Das Wichtigste in Kürze:

1. § 36 Abs. 1 und 3 BtMG regeln die Anrechnung der abgeleisteten Therapiezeit auf die Strafe.
2. Die obligatorische Anrechnung ist in § 36 Abs. 1 BtMG geregelt.
3. Die fakultative Anrechnung ist in § 36 Abs. 3 BtMG geregelt.
4. Zuständigkeit und Verfahren sind in § 36 Abs. 5 BtMG geregelt.
 

Rdn 97

 

Literaturhinweise:

s. die Hinweise bei → Zurückstellung, Allgemeines, Teil B Rdn 92.

 

Rdn 98

1. § 36 Abs. 1 und 3 BtMG regeln die Anrechnung der abgeleisteten Therapiezeit auf die Strafe. Zu unterscheiden ist die obligatorische Anrechnung von Behandlungszeiten in einer staatlich anerkannten Einrichtung gem. § 36 Abs. 1 BtMG (vgl. Rdn 100 ff.) und die fakultative Anrechnung von Behandlungszeiten gem. § 36 Abs. 3 BtMG, in Fällen, bei denen die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 S. 1 BtMG nicht vorliegen (Rdn 109 ff.; zum JGG-Verfahren → Jugendliche, Vollstreckung, Jugendstrafe, Teil B Rdn 786).

 

Rdn 99

Die Anrechnungsmöglichkeiten werden ergänzt durch die Vorschriften der §§ 36 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 BtMG, die die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung der verbleibenden Strafe regeln. Diese Anrechnungs- und Aussetzungsmöglichkeiten ergänzen die Regelungen des § 35 BtMG und das gesetzgeberische Anliegen des Prinzips "Therapie statt Strafe". Durch die Möglichkeiten der Anrechnung abgeleisteter Therapiezeit und Bewährungsaussetzung des Strafrestes soll ein Anreiz zur Förderung der Therapiebereitschaft des Verurteilten gesetzt werden und zugleich verhindert werden, dass ein erfolgreicher Therapieabschluss durch eine sich anschließende Strafvollstreckung ggf. wieder gefährdet oder zunichte gemacht wird (MüKo-StGB/Kornprobst, § 36 BtMG Rn 1).

 

Rdn 100

2.a) Die obligatorische Anrechnung ist in § 36 Abs. 1 BtMG geregelt. § 36 Abs. 1 S. 1 BtMG setzt voraus, dass die Strafvollstreckung gem. § 35 BtMG zurückgestellt war (Rdn 101), die Behandlung des Verurteilten in einer staatlich anerkannten Einrichtung stattfand (Rdn 102) und er die Behandlungszeiten nachweist (Rdn 106). Liegen die Voraussetzungen vor, ist der Aufenthalt in der Einrichtung auf die Strafe zwingend anzurechnen, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt sind. Dies gilt unabhängig vom Therapieerfolg, auch wenn die Behandlung gescheitert ist und seitens des Verurteilten oder durch die Einrichtung abgebrochen wurde sind die bis dato verwirklichten Behandlungszeiten anzurechnen (OLG Düsseldorf StV 1997, 542).

 

Rdn 101

b) Die Anrechnung knüpft an eine förmliche Zurückstellung der Strafvollstreckung durch die Vollstreckungsbehörde an, so dass nach dem Gesetzeswortlaut des § 36 Abs. 1 S. 1 BtMG Behandlungszeiten, die vor einer Zurückstellungsentscheidung liegen, etwa weil die Therapie bereits vor Einleitung der Strafvollstreckung vollständig durchgeführt (OLG Hamm Beschl. v. 19.1.2015 – 1 VAs 87/14 m.w.N.) oder die Zurückstellungsentscheidung erst während einer laufenden Therapie getroffen worden ist, nicht obligatorisch anzurechnen sind. Zum Teil wird vertreten, § 36 Abs. 1 S. 1 BtMG sei in solchen Fällen analog anzuwenden, um den Verurteilten nicht schlechter zu stellen als den erst nach einer Verurteilung therapiewilligen Täter (OLG Düsseldorf NStZ 1992, 244). Dem steht indes der eindeutige Wortlaut des § 36 Abs. 1 S. 1 BtMG entgegen sowie die Tatsache, dass § 36 Abs. 3 BtMG derartige Fälle im Rahmen der fakultativen Anrechnung erfasst, so dass mangels Regelungslücke eine analoge Anwendung ausscheidet (MüKo-StGB/Kornprobst, § 36 BtMG Rn 9). Im Ergebnis ist die Streitfrage freilich auch ohne praktische Bedeutung, da eine fakultative Anrechnung über § 36 Abs. 3 BtMG möglich und in aller Regel auch geboten ist (so auch: Malek, 5. Kap. Rn 109; LG Magdeburg StV 2005, 284).

 

Rdn 102

c)aa) Die Behandlung muss in einer staatlich anerkannten Einrichtung stattgefunden haben. Über die staatliche Anerkennung entscheiden die Länder. Die staatlich anerkannten ambulanten und stationären Therapieeinrichtungen werden regelmäßig veröffentlicht (vgl. z.B. für NRW: Bek. d. Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter zur Anerkennung von Einrichtungen zur Behandlung Drogenabhängiger nach dem 7. Abschnitt des Betäubungsmittelgesetzes v. 16.1.2015, MBl NRW 3/2015, S. 65).

 

☆ Hat die Therapie in einer nicht staatlich anerkannten Einrichtung stattgefunden, kommt lediglich die fakultative Anrechnung gem. § 36 Abs. 3 BtMG in Betracht (Rdn  109  ff.).nicht staatlich anerkannten Einrichtung stattgefunden, kommt lediglich die fakultative Anrechnung gem. § 36 Abs. 3 BtMG in Betracht (Rdn 109 ff.).

 

Rdn 103

bb) Als "Behandlung" ist nur die äußerliche Teilnahme des Verurteilten einer Therapie zu verstehen, ohne dass eine inhaltliche Prüfung stattfindet. Der Erfolg der Behandlung ist für die Anrechnung ohne Bedeutung, ebenso, ob der Verurteilte an den therapeutischen Maßnahmen aktiv mitgewirkt oder sich destruktiv verhalten hat (OLG Düsseldorf StV 1997, 542; AG Neuwied StV 2001, 468).

 

Rdn 104

Eine Anrechnung nach § 36 Abs. 1 BtMG findet auch bei ambulan...

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