Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Einholung eines externen Prognosegutachtens in den Fällen der Unterbringung nach § 63 StGB ist – abgesehen von der periodischen Begutachtungsfrist des § 463 Abs. 4 StPO – dann erforderlich, wenn sich bei länger andauernder Unterbringung eine günstige Entwicklung in der Behandlung ergeben hat, aufgrund derer die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung in Betracht gezogen wird.
2. Den Sachverständigen wählt das Gericht aus (§ 73 Abs. 1 S. 1 StPO), der Verteidiger soll aber Gelegenheit zur Mitwirkung an der Auswahl erhalten (Nr. 70 Abs. 1 RiStBV).
3. Ergibt sich bei der Erstattung eines Prognosegutachtens die Ungeeignetheit des gerichtlich beauftragten SV, weil dieser trotz Nachbesserung nicht in der Lage war, den Mindestanforderungen eines solchen Gutachtens zu genügen, ist er gem. § 76 Abs. 1 S. 2 StPO von der Verpflichtung zur Erstattung des Gutachtens zu.
4. Für das in Vorbereitung der Überprüfungsentscheidung gem. § 67d Abs. 2 StGB, §§ 463 Abs. 3 Satz 3, 454 Abs. 2 StPO eingeholte SV-Gutachten gelten sog. Mindeststandards.
5. De lege lata soll gem. § 463 Abs. 3 StPO alle fünf Jahre ein externes SV-Gutachten über den nach § 63 StGB Untergebrachten eingeholt werden. Der Verteidigung ist es unbenommen, auch zu anderen (Prüfungs-)Zeitpunkten die Hinzuziehung eines externen SV zu beantragen.
 

Rdn 134

 

Literaturhinweise:

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Barton (Hrsg.), "…weil er für die Allgemeinheit gefährlich ist!", 2006, dort insb. die Beiträge von Pollähne, S. 221 ff., Pfäfflin, S. 259 ff., Leygraf, S. 277, Groß-Bölting, S. 287 und Nowara, S. 175 ff)

Beier, Über den Mythos des Externen, ZfStrVO 200, 285

Birkhoff, Probleme des Strafverteidigers mit Prognosegutachten, StraFo 2001, 401 ff.

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Boetticher/Kröber/Müller-Isberner/Böhm/Müller-Metz/Wolf, Mindestanforderungen an Prognosegutachten, NStZ 2006, 537

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Konrad, Schlechtachten trotz Einhaltung der Mindestanforderungen an Prognosegutachten“, R&P 2010, 30 ff.

Kröber, Gang und Gesichtspunkte der kriminalprognostischen psychiatrischen Begutachtung, NStZ 1999, 593 ff.

Kröber/Steller, Psychologische Begutachtung in Strafverfahren: Indikationen, Methoden und Qualitätsstandards, 2. Aufl. 2005

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dies., Gefährlichkeitsprognosen bei psychisch kranken Straftätern Untersuchung zur Qualität der Gutachten gem. § 14 Abs. 3 MRVG NW, 1995

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s.a. die Hinweise bei → Maßregelvollzug, Allgemeines, Teil C Rdn 2 und bei Burhoff, EV, Rn 3307 u. 3332.

 

Rdn 135

1. Die Einholung eines externen Prognosegutachtens in den Fällen der Unterbringung nach § 63 StGB ist – abgesehen von der periodischen Begutachtungsfrist des § 463 Abs. 4 StPO – dann erforderlich, wenn

sich bei länger andauernder Unterbringung eine günstige Entwicklung in der Behandlung ergeben hat, aufgrund derer die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung in Betracht gezogen wird,
die letzte (externe) Begutachtung länger zurückliegt und
die Stellungnahme der Ärzte des Krankenhauses des Maßregelvollzugs nicht mehr ausreicht, um dem Gericht eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage zu schaffen (st. Rspr; vgl. zuletzt KG StV 2015, 235),

mithin die Kammer die Aussetzung oder Erledigung der Maßregel erwägt. Durch die Hinzuziehung eines externen Gutachters wird dem – zudem mit wachsender Unterbringungsdauer steigenden – Freiheitsint...

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