Das Wichtigste in Kürze:

1. Das Disziplinarverfahren ahndet Dienstvergehen. Dies setzt eine objektive Pflichtverletzung und subjektiv Verschulden voraus.
2. Der Maßnahmenkatalog der diversen Disziplinargesetze beinhaltet Verweis, Geldbuße, Kürzung der Dienstbezüge, Zurückstufung und Entfernung aus dem Dienst. Die konkrete Disziplinarmaßnahme ist nach pflichtgemäßem Ermessen willkürfrei und rechtzeitig zu treffen.
3. Ein rechtskräftiges Strafurteil bindet hinsichtlich aller tragenden tatsächlichen Feststellungen das behördliche Disziplinarverfahren.
4. § 14 BDG bestimmt nach einem Straf- oder Bußgeldverfahren Disziplinarmaßnahmenverbote.
5. Das Disziplinarverfahren ist in vier Phasen unterteilt
 

Rdn 475

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Beamte, Allgemeines, Teil H Rdn 456.

 

Rdn 476

1.a) Das Disziplinarverfahren ahndet Dienstvergehen. Dies setzt eine objektive Pflichtverletzung und subjektiv Verschulden voraus. Die Pflichten werden in Grund- und Nebenpflichten eingeteilt und die Pflichtverletzung des Beamten kann auf einem inner- oder außerdienstlichen Verhalten beruhen (vgl. a. Rdn 479). Insoweit gilt:

Jede Verletzung von Pflichten im innerdienstlichen Bereich stellt ein Dienstvergehen dar.
Ein außerdienstliches Verhalten eines aktiven Beamten ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 77 Abs. 1 S. 2 BBG bzw. § 40 LBG Berlin). Für Bedienstete im Ruhestand gelten Sonderregelungen (Abmilderungen, § 77 Absatz 2 BBG und § 40 LBG Berlin).
 

Rdn 477

Die Abgrenzung zwischen inner- und außerdienstlichem Verhalten nimmt die Rspr. (s. z.B. BVerwG NVwZ-RR 2011, 413 m.w.N.) dahingehend vor, dass innerdienstliches Verhalten immer dann vorliegt, wenn es den besonderen Pflichtenkreis tangiert, der durch dieses Amt begründet ist, also nicht ob Pflichtverletzung im Dienst oder außerhalb des Dienstes geschieht. Beispiele hierfür:

Durchführung einer Schwarzfahrt mit einem Dienstfahrzeug,
die Veröffentlichung eines beleidigenden Leserbriefes, welcher sich auf dienstliche Vorgänge bezieht,
der Diebstahl im Betrieb eines Postkunden während des Zustellgangs in Dienstkleidung.
 

Rdn 478

Außerdienstliches Verhalten konkretisiert das BVerwG (vgl. u.a. NVwZ-RR 2011, 413 m.w.N.) danach, dass sich die Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung entweder auf das konkret funktionelle Amt des Beamten oder auf das Ansehen des Beamtentums beziehen muss. Eine Beeinträchtigung in Bezug auf das Amt scheidet danach aus, wenn der Beamte zur Zeit des Dienstvergehens kein konkret funktionelles Amt inne hatte, dann bleibe nur noch das Ansehen des Beamtentums. Das Ansehen des Beamtentums könne beeinträchtigt sein, wenn durch das Verhalten die berufliche Aufgabe berührt wird, nämlich "eine stabile gesetzestreue Verwaltung zu sichern, die freiheitlich demokratische Rechtsordnung zu verteidigen und durch unabhängige Unparteilichkeit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den politischen Kräften darzustellen." Beispiele hierfür sind Straftaten der §§ 80120 StGB (BVerwG, a.a.O.) oder die sich gegen das Vermögen des Staates richten. Ebenso gilt dies für schwerwiegende vorsätzliche Straftaten, die mit Freiheitsstrafe geahndet werden. Die verstärkenden Umschreibungen – in besonderem Maße und in bedeutsamer Weise – führen dazu, dass die Beeinträchtigung eine überdurchschnittlich disziplinare Relevanz haben muss. Es darf nicht bloß eine besondere Verantwortungslosigkeit sein.

 

☆ Nicht ausreichend ist eine einmalige außerdienstliche Trunkenheitsfahrt eines Beamten, der dienstlich nicht mit dem Fahren von Kraftfahrzeugen betraut ist. ausreichend ist eine einmalige außerdienstliche Trunkenheitsfahrt eines Beamten, der dienstlich nicht mit dem Fahren von Kraftfahrzeugen betraut ist.

 

Rdn 479

b) Die Dienstpflichten werden verschieden kategorisiert, z.B. in Grund- (= Kernpflichten), die Wohlverhaltenspflicht und Einzelregelungen oder in Treue-, Gehorsams und Dienstleistungspflichten (eine Übersicht zur Fülle der Pflichten: s. Gansen/Gansen, BDG, § 13 Rn 52 – 90).

 

Rdn 480

 

Katalog von Dienstpflichten:

Neutralitätspflicht,
Pflicht zum gemeinwohlorientierten Handeln,
Bindung an Recht und Gesetz,
Verfassungstreue,
Zurückhaltungspflicht bei politischer Betätigung,
Dienstleistungspflicht,
Anwesenheitspflicht,
Gesunderhaltungspflicht,
Fortbildungspflicht,
Uneigennützigkeit,
Verbot der Geschenkannahme bzw. der Korruption,
Weisungsgebundenheit,
Pflicht zur Amtsverschwiegenheit,
Wahrheitspflicht in dienstlichen Angelegenheiten,
Genehmigungspflicht bei Nebentätigkeiten,
Verbot von Mobbing, sexuellerBelästigung.
 

Rdn 481

 

Strafrechtlich in Betracht kommende innerdienstliche Dienstvergehen sind u.a.:

Korruptionsdelikte,
Untreue,
Betrug,
Körperverletzung im Amt,
Umweltstrafdelikte.
 

Rdn 482

 

Außerdienstliche Dienstvergehen sind:

Besitz kinderpornographisc...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?