Detlef Burhoff, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Grds. werden strafgerichtliche Verurteilungen im BZR nach Ablauf bestimmter Fristen getilgt. D.h. sie werden dauerhaft aus dem Register gelöscht. Die Löschung trägt auf diese Weise dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung und dient der Resozialisierung der Betroffenen. |
2. |
Die Tilgungsfristen sind nach Art und Höhe der verhängten Strafe gestaffelt (§§ 45, 46 BZRG). |
3. |
Als Folge der Tilgung tritt das umfassende Verwertungsverbot nach § 51 BZRG ein. Die wenigen zulässigen Ausnahmen v. Verwertungsverbot ergeben sich aus § 52 BZRG. |
Rdn 123
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Bundeszentralregister, Auskunft, Allgemeines, Teil E Rdn 2.
Rdn 124
1.a) Grds. werden Eintragungen im BZR im Interesse der Verurteilten an ihrer Resozialisierung nach Ablauf bestimmter Fristen gelöscht. Dem liegt der Gedanken zugrunde, dass mit fortschreitender Zeit die Bedeutung der Eintragungen im BZR für die Beurteilung der Persönlichkeit der Betroffenen abnimmt und zugleich das Interesse der Betroffenen an der Löschung zunimmt, sodass zu einem bestimmten Zeitpunkt dieses Interesse das öffentliche Interesse an dem Fortbestand der Eintragungen im BZR überwiegt. Die Löschung trägt auf diese Weise dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung und dient der Resozialisierung der Betroffenen.
Rdn 125
b) Die Löschung wird im Gesetz entweder als Tilgung oder Entfernung bezeichnet. In Folge v. Tilgung und Entfernung werden die jeweiligen Eintragungen dauerhaft aus dem Register gelöscht und sind nicht mehr aufrufbar. Die Bezeichnung unterscheidet sich allein durch die Art der zu löschenden Eintragung. Es gilt folgende
Rdn 126
Allgemeine Unterscheidung:
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Der Tilgung unterliegen die strafgerichtlichen Verurteilungen sowie die dazu gehörenden Folgeentscheidungen. |
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Der Entfernung (vgl. dazu → Bundeszentralregister, Eintragungen, Entfernung, Teil E Rdn 89) unterliegen hingegen
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die eingetragenen Entscheidungen von Verwaltungsbehörden und Gerichten nach § 10 BZRG (vgl. dazu i.Ü. → Bundeszentralregister, Eintragungen, Allgemeines, Teil E Rdn 63) sowie |
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die Entscheidungen der Strafverfolgungsbehörden wg. Schuld- oder Verhandlungsunfähigkeit nach § 11 BZRG. |
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Rdn 127
2.a) Die Tilgung der Eintragungen – also die vollständige Entfernung aus dem Register – erfolgt grundsätzlich nach Ablauf bestimmter Fristen, die nach Art und Höhe der verhängten Strafe gestaffelt sind (§§ 45, 46 BZRG). Die Fristen beginnen mit dem Tag des ersten Urteils und reichen von fünf Jahren für geringfügige Verurteilungen bis zu zwanzig Jahren für Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (vgl. zu den Fristen im Einzelnen → Bundeszentralregister, Eintragungen, Tilgung, Fristen, Teil E Rdn 139).
☆ Spätestens mit Ablauf des 90. Lebensjahres werden gem. § 24 BZRG aber alle Eintragungen ohne Unterschied aus dem Register entfernt.90. Lebensjahres werden gem. § 24 BZRG aber alle Eintragungen ohne Unterschied aus dem Register entfernt.
Rdn 128
b) Nach Ablauf der Tilgungsfrist wird die zu tilgende Eintragung "tilgungsreif" und verbleibt gem. § 45 Abs. 2 BZRG noch für ein weiteres Jahr im Register, bevor sie dann endgültig getilgt wird. Bei dieser Zeitspanne handelt es um die sog. "Überliegefrist". Es hat sich in der Praxis gezeigt, dass neue Verurteilungen oder Entscheidungen mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung mitgeteilt werden. Diese Überliegefrist soll gewährleisten, dass etwaige neue Verurteilungen, die die Entfernung oder Tilgung ausschließen aber dem BfJ noch nicht bekannt sind, noch berücksichtigt werden können.
☆ Es handelt sich also um eine Sicherheitsspanne . Maßgeblich sind daher nur solche Verurteilungen, die vor dem Eintritt der Tilgungsreife erlassen werden, aber erst nach dem Eintritt und während der Überliegefrist dem BfJ zugehen.Sicherheitsspanne. Maßgeblich sind daher nur solche Verurteilungen, die vor dem Eintritt der Tilgungsreife erlassen werden, aber erst nach dem Eintritt und während der Überliegefrist dem BfJ zugehen.
Rdn 129
Während der Überliegefrist werden die Eintragungen allerdings zum Schutz der Betroffenen schon nicht mehr in Auskünfte aufgenommen. Hat der Betroffene selbst Interesse an einer Auskunft, ist dieser Schutzzweck allerdings nicht berührt. Vielmehr gebietet das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, dass dem Betroffenen auch in der Zeit der Überliegefrist Auskunft erteilt wird (OLG Hamm StRR 2013, 203).
Rdn 130
c)aa) Ausgenommen von der Tilgung sind gem. § 45 Abs. 3 BZRG nur:
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Verurteilungen zur lebenslangen Haft sowie |
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Anordnungen der Sicherungsverwahrung oder |
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Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus. |
Rdn 131
Die Tilgungsfrist läuft nicht ab, wenn
☆ Die Hemmungswirkung des § 47 Abs. 3 BZRG tritt nur ein, wenn im Register tatsächlich mehrere Verurteilungen eingetragen sind. Wird die Mitteilung eines Urteils z.B. durch...