Das Wichtigste in Kürze:

1. Dass effektive Verteidigung im Zeitalter der Informationsgesellschaft auch eine Vertretung des Mandanten gegenüber den Medien erfordert, diese möglicherweise sogar für eine effektive Verteidigung nutzbar gemacht werden können, kann kaum mehr bestritten werden.
2. Der Verteidiger steht in seiner Funktion, wenngleich er sie als Organ der Rechtspflege ausübt, nicht über den gesetzlichen Regelungen, so dass strafrechtliche Sanktionsnormen grds. auch den Bereich der Strafverteidigung nicht ausnehmen, hinsichtlich der Thematik der Öffentlichkeitsarbeit vielmehr teils hierauf zugeschnitten scheinen.
3. Von Bedeutung kann für Verteidiger die Vorschrift des§ 353d StGB sein.
4. Die Gefahr strafbaren Verhaltens besteht im Zusammenhang mit einer Zusammenarbeit mit der Presse darüber hinaus unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 Abs. 1 StGB.
5. Neben strafrechtlichen Konsequenzen muss der Verteidiger, soll eine Zusammenarbeit mit der Presse erfolgen, aber auch berufsrechtliche Regelungen in besonderem Maße in den Blick nehmen.
 

Rdn 68

 

Literaturhinweise:

Borchert, Zur Unwirksamkeit der Schweigepflichtentbindungserklärung in Versicherungsanträgen, NVersZ 2001, 1

Hassemer, Vorverurteilung durch die Medien?, NJW 1985, 1921

Lenckner, Aussagepflicht, Schweigepflicht und Zeugnisverweigerungsrecht, NJW 1965, 323

Roxin, Strafrechtliche und strafprozessuale Probleme der Vorverurteilung, NStZ 1991, 153, Wilhelm Vorzeitige Weitergabe einer Anklageschrift, § 353d Nr 3 StGB, NJW 1994, 1520

s.a. die Hinweise bei → Medien, Allgemeines, Teil F Rdn 2, und bei den u.a. weiterführenden Stichwörtern.

 

Rdn 69

1.a) Verteidigung findet am Schreibtisch des Verteidigers, in seinem Besprechungsraum, bzw. in Besprechungsräumen der JVA und, wenn sich eine Eröffnung der HV nicht vermeiden lässt, im Gerichtssaal statt. Dass effektive Verteidigung im Zeitalter der Informationsgesellschaft darüber hinaus aber auch eine Vertretung des Mandanten gegenüber den Medien erfordert, diese möglicherweise sogar für eine effektive Verteidigung nutzbar gemacht werden können, kann kaum mehr bestritten werden:

 

☆ Lehr (MAH, § 21 Rn 75) verdient jedoch Zustimmung, wenn er klarstellt, dass auch Medienkontakte in Wahrnehmung der Interessen des Mandanten und nicht im (Vermarktungs-)Interesse des Verteidigers zu erfolgen haben. (MAH, § 21 Rn 75) verdient jedoch Zustimmung, wenn er klarstellt, dass auch Medienkontakte in Wahrnehmung der Interessen des Mandanten und nicht im (Vermarktungs-)Interesse des Verteidigers zu erfolgen haben.

 

Rdn 70

b) Allerdings unterliegt auch der Verteidiger in seiner Öffentlichkeitsarbeit rechtlichen Grenzen, welche gegenüber seiner Freiheit in der HV in nicht unerheblichem Maße beschränkt sein können, insbesondere soweit ein Bezug zu Dritten, am Strafverfahren nicht unmittelbar beteiligten Personen, besteht.

 

☆ Der Verteidiger ist deshalb gehalten, sich über Reichweite und Grenzen einer möglichen Strafbarkeit im Zusammenhang mit aktiver Öffentlichkeitsarbeit genauestens zu informieren, bevor er sich in eine solche begibt oder ein Mandat annimmt, welches erkennbar auch aktive Öffentlichkeitsarbeit der Verteidigung erfordert (vgl. Rdn  71  ff.). Sieht sich der Verteidiger hierzu nicht in der Lage oder ist er zu einer derartigen Einarbeitung nicht willens, sollte er das Mandat entweder ablehnen, zumindest aber einen insoweit erfahrenen Kollegen hinzuziehen, selbstverständlich nach Absprache mit dem Mandanten, dem auch die hierdurch anfallenden Mehrkosten zu erläutern sind.Reichweite und Grenzen einer möglichen Strafbarkeit im Zusammenhang mit aktiver Öffentlichkeitsarbeit genauestens zu informieren, bevor er sich in eine solche begibt oder ein Mandat annimmt, welches erkennbar auch aktive Öffentlichkeitsarbeit der Verteidigung erfordert (vgl. Rdn 71 ff.). Sieht sich der Verteidiger hierzu nicht in der Lage oder ist er zu einer derartigen Einarbeitung nicht willens, sollte er das Mandat entweder ablehnen, zumindest aber einen insoweit erfahrenen Kollegen hinzuziehen, selbstverständlich nach Absprache mit dem Mandanten, dem auch die hierdurch anfallenden Mehrkosten zu erläutern sind.

 

Rdn 71

2. Der Verteidiger steht in seiner Funktion, wenngleich er sie als Organ der Rechtspflege ausübt, nicht über den gesetzlichen Regelungen, so dass strafrechtliche Sanktionsnormen grds. auch den Bereich der Strafverteidigung nicht ausnehmen, hinsichtlich der Thematik der Öffentlichkeitsarbeit vielmehr teils hierauf zugeschnitten scheinen (allgemein zur Strafbarkeit des Verteidigers Burhoff, EV, Rn 4122 u. Burhoff, HV, Rn 3199). Der kluge Verteidiger kennt die einschlägigen Bestimmungen und achtet im Rahmen seiner Darstellung in der Öffentlichkeit genauestens darauf, nicht einmal den Anschein eines Verstoßes gegen strafrechtliche Sanktionsnormen zu erwecken.

 

Rdn 72

3.a) Die auch in Kreisen von Strafverteidigern z.T. unbekannte Vorschrift des § 353d StGB regelt die Strafbarkeit im Zusammenhang mit Mitte...

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