Daniel Hagmann, Monika Oerder
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Das Gebot der materiellen Subsidiarität meint die Erschöpfung innerhalb eines Rechtswegs. |
2. |
Dazu gehört die Ausübung von Antrags-, Beanstandungs-, Frage-, Äußerungs- und Ablehnungsrechten, sowie gehörigen Sachvortrag innerhalb des Ausgangsverfahrens. |
3. |
Aus Gründen der materiellen Subsidiarität können sich auch verfassungsrechtliche Substantiierungsanforderungen im Ausgangsverfahren ergeben. |
Rdn 1177
Literaturhinweise:
Buermeyer, Die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde in Strafsachen in: Emmenegger/Wiedmann (Hrsg.), Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 35
s.a. die Hinw. bei → Verfassungsbeschwerde, Allgemeines, Teil C Rdn 730.
Rdn 1178
1. Die materielle Subsidiarität (Lechner/Zuck, § 90 Rn 157 ff.) wird in der Praxis des BVerfG nicht immer eindeutig von der Rechtswegerschöpfung i.e.S. unterschieden (Buermeyer, S. 35, 46; → Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, Rechtswegerschöpfung, Teil C Rdn 1181). Das Gebot der materiellen Subsidiarität meint die Erschöpfung innerhalb eines Rechtswegs. Nach der Rspr. des BVerfG wird insoweit zusätzlich gefordert, dass der Beschwerdeführer über das Gebot der Rechtswegerschöpfung i.e.S. hinaus die ihm zur Verfügung stehenden weiteren Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder diese gar zu verhindern (BVerfGE 104, 65, 70).
Rdn 1179
2. Zur Erschöpfung innerhalb des Rechtsweges gehört die Ausübung von durch Antrags-, Beanstandungs-, Frage-, Äußerungs- und Ablehnungsrechten durch den Beschwerdeführer (z.B. BVerfG NStZ 2000, 382), um eine Korrektur der Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (BVerfGE 68, 384, 38; 77, 381, 401; 81, 97, 102). Zu nennen sind hier u.a.
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Richterablehnungen |
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Widersprüche gegen Beweisverwertungen |
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Anträge auf Verteidigerbestellung |
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Anträge zur Wiedereinsetzung |
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Anträge analog § 98 Abs. 2 S. 2 StPO |
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Haftprüfungsanträge |
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Anrufungen des Gerichts gem. § 238 Abs. 2 StPO |
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Anträge nach §§ 23 ff. EGGVG |
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Beweisanträge (MAH-Eschelbach, § 31 Rn 74 m.w.N.). |
☆ Das Ausgangsverfahren muss also sorgsam und in gehöriger Weise (→ Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, Rechtswegerschöpfung , Teil C Rdn 1181 ) betrieben worden sein ( Benda/Klein , Rn 584 m.w.N.). Der Beschwerdeführer muss sich bereits im Ausgangsverfahren mit Zähnen und Klauen gegen drohende Verfassungsverstöße gewehrt haben (so zutreffend und prägnant Jahn/Krehl/Löffelmann/Güntge/ Jahn , Rn 231).Ausgangsverfahren muss also sorgsam und in gehöriger Weise (→ Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, Rechtswegerschöpfung, Teil C Rdn 1181) betrieben worden sein (Benda/Klein, Rn 584 m.w.N.). Der Beschwerdeführer muss sich bereits im Ausgangsverfahren "mit Zähnen und Klauen" gegen drohende Verfassungsverstöße gewehrt haben (so zutreffend und prägnant Jahn/Krehl/Löffelmann/Güntge/Jahn, Rn 231).
Rdn 1180
3. Aus Gründen der materiellen Subsidiarität können sich auch verfassungsrechtliche Substantiierungsanforderungen im Ausgangsverfahren (→ Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, Substantiierungsanforderungen, Teil C Rdn 1194) ergeben (Benda/Klein, Rn 585 m.w.N.).
Siehe auch: → Verfassungsbeschwerde, Allgemeines, Teil C Rdn 729, m.w.N.; → Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, Rechtswegerschöpfung, Teil C Rdn 1181; → Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, formelle Subsidiarität, Teil C Rdn 1170; → Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, Substantiierungsanforderungen, Teil C Rdn 1194.