Detlef Burhoff, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Seit April 2012 findet zwischen den EU-Mitgliedstaaten ein automatischer und regelmäßiger Austausch von Strafnachrichten statt. |
2. |
Dieser Austausch hat zu einer deutlichen Zunahme von Mitteilungen über ausländische Verurteilungen geführt, die damit nun vermehrt auch in Auskünfte aus dem BZR sowie in Führungszeugnisse aufgenommen werden. |
3. |
Der internationale Strafregisterinformationsaustausch ist in den §§ 57, 57a BZRG geregelt. |
Rdn 262
Literaturverzeichnis:
Küppers, Die Bedeutung des Bundeszentralregisters in der anwaltlichen Beratungspraxis – Teil 1, StRR 2014, 128
ders., Die Bedeutung des Bundeszentralregisters in der anwaltlichen Beratungspraxis – Teil 2, StRR 2014, 164
Rebmann, Die Eintragung ausländischer Urteile in das Bundeszentralregister, NStZ 1985, 529
Sollmann, Zu den neuen Regelungen zum Strafregisterinformationsaustausch innerhalb der Europäischen Union und zur Notwendigkeit ihrer Umsetzung in deutsches Recht, NStZ 2012, 253
s. i.Ü. die Hinw. bei → Bundeszentralregister, Allgemeines, Teil E Rdn 2.
Rdn 263
1.a) Der internationale Strafnachrichtenaustausch hat erheblich an Bedeutung gewonnen, weil seit dem 27.4.2012 zwischen den EU-Mitgliedstaaten ein automatischer und regelmäßiger Austausch von Strafnachrichten stattfindet. Mit dem Rahmenbeschluss 2009/315/JI v. 26.2.2009 über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten (ABl L 93 v. 7.4.2009, S. 23) sowie den Beschluss 2009/316/JI des Rates v. 6.4.2009 wurde auf EU-Ebene die Errichtung des Europäischen Strafregisterinformationssystems "ECRIS" vereinbart.
Rdn 264
b) ECRIS, das am 27.4.2012 in Betrieb genommen wurde, steht für "European Criminal Records Information System". ECRIS ist ein dezentrales, vertrauliches IT-System, das die bestehenden Strafregisterdatenbanken der einzelnen Mitgliedstaaten inhaltlich nicht verändert. Es wird nur der Datenaustausch zwischen den Zentralbehörden (in Deutschland das BfJ) geregelt und durch die Schaffung eines IT-Systems verbessert. Ein unmittelbarer elektronischer Zugriff einer ausländischen Zentralbehörde auf die Strafregisterdaten eines anderen Mitgliedstaates, z.B. des BZR, ist mit ECRIS nicht möglich. Gehen in Deutschland Strafnachrichten oder Ersuchen um Erteilung einer Auskunft aus dem Strafregister ein, werden diese gem. §§ 54 ff. BZRG durch das BfJ bearbeitet (vgl. dazu → Bundeszentralregister, Eintragungen, ausländische Verurteilungen, Teil E Rdn 71).
Rdn 265
2.a)aa) Aber nicht nur zwischen den EU-Staaten gibt es einen Strafnachrichtenaustausch. Vielmehr unterhält Deutschland aufgrund des EuRhÜbk und seinen Zusatzprotokollen sowie den Regelungen des IRG im Rahmen der internationalen Rechtshilfe u.a. mit den Staaten des Europarates und einer Reihe weiterer Staaten einen amtlichen Strafnachrichtenaustausch (vgl. die Übersicht bei Tolzmann, § 55 Rn 13 und Hase, § 55 Rn 3).
Rdn 266
bb) Insbesondere der automatische Austausch über ECRIS hat aber zu einer deutlichen Zunahme von Mitteilungen über ausländische Verurteilungen geführt, die damit auch nun vermehrt in Auskünfte aus dem BZR sowie in Führungszeugnisse aufgenommen werden (vgl. dazu → Bundeszentralregister, Eintragungen, ausländische Verurteilungen, Teil E Rdn 71). Für das Jahr 2013 (Quelle: BfJ) betrug das Austauschvolumen für den Strafnachrichtenaustausch:
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eingehende Strafnachrichten: rd. 23.000 |
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ausgehende Strafnachrichten: rd. 175.000. |
Aufgrund der häufigeren grenzüberschreitenden Lebensgestaltung ist davon auszugehen, dass der Austausch von Strafnachrichten künftig noch zunehmen wird.
Rdn 267
b) Mit dem Gesetz v. 15.11.2011 (BGBl I, S. 2714) wurden die neuen EU-Regelungen zur Verbesserung des Austauschs von Strafregisterinformationen in das deutsche Recht überführt. Durch ECRIS werden künftig alle in- und ausländischen Strafurteile in dem Strafregister des Mitgliedstaates gespeichert, dessen Staatsangehörigkeit die verurteilte Person besitzt. I.Ü. wurde das EU-Führungszeugnis (§ 30b BZRG) eingeführt. Personen, die in Deutschland wohnen, aber die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der EU besitzen, können beantragen, dass in ihr Führungszeugnis nach den §§ 30 oder 30a BZRG die Mitteilung über Eintragungen im Strafregister ihres Herkunftsmitgliedstaates vollständig und in der übermittelten Sprache aufgenommen wird (vgl. auch → Bundeszentralregister, Führungszeugnis, europäisches, Teil E Rdn 248).
Rdn 268
3. Der internationale Strafregisterinformationsaustausch ist in den §§ 57, 57a BZRG geregelt. § 57 BZRG betrifft den Informationsaustausch Deutschlands mit Staaten außerhalb der EU, § 57a BZRG den Informationsaustausch mit den Mitgliedstaaten.
Siehe auch: → Bundeszentralregister, Allgemeines, Teil E Rdn 1 m.w.N.; → Bundeszentralregister, Eintragungen, Allgemeines, Teil E Rdn 50 m.w.N.; → Bundeszentralregister, Eintragungen, ausländische Verurteilungen, Teil E Rdn 71; → Bundeszentralregister, Führungszeugnis, europäisches, Teil E Rdn 248.