Daniel Amelung, Lars Bachler
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Wiedereinsetzung ist in den §§ 45, 46 geregelt. |
2. |
Das Wiedereinsetzungsverfahren wird eingeleitet durch einen schriftlichen Wiedereinsetzungsantrag. |
3. |
Gem. § 45 Abs. 2 S. 2 ist im Wiedereinsetzungsantrag zunächst innerhalb der Antragsfrist die versäumte Handlung nachzuholen, falls das noch nicht geschehen sein sollte. |
4. |
Der Wiedereinsetzungsantrag muss nach § 45 Abs. 2 S. 1 so vollständig begründet werden, dass ihm die unverschuldete Verhinderung des Antragstellers an der Fristversäumung entnommen werden kann. |
5. |
Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind gem. § 45 Abs. 2 S. 1 entweder bei der Antragstellung, spätestens jedoch im Verfahren über den Antrag, glaubhaft zu machen. |
6. |
Nach § 45 Abs. 1 S. 1 beträgt die Antragsfrist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags eine Woche nach Wegfall des Hindernisses. |
Rdn 1486
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Allgemeines, Teil B Rdn 1479.
Rdn 1487
1. Die Wiedereinsetzung wird nach/in einem besonderen Verfahren, das in den §§ 45, 46 geregelt ist, gewährt (zum Vorrang des Wiedereinsetzungsantrags gegenüber einer Verfassungsbeschwerde und zur Ausschöpfung des Rechtsweges s. BVerfG NJW 2005, 3629; → Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, Rechtswegerschöpfung, Teil C Rdn 1182).
Rdn 1488
Durch ein Wiedereinsetzungsverfahren werden andere Verfahren/Anträge nicht ausgeschlossen. So ist z.B. im Revisionsverfahren, wenn die Revision vom Tatgericht wegen Fristversäumung nach § 346 Abs. 1 verworfen worden ist, neben einem Wiedereinsetzungsantrag immer auch ein Antrag nach § 346 Abs. 2 zulässig (vgl. dazu → Revision, Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts, Teil A Rdn 2037; Burhoff, HV, Rn 2222). Entsprechendes gilt im Berufungsverfahren für die Verwerfung des Antrags durch das AG nach § 319 (→ Berufung, Unzulässigkeit, Verwerfung durch das AG,Teil A Rdn 353).
☆ Diese Anträge sollte der Verteidiger aus Gründen der anwaltlichen Vorsorge neben einem Wiedereinsetzungsantrag auch immer stellen .immer stellen.
Rdn 1489
2. Das Wiedereinsetzungsverfahren wird eingeleitet durch einen schriftlichen Wiedereinsetzungsantrag (zu den Anforderungen an den Antrag s. unten Rdn 1491 ff.; eingehend auch BGH NStZ-RR 2010, 378; OLG Dresden NStZ 2005, 398). Für die Form des Antrages gelten die allgemeinen Regeln (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Form, Allgemeines, Teil A Rdn 1509 ff., m.w.N.).
Rdn 1490
3. Gem. § 45 Abs. 2 S. 2 ist im Wiedereinsetzungsantrag zunächst innerhalb der Antragsfrist die versäumte Handlung nachzuholen, falls das noch nicht geschehen ist. Ist dafür eine besondere Form vorgesehen, muss diese eingehalten werden, anderenfalls ist der Antrag unzulässig (vgl. u.a. BGH NStZ 1989, 15 [M]; ähnlich OLG Brandenburg, Beschl. v. 9.1.2009 – 1 Ss (OWi) 228 B/08). Das gilt auch, wenn es sich um eine Wiedereinsetzung von Amts wegen wegen eines ausschließlich auf Fehlern der Justiz beruhenden Unzulässigkeit beruht (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26.2.2016 – 1 Ss 6/16).
☆ Das bedeutet, dass im Revisionsverfahren ggf. die (Form) Voraussetzungen der §§ 344 Abs. 2, 345 Abs. 2 zu beachten sind (→ Revision, Begründung, Allgemeines , Teil A Rdn 2045 ff., m.w.N.). Es gilt die Monatsfrist des § 345 Abs. 1 S. 1 (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26.2.2016 – 1 Ss 6/16).Voraussetzungen der §§ 344 Abs. 2, 345 Abs. 2 zu beachten sind (→ Revision, Begründung, Allgemeines, Teil A Rdn 2045 ff., m.w.N.). Es gilt die Monatsfrist des § 345 Abs. 1 S. 1 (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26.2.2016 – 1 Ss 6/16).
Rdn 1491
4.a) Der Wiedereinsetzungsantrag muss nach § 45 Abs. 2 S. 1 – innerhalb der Antragsfrist (vgl. dazu Rdn 1496) – unter Behauptung von Tatsachen so vollständig begründet werden, dass ihm die unverschuldete Verhinderung des Antragstellers an der Fristversäumung entnommen werden kann (BGH NStZ-RR 2010, 378; OLG Hamm, Beschl. v. 13.7.2012 – III 3 RBs 192/12; wegen der Einzelh. auch Sommer StRR 2008, 168, 169). Die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen sollen, müssen also so umfangreich dargelegt werden, dass dem Wiedereinsetzungsrecht eine Beurteilung der zu entscheidenden Fragen ermöglicht (s. z.B. OLG Köln StraFo 2011, 266; zum Muster eines Wiedereinsetzungsantrages s. unten Rdn 1499).
☆ Der Sachvortrag muss so umfangreich und plausibel sein, dass er der Sache nach ein hinreichendes Maß an Wahrscheinlichkeit aufweist (BVerfG NJW 1969, 1531; BGHSt 21, 350). Das Vollständigkeitserfordernis bezieht sich allerdings nicht auf Umstände, die das Wiedereinsetzungsgericht aufgrund eigener Akteneinsicht nachvollziehen kann (s. auch Sommer StRR 2008, 168, 169). Hierzu gehören z.B. die Daten der Niederlegung eines Schriftstücks oder die unterlassene Rechtsmittelbelehrung.hinreichendes Maß an Wahrscheinlichkeit aufweist (BVerfG NJW 1969, 1531; BGHSt 21, 350). Das Vollständigkeitserfordernis bezieht sich allerdings nicht auf Umstände, die das Wiedereinsetzungsgericht aufgrund eigener Akteneinsicht nachvollziehen kann (s. auch Sommer StRR...