Das Wichtigste in Kürze:

1. Gem. §§ 21 Abs. 1 S. 1; 15 Abs. 2 S. 2 RVG kann der Rechtsanwalt im Fall der Zurückverweisung an ein untergeordnetes Gericht die Gebühren in dem dann neuen Rechtszug (ggf. noch einmal) fordern.
2. Voraussetzung für die Anwendung der Vorschriften der §§ 21, 15 RVG ist, dass das Rechtsmittelgericht aufgrund eines Rechtsmittels mit der Angelegenheit befasst worden ist.
3. Nach einer Zurückverweisung i.S.v. § 21 Abs. 1 RVG gilt das nachfolgende Verfahren als neuer Rechtszug. Der Rechtsanwalt verdient also Gebühren aus dem vorausgegangenen Verfahren ggf. noch einmal.
 

Rdn 643

 

Literaturhinweise:

Burhoff, Die Abrechnung der anwaltlichen Tätigkeit in mehreren Strafverfahren – Teil 3: Verweisung und Zurückverweisung, RVGreport 2009, 8

ders., Verweisung und Zurückverweisung von Verfahren: So wirkt sie sich auf die Gebühren aus, RVGprofessionell 2013, 50

Mümmler, Anwaltliche Gebühren bei Zurückverweisung in Strafsachen, JurBüro 1981, 1476

ders., Anfall von Anwaltsgebühren nach Zurückverweisung, JurBüro 1992, 150

s. i.Ü. a. die Hinw. bei → Allgemeine Gebührenfragen, Allgemeines, Teil D Rdn 2, und bei den u.a. Stichwörtern.

 

Rdn 644

1. § 21 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt, dass im Fall der Zurückverweisung an ein untergeordnetes Gericht, das weitere Verfahren vor diesem Gericht ein neuer Rechtszug ist. Das bedeutet nach § 15 Abs. 2 RVG, dass der Rechtsanwalt die Gebühren diesem (neuen) Rechtszug (ggf. noch einmal) fordern kann (vgl. dazu unten Rdn 647). Zurückverweisung ist eine den Rechtsmittelzug beendende Entscheidung eines Rechtsmittelgerichts, die einem in dem Instanzenzug untergeordneten Gericht die abschließende Entscheidung überlässt (Burhoff/Burhoff, RVG, Teil A: Zurückverweisung [§ 21], Rn 2415; OLG München AGS 2011, 219 für das Zivilrecht). Auch wenn ein Verfassungsgericht die Entscheidung eines Gerichts aufhebt und die Sache an dieses zurückverweist, ist das weitere Verfahren vor diesem Gericht ein neuer Rechtszug (BGH AGS 2013, 453).

 

Rdn 645

2.a) Voraussetzung für die Anwendung der Vorschriften ist, dass das Rechtsmittelgericht aufgrund eines Rechtsmittels mit der Angelegenheit befasst worden ist (Burhoff/Burhoff, RVG, Teil A: Zurückverweisung [§ 21], Rn 2410 ff.). Dies ist in den Fällen der Berufung, (Sprung-)Revision, Beschwerde oder Rechtsbeschwerde der Fall (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Allgemeines, Teil A Rdn 1289, m.w.N.).

 

Rdn 646

b) Erforderlich ist zudem, dass auch die Hauptsache an das Rechtsmittelgericht gelangt ist. Das bedeutet, dass die Regelung bei Beschwerden keine Anwendung findet. Um eine Zurückverweisung i.S.d. § 21 RVG handelt es sich auch nicht, wenn sich das Rechtsmittel nur gegen eine Zwischenentscheidung gerichtet hat. Das ist z.B. bei Beschwerden gegen die Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung, bei Haftbeschwerden oder bei Beschwerden gegen § 111a-Beschlüsse der Fall (vgl. die Beispiele bei Burhoff/Burhoff, RVG, Teil A: Zurückverweisung [§ 21], Rn 2410 ff.; zur Abrechnung von Beschwerden → Beschwerde, Gebühren, Teil D Rdn 130).

 

Rdn 647

3.a)aa) Nach einer Zurückverweisung i.S.v. § 21 Abs. 1 RVG gilt das nachfolgende Verfahren als neuer Rechtszug (LG Dresden AGS 2006, 169). Nach § 15 Abs. 2 RVG verdient der Rechtsanwalt alle Gebühren im nachfolgenden Verfahren gesondert und ggf. zusätzlich zu den Gebühren, die bereits im vorhergehenden Verfahren entstanden sind (OLG Düsseldorf StV 1993, 653; AG Wernigerode AGS 2015, 224 m. Anm. Burhoff RVGreport 2015, 137). D.h. z.B.: Wird ein Verfahren vom OLG an das LG zurückverwiesen, verdient der Rechtsanwalt die Gebühren Nrn. 4142 ff. VV RVG noch einmal. Entsprechendes gilt für die Zurückverweisung vom BGH an das LG für die Gebühren Nr. 4112 ff. VV RVG. Nach Aufhebung eines Urteils in einem Verfahren, in dem "besondere Gebühren" gelten, wie z.B. im Schwurgerichtverfahren, und Zurückverweisung erhält der Rechtsanwalt/Verteidiger, wenn keine besondere Anordnung nach § 354 Abs. 3 ergangen ist, der Höhe nach die besonderen Gebühren auch weiterhin (LG Osnabrück RVGreport 2014, 24 m. Anm. Burhoff StRR 2013, 439).

 

Rdn 648

bb) Bei der Bemessung der konkreten (gerichtlichen) Verfahrensgebühr kann nach Zurückverweisung über § 14 Abs. 1 RVG ggf. berücksichtigt werden, dass dem Rechtsanwalt das Verfahren bereits bekannt ist (s.a. Burhoff/Burhoff, RVG, Teil A: Rahmengebühren [§ 14], Rn 1572; vgl. a. AnwKomm-RVG/N. Schneider, § 21 Rn 79; a.A. für Berufungsverfahren LG Flensburg JurBüro 1984, 1039).

 

Rdn 649

b) Die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG entsteht im Verfahren nach Zurückverweisung für den Rechtsanwalt, der den Angeklagten bereits im Ausgangsverfahren vertreten hat, nicht noch einmal (KG RVGreport 2005, 343). Sie entsteht nur für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall (vgl. → Grundgebühr, Allgemeines, Teil D Rdn 228). Etwas anderes gilt, wenn der Angeklagte nach Zurückverweisung mit der Verteidigung einen Rechtsanwalt beauftragt, der ihn bisher noch nicht vertreten hat. Dieser kann dann die Grundgebühr der Nr. 4100 VV RVG verlan...

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