Das Wichtigste in Kürze:

1. Bei einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im Revisionsverfahren eröffnet § 356a die Möglichkeit zur Erhebung einer Anhörungsrüge.
2. Voraussetzung für die Nachholung des rechtlichen Gehörs ist gem. § 356a ein form- und fristgerechter Antrag des Betroffenen.
3. Fehlt es an der notwendigen Begründung und der Glaubhaftmachung der Kenntniserlangung von der Gehörsverletzung und wird der Antrag nicht innerhalb einer Woche nach Kenntniserlangung eingereicht, ist die Anhörungsrüge unzulässig.
4. Ist der Antrag hingegen zulässig und begründet, versetzt das Revisionsgericht das Verfahren in die Lage vor Erlass der angefochtenen Entscheidung zurück.
 

Rdn 2023

 

Literaturhinweise:

Beukelmann, Bedeutung von Anhörungsrüge nach § 356a und Gegenvorstellung, NJW-Spezial 2008, 344

Burhoff, Die wesentlichen Neuerungen des Anhörungsrügengesetzes für das Strafverfahren, PA 2005, 13

ders., Die Anhörungsrüge im Strafverfahren, ZAP F. 22, S. 409

ders., Wiederaufleben von Zwangsmaßnahmen bei Rechtskraftdurchbrechung, StRR 2007, 15

Desens, Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde und ihr Verhältnis zu fachgerichtlichen Anhörungsrügen, NJW 2006, 1243

Eschelbach, Anhörungsrügen im Strafprozess, ZAP F. 22, S. 605

Eschelbach/Geipel/Weiler, Anhörungsrügen, StV 2010, 325

Lohse, Fünf Jahre Anhörungsrüge (§ 356a StPO) – kein Grund zum Feiern, StraFo 2011, 433

Krumm, Das Anhörungsrügengesetz in der verkehrsrechtlichen Praxis, SVR 2005, 401

Meyer-Mews, Rechtsschutzgarantie und rechtliches Gehör im Strafverfahren, NJW 2004, 716

Mosbacher, Freiheit durch Säumnis: Keine Haftfortdauer bei Wiedereinsetzung, NJW 2005, 3110

Pohlreich, Zur Fristvorwirkung der Verfassungsbeschwerde im strafgerichtlichen Verfahren, StV 2011, 574

Schnabl, Rechtsmittelverzicht und Anhörungsrüge, AnwBl. 2008, 188

Vielmeier, Rechtswegerschöpfung bei verzögerter Anhörungsrüge, NJW 2013, 346

s. auch die Hinw. bei → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2006, bei → Anhörungsrüge, Allgemeines, Teil A Rdn 1.

 

Rdn 2024

1.a) Bei einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im Revisionsverfahren eröffnet § 356a die Möglichkeit zur Erhebung einer Anhörungsrüge (vgl. ausführlich zur Anhörungsrüge → Anhörungsrüge, Allgemeines, Teil A Rdn 1, m.w.N.; s.a. noch Burhoff, HV, Rn 291). Gegenüber § 33a ist § 356a für das Revisionsverfahren die speziellere Norm (BGH NJW 2009, 1092; NStZ 2007, 236; LR-Franke, § 356a Rn 1; KK-Gericke, § 356a Rn 2 m.w.N.).

 

Rdn 2025

b) Das rechtliche Gehör muss bei einer Revisionsentscheidung verletzt worden sein (vgl. BGH NStZ-RR 2012, 196, 197). Die Anwendung des § 356a kommt deshalb vor allem bei Beschlussentscheidungen in Betracht, weil bei einer Revisionsentscheidung durch Urteil i.d.R. im Rahmen der HV rechtliches Gehör gewährt worden sein wird (vgl. BGHSt 55, 36; BGH, Beschl. v. 24.2.2015 – 1 StR 75/14; BGH NStZ-RR 2010, 117).

 

☆ Die Anhörungsrüge nach § 356a kommt aber im Urteilsverfahren z.B. dann in Betracht, wenn dem Angeklagten, seinem Verteidiger oder einem anderen Beteiligten der Zeitpunkt der Revisions-HV nicht oder nicht rechtzeitig bekannt gegeben wurde oder wenn ein sonstiger Verhinderungsgrund für ein Erscheinen in der HV vorlag (BGH JR 2007, 172 mit zust. Anm. Kretschmer ). Urteilsverfahren z.B. dann in Betracht, wenn dem Angeklagten, seinem Verteidiger oder einem anderen Beteiligten der Zeitpunkt der Revisions-HV nicht oder nicht rechtzeitig bekannt gegeben wurde oder wenn ein sonstiger Verhinderungsgrund für ein Erscheinen in der HV vorlag (BGH JR 2007, 172 mit zust. Anm. Kretschmer).

 

Rdn 2026

Verletzt wird das rechtliche Gehör durch das Revisionsgericht insbesondere, wenn dieses bei seiner Entscheidung zum Nachteil des Beschwerdeführers Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen dieser zuvor nicht gehört wurde (vgl. hierzu BGH NJW 2016, 343; BGH, Beschl. v. 28.7.2015 – 4 StR 168/15). Das Gleiche gilt, wenn zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen wurde (vgl. ausführlich zu praxisrelevanten Fällen: Meyer-Goßner/Schmitt, § 356a Rn 1; KK-Gericke, § 356a Rn 3 f.; Burhoff, HV, Rn 295 ff.; aus der Rspr. BGH NJW 2007, 92; NStZ 2005, 462, 463; NStZ-RR 2005, 173, 174; wistra 2007, 319; Beschl. v. 21.12.2006 – 2 StR 307/06; BGH, Beschl. v. 13.2.2008 – 3 StR 507/07).

 

Rdn 2027

Die Anhörungsrüge gemäß § 356a kommt vor allem in Betracht (→ Anhörungsrüge, Allgemeines, Teil B Rdn 1; vgl. auch noch Burhoff, HV, Rn 297) in folgenden

 

Rdn 2028

 

Beispielsfällen:

wenn das Revisionsgericht bereits über die Revision entschieden hat, obwohl die Frist zur Gegenerklärung auf den Antrag der StA noch nicht abgelaufen war (BT-Drucks 15/3706, 17; KK-Gericke, § 356a Rn 4 m.w.N.),
wenn dem Angeklagten bzw. seinem Verteidiger der Antrag der StA vor der Entscheidung über die Revision nicht zugestellt worden war (BT-Drucks 15/3706, 17; KK-Gericke, § 356a Rn 4 m.w.N.), Die Zustellung an den Verteidiger reicht aus, der Angeklagte muss nicht gesondert benachrichtigt werden (BGH StraFo 2016, 73 und BGH, Beschl. v. 28.7.2015 – 4 StR 168/15 m.w.N.). Bei mehreren Verteid...

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