Rdn 1035

 

Literaturhinweise:

Bezzel, Können Patienten aus dem Maßregelvollzug (§ 64 StGB) resozialisiert werden?, Forens Psychiatr Psychol Kriminol 2010, 264

Dannhorn, Zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB), NStZ 2012, 414

Kemper, Die Unterbringung in der Entziehungsanstalt zwischen Fehleinweisung und Fehlkonstruktion, 2009

ders., Erfolgreiches Krisenmanagement für die Entziehungsanstalt? Eine erste Bilanz zu den Auswirkungen der Maßregelrechtsreform, R&P 2010, 81

Kreicker, Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben lebenslanger Freiheitsstrafe, NStZ 2010, 239

Pollähne, Effektivere Sicherheit der Bevölkerung und schärfere Kontrolle der Lebensführung. Zur Reform des Maßregelrechts und der Führungsaufsicht, KritV 2007, 387

Schalast, Drogenabhängige Patienten im Maßregelvollzug gemäß § 64 StGB, Forens Psychiatr Psychol Kriminol 2009, 294

ders., Die gesetzliche Neuregelung der Unterbringung gemäß § 64 StGB und die Kapazitätsprobleme der Entziehungsanstalten, R&P 2012, 81

Schalast/Palaschke/Dönisch-Seidel, Evaluation des Maßregelvollzugs gem. § 64 StGB, R&P 2009, 183

Schneider, Die Reform des Maßregelrechts, NStZ 2008, 68

Spiess, Das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt, StV 2008, 160

Trenckmann, Zur Verweildauer im Maßregelvollzug einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB, NStZ 2011, 322.

 

Rdn 1036

1. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) ist auf Heilung des Verurteilten von stoffgebundenen Abhängigkeiten ausgerichtet: Der Verurteilte soll künftige Abstinenz einüben und / oder vor einem Rückfall in akute Sucht für eine gewisse Dauer bewahrt werden (Fischer, § 64 Rn 2). Zugleich hat die Unterbringung auch – aber nicht allein – sichernden Charakter.

 

☆ Auf nicht stoffgebundene Abhängigkeiten ( Spielsucht , Kaufsucht usw.) findet § 64 StGB keine (entsprechende) Anwendung (BGH NJW 2005, 230).nicht stoffgebundene Abhängigkeiten ("Spielsucht", "Kaufsucht" usw.) findet § 64 StGB keine (entsprechende) Anwendung (BGH NJW 2005, 230).

 

Rdn 1037

2.a) Voraussetzungen für die Anordnung sind:

Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen (vgl. Rdn 33),
im Rausch begangene rechtswidrige Tat oder auf den Hang zurückgehende rechtswidrige Tat (Rdn 1039),
Gefahr, dass die Person in Folge des Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begeh wird (Rdn 1040),
hinreichend konkrete Aussicht, dass die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt geheilt oder erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hand bewahrt und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten, die auf den Hang zurückgehen, bewahrt wird (Rdn 1043).
 

Rdn 1038

b) Unter einem Hang, der vom Tatgericht sicher festgestellt worden sein muss, ist eine den Täter treibende oder beherrschende Neigung zu verstehen, das Rauschmittel im Übermaß zu konsumieren. Konsum im Übermaß meint einen Umfang (Maß und Häufigkeit), durch welchen Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt werden (BGH NStZ-RR 2003, 106; NStZ 2004, 494; NStZ-RR 2006, 103; NStZ-RR 2008, 198). Diese Neigung besteht jedenfalls bei körperlicher Abhängigkeit. Zu einem Kontrollverlust über den Konsum, d.h. die Unfähigkeit, die Zufuhr im Einzelfall zu begrenzen, muss es jedoch nicht gekommen sein. Ebenso bedarf es keinen täglichen Konsums und auch kurzfristige Abstinenz oder die Substitution stehen der Feststellung des Hangs nicht entgegen (Fischer, § 64 Rn 7 m.w.N.).

 

☆ Die bloße Neigung zum Rauschmittelmissbrauch , die noch nicht handlungsleitend ist, reicht zur Feststellung eines Hanges jedoch nicht aus.Neigung zum Rauschmittelmissbrauch, die noch nicht handlungsleitend ist, reicht zur Feststellung eines Hanges jedoch nicht aus.

 

Rdn 1039

c) Es muss ein symptomatischer Zusammenhang zwischen dem Hang des Täters und er von ihm begangenen Anlasstat bestehen. Ein Symptomwert für den Hang liegt schon vor, wenn der Hang neben anderen Ursachen zur Tat beigetragen hat (Fischer, § 64 Rn 13). Bei Beschaffungskriminalität liegt die Annahme eines derartigen Zusammenhangs nahe; zwingend ist es indes nicht: Betäubungsmittel- und Eigentumsdelikte Suchtkranker können auch der allgemeinen Finanzierung des Lebensbedarfs dienen. Bei "Konflikttaten" kommt es darauf an, inwieweit der tatauslösende Konflikt symptomatischer Ausdruck des Hangs ist (Fischer, § 64 Rn 13b). Zudem treffen in der Praxis häufig ein chronischer Rauschmittelmissbrauch und (andere) psychische Defekte zusammen. Beruht jedoch die Abhängigkeit auf einer psychischen Erkrankung oder einer gleichwertigen Persönlichkeitsstörung oder ist diese ursächlich für den Fortbestand der Sucht, kommt auch die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB in Betracht, so dass die Überweisung in jene Maßregel angezeigt sein kann.

 

Rdn 1040

d) Es muss die Gefahr bestehen, dass der Täter zumindest auch infolge seines Hanges (weitere) erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird (u.a. BGH NStZ-RR 20...

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