Detlef Burhoff, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Verteidiger/Vertretung des inhaftierten Mandanten ist zeitintensiv. Daher stellt sich für den Rechtsanwalt, der einen sich nicht auf freiem Fuß befindenden Mandanten verteidigt, die Frage, welche gebührenrechtlichen Auswirkungen dieser Umstand, hat. |
2. |
Nach Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG entsteht für den Verteidiger/Rechtsanwalt eine Gebühr mit Zuschlag vor, wenn sich der Mandant "nicht auf freiem Fuß" befindet. |
3. |
In Nr. 4102 Nr. VV RVG ist für die Teilnahme des Verteidigers an einem "Haftprüfungstermin" eine besondere Vernehmungstermingebühr vorgesehen. |
4. |
Nimmt der Rechtsanwalt für den Angeklagten nur im Rahmen eine Einzeltätigkeit an einem "Haftprüfungstermin" teil, entsteht für ihn eine Verfahrensgebühr Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG. |
Rdn 415
Literaturhinweise:
Burhoff, Der sogenannte Haftzuschlag nach Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG, StRR 2007, 54
ders., Die Gebührenfrage: Haftzuschlag – ja oder nein?, StRR 2009, 174
ders., Was Sie im Strafverfahren zum Haftzuschlag wissen sollten, RVGprofessionell 2010, 77
ders., Die (Vernehmungs-)Terminsgebühr Nr. 4102, 4103 VV RVG, RVGreport 2010, 282
ders., Der Haftzuschlag nach Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG, RVGreport 2011, 242
Kotz, Vergütung nach dem RVG und Kostenrecht, in: MAH § 39
s. i.Ü. die Hinw. bei → Allgemeine Gebührenfragen, Allgemeines, Teil D Rdn 2, und bei → Allgemeine Gebührenfragen, Besonderheiten Pflichtverteidiger, Teil D Rdn 3.
Rdn 416
1. Die Verteidiger/Vertretung des inhaftierten Mandanten erfordert auch in den Rechtsmittelverfahren i.d.R. mehr Zeit als die desjenigen Mandanten, der sich auf freiem Fuß befindet. Daher stellt sich für den Rechtsanwalt, der einen sich nicht auf freiem Fuß befindenden Mandanten verteidigt, die Frage, welche gebührenrechtlichen Auswirkungen dieser Umstand, hat (vgl. dazu Rdn 417 ff.). U-Haft-Fragen spielen i.Ü. auch eine Rolle, wenn der Rechtsanwalt noch im Rechtsmittelverfahren an einem Haftprüfungstermin teilgenommen hat (vgl. dazu Rdn 421 ff.). Schließlich kann sich für den beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt, i.d.R. der Pflichtverteidiger die Frage stellen, ob der Umstand, dass sich sein Mandant nicht auf freiem Fuß befunden, Auswirkungen auf eine ggf. gem. § 51 RVG zu gewährende Pauschgebühr hat (vgl. dazu Burhoff/Burhoff, RVG, § 51 Rn 186).
Rdn 417
2.a) Nach Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG entsteht eine Gebühr mit Zuschlag, wenn sich der Mandant "nicht auf freiem Fuß" befindet. Dieser Haftzuschlag ist im RVG wie folgt geregelt: Im VV RVG sind an vielen Stellen "Gebühren mit Zuschlag" vorgesehen. Das ist im Berufungsverfahren nach den Nrn. 4125, 4127 VV RVG und im Revisionsverfahren nach den Nrn. 4131, 4133 VV RVG der Fall. Wird der Rechtsanwalt erst im Rechtsmittelverfahren beauftragt und entsteht daher für ihn auch noch ein Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG (vgl. dazu → Grundgebühr, Allgemeines, Teil D Rdn 228), kann auch diese nach Nr. 4101 VV RVG ggf. mit Zuschlag entstehen. Entsprechendes gilt für die Vernehmungsterminsgebühr Nr. 4102 VV RVG (vgl. dazu Rdn 421). Schließlich können auch im Wiederaufnahmeverfahren die Gebühren mit Zuschlag entstehen (→ Wiederaufnahmeverfahren, Strafverfahren, Gebühren, Teil D Rdn 612). Wird der Rechtsanwalt/Verteidiger im Beschwerdeverfahren im Strafvollstreckungsverfahren tätig, entstehen die Gebühren nach Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG ebenfalls mit Zuschlag (→ Beschwerde, Gebühren, Teil D Rdn 147 ff.).
☆ Für das Bußgeldverfahren ist in Teil 5 VV RVG ein Haftzuschlag nicht vorgesehen . Hier muss der Umstand, dass sich der Mandant ggf. nicht auf freiem Fuß befunden hat, über § 14 Abs. 1 RVG bei der Bemessung der angemessenen Gebühr in Ansatz gebracht werden (vgl. Burhoff/ Burhoff , RVG, Vorbem. 5 VV Rn 55).Bußgeldverfahren ist in Teil 5 VV RVG ein Haftzuschlag nicht vorgesehen. Hier muss der Umstand, dass sich der Mandant ggf. nicht auf freiem Fuß befunden hat, über § 14 Abs. 1 RVG bei der Bemessung der angemessenen Gebühr in Ansatz gebracht werden (vgl. Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 5 VV Rn 55).
Rdn 418
b) Bei einer Gebühr mit Zuschlag ist die Höchstgebühr des Betragsrahmens bzw. der Festbetrag jeweils um 25 % angehoben. Der Gebührenrahmen ist also gegenüber der jeweiligen "Grundgebühr" erhöht. Die Gebühr entsteht, wenn Mandant nicht auf freiem Fuß ist, immer aus dem erhöhten Rahmen (vgl. a. Rdn 420). Die jeweils angemessene Gebühr ist innerhalb des jeweiligen von der Gebühr mit Zuschlag vorgegebenen Gebührenrahmens unter Anwendung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG zu finden. Der Umstand der Inhaftierung oder Unterbringung wird bei der Bemessung der konkreten Gebühr innerhalb des Rahmens nach § 14 Abs. 1 RVG aber nicht (mehr) besonders berücksichtigt (AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV Vorb. 4 Rn 58; Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn 113).
Rdn 419
c)aa) Die Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG regelt allgemein, wann eine Gebühr mit (Haft-)Zuschlag entsteht. Hier können aus Platzgründen nicht alle Einzelh. des (Haft-)Zuschlags nach Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG dargestellt werden, die Darstellung muss sich...