Das Wichtigste in Kürze:

1. Die häufigsten Rechtsfolgen im Jugendstrafverfahren sind Weisungen als Erziehungsmaßregel und Auflagen als Zuchtmittel.
2. Weisungen und Auflagen können nachträglich geändert werden.
3. Das Verfahren über die nachträglichen Entscheidungen richtet sich nach § 65 JGG.
4. Der Beschluss, durch den die Änderung einer Weisung abgelehnt wird, ist gem. § 65 Abs. 2 S. 1 JGG unanfechtbar.
5. Kommt ein Jugendlicher Weisungen oder Auflagen schuldhaft nicht nach, so kann Ungehorsamsarrest verhängt werden.
6. Nach § 12 JGG kann der Richter dem Jugendlichen auferlegen, Hilfe zur Erziehung nach dem SGB VIII in Anspruch zu nehmen.
7. Die Maßnahme selbst steht unter dem Finanzierungsvorbehalt des § 36a SGB VIII.
 

Rdn 760

 

Literaturhinweise:

Brandt, Zukunft ambulanter jugendstrafrechtlicher Maßnahmen vor dem Hintergrund von § 36a SGB VIII, NStZ 2007, 190

Böhm/Feuerhelm, Einführung in das Jugendstrafrecht. 4. Aufl. 2004

Böttcher/Weber, Erstes Gesetz zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes NStZ 1990, 561

Eisenberg, Jugendarrest wegen schuldhafter Nichtbefolgung von Weisungen und Auflagen, ZfJ 1989, 16

Ostendorf, Flexibilität versus Rechtsstaatlichkeit im Jugendstrafrecht GA 2006, 513

ders., Wider die Verselbständigung des sog Ungehorsamsarrestes zu einer zusätzlichen jugendgerichtlichen Sanktion, ZfJ 1983, 563

Wedler, Die Erteilung von Weisungen nach § 10 I JGG gegen den Willen der Eltern, NStZ 2012, 293

Wohlfahrt, Zur Rechtsnatur des Beschlussarrestes nach § 11 Abs. 3 JGG, ZJJ 2012, 392

s.a. die Hinweise bei → Jugendliche, Vollstreckung, Allgemeines, Teil B Rdn 724 m.w.N.

 

Rdn 761

1. Die häufigsten Rechtsfolgen im Jugendstrafverfahren sind Weisungen (ca. 24 %) als Erziehungsmaßregel und Auflagen als Zuchtmittel (ca. 41 %) (Statistisches Bundesamt; Strafverfolgung 2013).

 

Rdn 762

a) Die Jugendgerichte ordnen "aus Anlass der Straftat eines Jugendlichen" Erziehungsmaßregeln an (§ 5 Abs. 1 JGG). Erziehungsmaßregeln sind u.a. die in § 10 JGG nicht abschließend genannten Weisungen. Weisungen sind Gebote und Verbote, welche die Lebensführung des Jugendlichen regeln und dadurch seine Erziehung fördern und sichern sollen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. Die Laufzeit einer Weisung darf zwei Jahre nicht überschreiten; sie soll bei einer Weisung nach § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 JGG (Betreuungsweisung) nicht mehr als ein Jahr, bei einer Weisung nach § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 JGG (sozialer Trainingskurs) nicht mehr als sechs Monate betragen. Als Erziehungsmaßregeln kann auch Hilfe zur Erziehung (§ 12 JGG) angeordnet werden.

 

Rdn 763

b) Zuchtmittel haben nicht die Rechtswirkung einer Strafe, sollen dem Jugendlichen jedoch eindringlich zum Bewusstsein bringen, dass er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat (§ 13 JGG). Im Gegensatz zu den Weisungen haben Zuchtmittel einen eher ahndenden Charakter. Zuchtmittel sind die Verwarnung (§ 14 JGG), die Verhängung von in § 15 JGG abschließend aufgezählten Auflagen sowie Jugendarrest (§ 16 JGG).

 

Rdn 764

c) Sowohl Weisungen als auch Auflagen können originär durch Urteil oder auch im Rahmen einer Bewährungsentscheidung (§§ 21 ff.; 27 ff.; 61 ff; 88 JGG) erteilt werden (→ Bewährung, Jugendliche, Allgemeines, Teil A Rdn 93).

 

Rdn 765

d) Grds. überwacht im Falle der durch Urteil verhängten Weisungen und Auflagen die Jugendgerichtshilfe (§ 38 Abs. 2 S. 5 JGG) über die Einhaltung, bei Bewährungsentscheidungen die Bewährungshilfe (§ 25 S. 4 JGG). Diese sind auch jeweils für die Vermittlung der jeweiligen Arbeitsstelle oder Kurses zuständig. Bei § 61 JGG ("Vorbewährung") arbeiten Jugendgerichtshilfe und Bewährungshilfe eng zusammen (§ 61 b JGG). Es handelt sich um verschiedene Institutionen. Die Jugendgerichtshilfe ist organisatorisch nicht Teil der Justiz, sondern Teil der Jugendhilfe (§ 38 Abs. 1 JGG). Die Durchführung der Bewährungshilfe ist nach § 113 JGG Ländersache. Dies ist der Grund dafür, dass die Bewährungshilfen in der Bundesrepublik Deutschland den unterschiedlichsten Organisationsformen zugeordnet sind. Eine spezialisierte Jugendbewährungshilfe gibt es nur in den Stadtstaaten Hamburg und Berlin.

 

Rdn 766

e) Sowohl für die originäre Verhängung von Weisungen und Auflagen durch Urteil als auch im Rahmen einer Bewährungsentscheidung gelten sowohl

die Abänderungsbefugnis
die Möglichkeit, Ungehorsamsarrest zu verhängen (Ausnahme: Weisungen und Auflagen im Rahmen der "Vorbewährung").
 

Rdn 767

f) Sind Weisungen oder Auflagen erteilt worden, so übersendet der Vollstreckungsleiter der Jugendgerichtshilfe oder in Bewährungsfällen dem Bewährungshelfer eine beglaubigte Abschrift des Urteils mit dem Ersuchen, die Befolgung der Weisungen zu überwachen, erhebliche Zuwiderhandlungen mitzuteilen (§ 38 Abs. 2 JGG) und, falls eine Änderung der Weisungen oder ihrer Laufzeit oder die Befreiung von ihnen angebracht erscheint (§ 11 Abs. 2 JGG), solche Maßnahmen anzuregen (RLJGG III Nr. 1, IV Nr. 2 zu §§ 82–85).

 

Rdn 768

2.a)aa) Weisungen un...

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