Daniel Amelung, Lars Bachler
Rdn 187
Literaturhinweise:
Bittmann, Das staatsanwaltliche Auskunftsverlangen gemäß § 95 StPO – Zugleich Besprechung zu LG Halle und LG Gera, NStZ 2001, 27, NStZ 2001, 231; Kopp/Pfisterer, Vorauseilender Gehorsam?, CCZ 2015, 98 (1. Teil), 151 (2. Teil)
Kusnik, Behördliche Anfragen zum Versicherungsnehmer zwecks Strafverfolgung, VersR 2014, 550
s.a. die Hinw. bei → Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Allgemeines, Teil B Rdn 93
→ Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Beschlagnahme, Teil B Rdn 110
→ Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Durchsuchung, Teil B Rdn 153.
Rdn 188
1.a) Gem. § 95 kann vom Gewahrsamsinhaber eines beschlagnahmefähigen Gegenstandes i.S.d. § 94 dessen Herausgabe verlangt werden. Ein Vorgehen der Ermittlungsbehörden nach dieser Vorschrift bietet sich immer dann als strafprozessuales Instrument an, wenn anzunehmen ist, dass der Herausgabepflichtige die gesuchten Beweisgegenstände freiwillig herausgibt, es zur Erlangung des Gegenstandes nicht auf einen Überraschungseffekt ankommt, die Maßnahme erfolgversprechend ist und weder das Gebot der Verfahrensbeschleunigung entgegensteht noch ein das Ermittlungsverfahren bedrohender Verlust der begehrten Sache oder gar Verdunkelungsmaßnahmen zu besorgen sind (LG Dresden NZI 2014, 236, 237 m. Anm. Köllner; LG Saarbrücken NStZ 2010, 534). Das Herausgabeverlangen kann insofern im Vergleich zu einer Durchsuchung die mildere Maßnahme sein; sie geht dann einer Durchsuchungsanordnung vor (LG Saarbrücken NStZ-RR 2013, 183). Für das Herausgabeverlangen sind der Richter, die StA und die Polizei zuständig; Letztere sind auch dann zuständig, wenn keine Gefahr im Verzug besteht (LG Gera NStZ 2001, 276; LG Halle NStZ 2001, 276, 277; LG Lübeck NJW 2000, 3148 f.).
Rdn 189
b) Vor diesem Hintergrund richtet sich der Rechtsschutz wie folgt danach, wer das Herausgabeverlangen ausgesprochen hat. Insoweit gilt:
Rdn 190
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Gegen die richterliche Anordnung sowohl der Herausgabepflicht als auch der Zwangsmittel ist die Beschwerde nach § 304 StPO zulässig (HK-Gercke, § 95 Rn 12; KK-Greven, § 95 Rn 8; MüKo-StPO/Hauschild, § 95 Rn 21; Meyer-Goßner/Schmitt, § 95 Rn 12). |
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Haben die StA oder seine Ermittlungspersonen gehandelt, steht dem betroffenen Gewahrsamsinhaber spätestens dann, wenn die Verhängung von Ordnungs- und Zwangsmitteln nach §§ 95 Abs. 2, 70 beantragt wurde, gem. § 98 Abs. 2 S. 2 analog das Recht zu, eine richterliche Entscheidung darüber herbeizuführen, ob die Voraussetzungen für eine Auslieferung des von der StA herausverlangten Beweisgegenstandes vorliegen (LG Gera NStZ 2001, 276; HK-Gercke, a.a.O.; KK-Greven, a.a.O.; MüKo-StPO/Hauschild, a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.; Bittmann NStZ 2001, 231; krit. SSW-StPO/Eschelbach, § 95 Rn 19). Gegen die richterliche – das Herausgabeverlangen bestätigende – Entscheidung ist wiederum die Beschwerde gem. § 304 eröffnet (vgl. LG Stuttgart, Beschl. v. 23.9.2014 – 11 Qs 8/14, juris Rn 1 und Rn 4). |
Rdn 191
2. Da ein Herausgabeverlangen gem. § 95 – anders als die Beschlagnahme nach § 98 – nicht der richterlichen Präventivkontrolle unterliegt (vgl. LG Gera NStZ 2001, 276; LG Halle NStZ 2001, 276, 277; LG Stuttgart, Beschl. v. 23.9.2014 – 11 Qs 8/14), ist dem Gewahrsamsinhaber über § 98 Abs. 2 S. 2 analog auch nachträglicher Rechtsschutz einzuräumen (vgl. LG Gera NStZ 2001, 276), zumal die – mit Zwangsmittelandrohung einhergehende – Herausgabe bzw. Erteilung von Auskünften mit einem nicht unerheblichen Eingriff in Freiheitsrechte, insbesondere dem der informationellen Selbstbestimmung, einhergehen dürfte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11.7.2006 – 2 BvR 1717/04).
Siehe auch: → Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Allgemeines, Teil B Rdn 93, m.w.N.; →Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Beschlagnahme, Teil B Rdn 110; → Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Durchsuchung, Teil B Rdn 153.