Detlef Burhoff, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Zahlreiche Pflichten des Verteidigers sind von der Haftungsrechtsprechung konkretisiert und von der Wissenschaft vertieft worden. |
2. |
Es gibt keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen den Pflichten der zivilrechtlich tätigen Anwälte und Verteidiger. Die von der Haftungsrechtsprechung entwickelten Kardinalpflichten für den zivilrechtlich tätigen Anwalt gelten grundsätzlich auch für Strafverteidiger. |
3. |
Die Haftungsrechtsprechung verlangt vom zivilrechtlich tätigen Anwalt wie vom Strafverteidiger die Einhaltung von Informations-, Aufklärungs-, Rechtsprüfungs-, Beratungs-, Belehrungs-, Handlungs- und Schadensverhütungspflichten. |
4. |
Auch für Beistände und Vertreter von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren gelten grundsätzlich dieselben Pflichten. |
Rdn 1054
1. Die Haftungsrechtsprechung hat verschiedene Verteidigerpflichten konkretisiert. In der Wissenschaft sind weitere Verteidigerpflichten herausgearbeitet worden. Es ist deshalb grundsätzlich möglich, die Pflichten des Verteidigers zu bestimmen (entgegen der Skepsis von Köllner in FA-Strafrecht/Köllner Rn 118).
Rdn 1055
2. Die Pflichten der Verteidiger sind grds. identisch mit denen aller anderen Rechtsanwälte. Die Haftungsrechtsprechung hat verschiedene Kardinalpflichten des zivilrechtlich tätigen Anwalts – angefangen bei Aufklärungspflichten bis hin zur Einhaltung des sichersten Weges (dazu gleich mehr) – präzisiert, die sich ohne Weiteres auf den Verteidiger übertragen lassen. Die inhaltlichen Standards sind dabei sehr hoch; einhalten lassen sie sich, wie von der Wissenschaft kritisiert wird, jedoch nur von einem "juristischen Supermann" (Fahrendorf/Fahrendorf, Rn 426; Barton, Einführung, § 6 Rn 8).
☆ Nach der ständigen Rspr. des BGH ist der Rechtsanwalt im Allgemeinen zu nichts weniger als zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. Es ist Sache des Anwalts, dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind. Er hat Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Unkundige muss er über die Folgen ihrer Erklärungen belehren und vor Irrtümern bewahren. Der Anwalt muss den Mandanten auch – anders als der Notar – über mögliche wirtschaftliche Gefahren des beabsichtigten Geschäfts belehren. (BGH VersR 1968, 969; weitere Nachw. bei Schlecht , Fn 208).ständigen Rspr. des BGH ist der Rechtsanwalt im Allgemeinen zu nichts weniger als "zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. Es ist Sache des Anwalts, dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind. Er hat Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Unkundige muss er über die Folgen ihrer Erklärungen belehren und vor Irrtümern bewahren. Der Anwalt muss den Mandanten auch – anders als der Notar – über mögliche wirtschaftliche Gefahren des beabsichtigten Geschäfts belehren." (BGH VersR 1968, 969; weitere Nachw. bei Schlecht, Fn 208).
Rdn 1056
Für den Verteidiger gilt nichts anderes: Auch er hat den Mandanten "allgemein, umfassend und möglichst erschöpfend zu belehren, seine Belange nach jeder Richtung wahrzunehmen und das aufgetragene Geschäft so zu erledigen, dass Nachteile für den Kläger – soweit sie voraussehbar und vermeidbar waren – vermieden werden" (OLG Nürnberg StV 1997, 481, 482).
☆ Wegen der geschilderten Korrektive der Haftungsrechtsprechung bei der Bestimmung der haftungsausfüllenden Kausalität sowie deren Beweis im Prozess (oben Rdn 1044 ; → Rechtsanwälte, Zivilrecht, Haftungsrechtliche Grundlagen , Teil H Rdn 1028 ) bleibt das tatsächliche Haftungsrisiko des Verteidigers allerdingserträglich .1044; → Rechtsanwälte, Zivilrecht, Haftungsrechtliche Grundlagen, Teil H Rdn 1028) bleibt das tatsächliche Haftungsrisiko des Verteidigers allerdingserträglich.
Rdn 1057
3.a) Die Kardinalpflichten (dazu Tronicsek, S. 90 ff.) verlangen vom Anwalt, den maßgeblichen Sachverhalt sowie die Interessen des Mandanten zu klären (Informations- und Aufklärungspflichten). Er hat den Sachverhalt hinsichtlich der rechtlichen Erheblichkeit zu prüfen (Rechtsprüfungspflichten), den Mandanten über das Ergebnis der Rechtsprüfung zu informieren und zu belehren (Beratungs- und Belehrungspflichten), geeignete Wege für das weitere Vorgehen darzulegen und auf damit im Zusammenhang stehende Zweifel, Bedenken und Risiken hinzuweisen (Handlungs- und Schadensverhütungspflichten).
Rdn 1058
b) Den Verteidiger treffen Informations- und Aufklärungspflichten: Wie der Anwalt in Zivilsachen muss der Verteidiger die Interessen des Mandanten im konkreten Verfahren klären und den Sachverhalt sichten (Zugehör/Vill, Rn 534 ff. hinsichtlich des zivilrechtlich tätigen Rechtsanwalts). Dazu muss er mit dem Mandanten sprechen und Akteneinsicht nehmen.
Rdn 1059
Das Mandantengespräch erfüllt wichtige Funktionen; es dient dazu, die I...