. § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 353 Abs. 1 aufzuheben (zu den Gründen für die Fehlerhaftigkeit einer amtsrichterlichen Entscheidung s. → Rechtsbeschwerde, Sachrüge, Teil A Rdn 1157 und → Rechtsbeschwerde, Verfahrensrüge, Teil A Rdn 1182).
☆ Die Aufhebung erfolgt insoweit , wie der angefochtenen Entscheidung ein Rechtsfehler anhaftet. Betrifft der Rechtsfehler die gesamte Entscheidung, erfolgt eine vollständige Aufhebung. Sind nur Teile der Entscheidung rechtsfehlerhaft, erfolgt nur eine Teilaufhebung.Aufhebung erfolgt insoweit, wie der angefochtenen Entscheidung ein Rechtsfehler anhaftet. Betrifft der Rechtsfehler die gesamte Entscheidung, erfolgt eine vollständige Aufhebung. Sind nur Teile der Entscheidung rechtsfehlerhaft, erfolgt nur eine Teilaufhebung.
Rdn 1109
b) Wenn das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung aufhebt, hat es gem. § 79 Abs. 6 OWiG mehrere Entscheidungsmöglichkeiten:
Rdn 1110
aa) Abweichend von § 354 kann das OLG stets in der Sache selbst entscheiden. Voraussetzung ist jedoch, dass der Amtsrichter vollständige und tragfähige Feststellungen zur Sache getroffen hat, die eine eigene Sachentscheidung der Rechtsbeschwerdeentscheidung ermöglichen. Daran fehlt es z.B., wenn das amtsgerichtliche Urteil nahezu keine Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen enthält (BVerfG NJW 1995, 443).
Rdn 1111
Entscheidet das OLG in der Sache selbst, kann es jede Sachentscheidung treffen, die dem AG bei einer Zurückverweisung der Sache eröffnet wäre, also z.B.:
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Änderung (OLG Düsseldorf NZV 1994, 42; OLG Hamburg NStZ-RR 1999, 57, 59; OLG Hamm NStZ-RR 1999, 23) oder Klarstellung (OLG Zweibrücken NZV 1992, 460) des Schuldspruchs, |
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Freispruch des Betroffenen (OLG Düsseldorf VRS 85, 134; OLG Koblenz VRS 76, 397), |
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Änderung der Geldbuße und/oder Nebenfolge (OLG Düsseldorf DAR 1993, 361; NStZ-RR 1998, 84), |
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Neufestsetzung der Geldbuße nach einer Schuldspruchänderung (OLG Hamm NStZ-RR 1999, 23), |
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Änderung des Konkurrenzverhältnisses von Tateinheit in Tatmehrheit oder umgekehrt (vgl. OLG Bremen NJW 1975, ... |